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Ferdinand Sauter
geb. 6. Mai 1804 in Werfen
gest. 30. Okt. 1834 in Wien

Zeitflucht

Du strebst umsonst, der Zeiten Strom zu hemmen,
Die unaufhaltsam nach dem Jenseits rollen,
Und deines Lebens abgerissene Schollen
Zur Bucht der Ewigkeit hinunter schwemmen.

Vergebens ist die Mühe, zu verdämmen
Die Wogen, welche nimmer rasten wollen;
Sie rauben, wenn sie wütend überquollen,
Des Ufers Röhricht samt des Waldes Stämmen.

Nur mutig mit der Strömung fortgeschwommen,
Wie toll dich auch die wilden Fluten packen,
Nicht schadet's, manchen derben Schluck zu trinken.

Und bist du glücklich jenseits angekommen,
So magst du rein von Schlamm und Erdenschlacken
Dem Heiland selig an den Busen sinken.

Erste und letzte Gunst

Als wir uns jung und unverhofft gefunden,
Von Blüten überschneit im Wonnemai,
Hat unser süß berauschtes Herz empfunden,
Daß ohne Liebe hier kein Leben sei.

Du gabst die erste Gunst; kein Widerstreben, –
Und meine Lippe sog der Seele Kuß,
Da warf die Zeit uns Schatten in das Leben,
Und um die Wonne tauschten wir Verdruß.

Die Jugend schwand, nicht weiser ward das Alter,
Die Sehnsucht floh, die Hoffnung selbst entwich,
Nun fleht die Rose zum verblichnen Falter:
Als letzte Gunst, mein Freund, verlasse mich!

Dahin!

Die Rose blüht, doch birgt sie schon den Wurm,
Der Himmel blaut, nicht ferne droht der Sturm,
Und dort des Stromes dunkelgrüne Fläche,
Nicht lange währt's, daß sie im Schaum sich breche.

Es wogt der reifen Ähren goldnes Meer,
Der Hagel tobt; wie ein geschlagnes Heer
Liegt Garb' an Garbe, Hain und Wald erbrausen,
Wenn Wetterschläge splitternd niedersausen.

Der Rose Wurm entführt ein frischer Wind,
Der Sturm wird glatt, der Himmel lächelt lind,
Der Wald grünt neu, es heben sich die Garben,
Die Wiese prangt in nur noch schönern Farben.

Doch ein Gemüt, von roher Faust verletzt,
Fühlt tief die Schrift, mit gift'gem Stahl geätzt;
Nicht blüht es neu, gleich Ähre, Wald und Blume,
Geplündert ist's in seinem Heiligtume.

Sei nicht dumm

Kurzen Sommer blüht die Blume,
Denn das Schöne währt nicht lang,
Schwach Gedächtnis bleibt vom Ruhme,
Jubel schwindet und Gesang.

Blumen welken, Mädchen altern,
Folgsam ewigem Gesetz,
Jugend bannt man nicht mit Psaltern,
Und die Dauer bleibt Geschwätz.

Deshalb wollen wir zur Neige
Schlürfen jeden Augenblick;
Blau der Himmel, grün die Zweige,
Sei nicht dumm und preis das Glück!

Eigene Grabschrift

Viel genossen, viel gelitten,
Und das Glück lag in der Mitten;
Viel empfunden, nichts erworben,
Froh gelebt und leicht gestorben.
Frag' nicht nach der Zahl der Jahre,
Kein Kalender ist die Bahre,
Und der Mensch im Leichentuch
Bleibt ein zugeklapptes Buch.
Darum, Wandrer, ziehe weiter,
Denn Verwesung stimmt nicht heiter!

 


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