Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Paul Wertheimer
geb. 4. Februar 1874 in Wien
gest. 19. März 1937 in Wien

Wiener Wald

Liebe Höhen, weinumsponnen,
Halb im Duft, im blauen Bug;
Weh'nde Schatten; Plauderbronnen;
Dort ein leichter Schwalbenflug.

Schmale Dörfer, Burgen, Wiesen,
Windgewiegt und buntbesprengt –
Wie sich Ruhe rings aus diesen
Anmutmilden Fernen senkt ...

Gleich der Seele Widerhallen
Lieb' ich dich, mein Heimatland!
Ließ dich Gott, ein Sämann, fallen
Lässig aus der reichen Hand?

Laxenburg

Sanftes Grün. Gezirkelte Gelände.
Beet um Beet. Der Himmel höfisch blau.
Reichen wir uns jetzt galant die Hände,
Süßeste Marquesa, schönste Frau!

Solltest du in modischen Gewändern
Nahen hier der niedlichen Natur?
Nein, Madame, mit flatternd hellen Bändern,
Seidenstiefelchen der Pompadour ...

Seht ihr aus dem spitzen Schlößchen reiten
Weiße Damen, ziervoll, Schritt um Schritt?
Kavaliere, die sie streng begleiten,
Tragen Fächer und die Laute mit.

Auf den Wiesen lagern sie und ziehen ...
Zarten Fingers schlagen sie den Ball.
Aus den Grotten schwärmen Melodien,
Höflicher Gefühle Widerhall ...

Und zu Abend, wenn die Lichter steigen,
Sind die Silberbarken schon bereit.
Wie die Weiden sich gemessen neigen
Um den Teich voll ernster Zierlichkeit ...

Nacht, Musik. Die grauen Schwäne gleiten,
Rosen in den Schnäbeln, still die Bahn.
Schwimmt nicht dort aus den melod'schen Zeiten
Noch ein Rosenblatt an unsern Kahn? ...

Vagantenlied

»Bin geboren in Schande und Not.
Als ich zutage gerungen,
Flehte die Mutter – ich wäre tot!
Fluchte der Vater dem Jungen.

Mein Vater ein Studente war,
Verschlumpte wo in der Gassen.
Hab' von ihm das krause Haar,
Sonst hat er mir nichts hinterlassen.

Erbte vom Vater Verrat und Trug,
Von der Mutter die Dirnenaugen;
Denk', ich hab' von beiden genug,
Um dem Leben zu taugen!«

 


 << zurück weiter >>