Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Robert Hamerling
geb. 24. Mai 1832 in Kirchberg a. Walde
gest. 13. Juli 1889 in Graz

Klänge und Schmerzen

Schmerzen, die dich süß bedrängen,
Die sich selber kaum verstehn,
Läßt dein Herz in süßen Klängen
In des Abends Lüfte wehn.

Und sie schweben hin und wieder,
Schweben tönend her und hin,
Lassen in mein Herz sich nieder,
Ruhn und wohnen still darin.

So sind mein nun deine Klänge,
Mein dein Sehnen und dein Schmerz:
Dich befreiten die Gesänge,
Mir zerreißen sie das Herz!

Scheltet nicht die weichen Klänge

Scheltet nicht die weichen Klänge,
Die von meiner Lippe wehn:
Diese klagenden Gesänge,
Die der Schönheit Spuren gehn.
Seiner Rhythmen goldne Spiele
Spielend, blickt der Dichtersinn
Freudig nach dem fernen Ziele
Eines neuen Lebens hin!
Jeder Klang, der nach dem Schönen
Lockend hin die Herzen zieht,
Klingt der Zukunft echten Söhnen
Rauschend als Tyrtäuslied:
Als ein Schrei der Kampfestriebe,
Den, indes der Feind noch kämpft,
Wundersam die ew'ge Liebe
Schon zur Melodie gedämpft.

Rosenzauber

Ich schlenderte vorm Tor der Stadt so hin –
Da kam ein Karren mir entgegen, gaulbespannt.
Mit schnöder Fracht beladen war der Karren.
Und auf ihm saß der Fuhrmann wohlgemut,
Von gleicher Farbe, wie der Karren –
Mißduftig, widerwärtig, wie der Karren.
Ich sah mir's an, das arg verkomm'ne Menschenkind,
Und dachte:
»Du bist ein Mensch und lebst in deinem Schmutze wohlgemut,
Dem Käfer gleich im Fladen ... Ja, du kennst,
Du liebst nur dies, du lebst und stirbst dann!«

Inzwischen kam des Wegs gemach ein Knabe,
Mit einem Strauß von Rosen in der Hand.
Da rief der Kerl von dem Gefährt herab:
»Bub', gib mir eine Rose!«
Steh'n blieb der Knab', hielt mit der kleinen Hand
Den Strauß verdutzt empor, und jener bückte
Mit plumper Hast sich angestrengt herab,
Und suchte sich der Rosen vollste aus,
Und roch daran und nahm vom Haupt den Hut,
Und steckte sie darauf,
Die leuchtende, mit ihrer Purpurglut
Jedwedes Menschenherz gewinnende,
Und fuhr mit seinem Karren weiter fort –
Von Schmutz umstarrt, doch auf dem Hut die Rose.

Natur und Schicksal

Nach keinem Lorbeer bin ich ausgegangen,
Und keiner Kunst hab' ich mich ganz ergeben:
Kein Ziel sah ich vor Augen winkend schweben,
Wonach die Besten sonst gesondert rangen.

Ein Mensch sein wollt' ich – voll und ganz – umfangen
Das All mit allen Sinnen – wirkend streben
Mit allen Kräften dann – allseitig' Leben,
Harmonisch, unumschränkt, war mein Verlangen.

Ins Weiteste erschwang sich mein Gedanke,
Ins Engste fühlt' ich mich zurückgetrieben:
Mein Streben war Natur, Schicksal die Schranke.

Und was ihr kennt von meinem Leben, Lieben,
Von meinem Schauen, Schaffen – Trümmer, schwanke,
Nur sind's und Splitter, die im Winde stieben.

 


 << zurück weiter >>