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Hermann Ubell
geb. 3. März 1876 in Linz
gest. 13. August 1947

Nacht auf der Terrasse

Nacht auf der Terrasse.
Und meine Sehnsucht schwingt sich riesengroß
In diese dunkelblaue Nacht hinaus ...

Der Lichter langgereihte Zeile stickt
Köstlich mit Gold den schwarzen Samt des Stroms,
Des weithinwandernden. O trüge doch
Sein breiter Rücken mir die Barke her,
Die funkelnde von Fackeln und von Zimbeln,
Und in dem bunten Seidenzelte säße
In Schleiern bräutlich lächelnd, blond, mein Glück ...

Wonnige Kühle streift die heiße Stirn.
War's ein Gedanke, den du mir gedacht,
Ein liebevoller, ein verlangender?

Wonnige Kühle streift die heiße Stirn.
So legst du lindernd deine schlanken Finger
Um meine Schläfe, die vor Sehnsucht pocht ...

Hebe

Das Grün umgab sie, da sie Blumen pflückte.
Auf ihrem Köpfchen war die hohe Tracht
Der innig-blonden Haare aufgebaut,
Ein goldnes Türmchen, schimmernd in der Sonne.
Aus ihrem weiten Ärmel, weiß, gestickt
Mit blauen Blumen, langt das nackte Händchen
Geschwind und klug hervor, nach roten Blüten ...

Sie schmiegt das feuerfarb'ne Kränzchen zögernd
Um ihre Stirne und verzaubert sie
Zu sehnenden und träumenden Gedanken:
An eine blaue Gasse, nächtliches
Geleit von Purpurfackeln und von Liedern,
Die heller als die Fackeln wehn und lodern,
Die üppiger duften als die edlen Kränze.
Die Frauen treten preisend von den Schwellen,
Und durch den Schleier sieht sie, wie der Reigen,
Nacktfüßig, weithin tönend, schön verflicht
Der Knaben Jubel und die Scham der Mädchen.
Doch fernher schimmert durch die Dämmernacht
Das marmorweiße, stille Haus des Bräutigams ...

Ein klarer Windhauch spült den Traum hinweg.
Sie blickt empor und sieht den Morgenwind
Wie in die Silbersaiten einer Harfe
Ins hangende Gezweig der weißen Birken
Mit unsichtbaren Fingern greifen, um ihr Lob
Den blauen Himmeln und den stillen Wolken,
Den grünen Triften und den kleinen Bächen
Wie ein Verliebter singend zu verkünden ...

Des königlichen Freiers freut sich Hebe.

 


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