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Franz Stelzhamer
geb. 29. Nov. 1802 in Groß-Piesenham bei Ried
gest. 19. Juli 1874 in Henndorf.

Jugendempfindung

Jung bin ich,
Das spür' ich:
Es brauset ja voll mein Blut;
Fast schwelgend im Übermut.

Ich bin der Erde gleich
Im Frühlingsauferwachen,
Ich bin dem Baume gleich,
An dem die Knospen brachen.

Ich bin der Sonne gleich,
Die alles glühend herzet,
Ich bin dem Lüftchen gleich,
Das mit den Blumen scherzet.

Ich bin der Quelle gleich,
Geschwellt vom Frühlingshauche,
Ich bin dem Vöglein gleich,
Dem singenden im Strauche.

Ich bin den Bergen gleich,
Die Erz in Adern rollen,
Ich bin den Wolken gleich,
Dem Blitz und Donnerrollen.

So all und jedem gleich
In Wesen oder Weise,
Steh' ich im weiten Reich
Wie im Familienkreise.

Es zieht mich her und hin,
Es drängt mich weit und weiter
Der jugendliche Sinn –
Mein Führer und Begleiter.

Und sieh, allüberall,
Auf Flur und Feld und Haide,
Im Wald, am Wasserfall,
Nur Lust und süße Weide!

Pah, Kummer und Sorgen,
Schön! Pah! so soll es sein!
Auf glückliches Morgen
Ein fröhliches Stelldichein!

Dann neig' ich mich gnädig,
Geb' ihnen das Geleit,
Und so bin ich ledig
Zum wenigsten für heut.

Und morgen? – Ja, morgen,
Wer weiß, werd' ich noch sein?
Drum will ich, von Sorgen
Befreit, mich heut noch freu'n!

Und bin ich noch morgen,
Mir wächst kein graues Haar,
Kann spielen und borgen,
Und bin sonst auch kein Narr.

Und schlägt fehl die Quadrille,
Und wird mir nichts geborgt,
So war es der Wille
Des Herrn, der dennoch sorgt.

Er tränket das Blümlein,
Es danket ihm mit Duft;
Er äzet das Vöglein,
Das singend gratias! ruft.

Und wie das Vöglein,
So lieb hat er mich doch,
Und als das Blümlein,
Vielleicht gar lieber noch? –

So leb' ich hienieden,
Solang das Fädchen reicht,
Vergnügt und zufrieden,
Und reißt's – ich sterbe leicht!

Aus: »Im Lenz«

Hab' wie der Graf getan,
Bin auf mein Schloß gezogen,
Mein Schloß heißt – Feldesplan,
Gedeckt vom Himmelsbogen.

Im Park der Länderei
Hab' ich für Lust und Trauer
Den Wald als Siedelei,
Den Hain als Vogelbauer.

Mein Gärtner ist der Wind,
Die Wolken meine Kannen,
Und Strom und Seen sind
Für mich die Badewannen.

*

Die Bremen an den Straßen,
Das ist gar arge Brut,
Will eins nicht ruhen lassen
In warmer Sonnenglut.

Das letzte rote Tröpfchen
So eins noch wallen hat
Im alten Herzenstöpfchen,
Verlangt sie früh und spat.

Doch als die Bremen ärger
Und ärgerlicher noch
Sind die gestrengen Schergen
Und Mosje Bettelvogt.

*

Sonst wäre an den Straßen
Für mich der beste Ort:
Es reitet da und wandelt
Und fährt in einem fort.

Und mancher in der Kutsche
Langt doch wohl in den Sack:
»Da kauf' dir Brot, du Schlucker,
Nicht Schnaps und Rauchtabak!«

Ach, eins, das selber schmauchet
Und auch sein Gläschen liebt,
Läßt sich nicht so verlauten,
Wozu? gleichviel – es gibt!

Und gönnt, daß mit dem Rauche
Mir fort die Sorgen ziehn,
Und gönnt, daß ich im Rausche
Auch einmal selig bin.

*

Dann setzt es an der Straße
Auch Kurzweil mannigfalt:
Es kommen rot' und blasse,
Und Wandrer jung und alt.

Und wenn sie auch nichts geben,
So hör' ich allerhand,
Wie's geht im Menschenleben,
In Ländern und im Land.

»Da mag der Henker hausen« –
So flucht ein Bäuerlein –
»Wenn uns die Herren zausen
Und nagen bis aufs Bein!«

Dann purzelt er beiseite –
Er ist des Trunkes voll –
Ei, ei, ihr schlimmen Leute,
Klagt stets und lebt so toll!

»Da mag der Teufel wandern,
Wenn man nicht ›fechten‹ darf« –
So flucht ein Bursch zum andern –
»Ist's denn hier auch so scharf?«

Dann kommen Spekulanten,
Besprechend ihr Geschäft;
Drauf klagen Musikanten:
»Daß alle Welt schier schläft!«

»Das Volk wird immer feiner,
Um uns steht's nimmer gut!«
Aha, das sind Zigeuner,
Die arge Lügenbrut.

»Der Russ' mit langen Spießen,
Der Russe kommt, das glaub'!
Der Deutsch' wird weichen müssen,
Der Franzmann wird zu Staub!«

Das ist der kluge Schuster,
Der stets studiert und liest,
Vor zwanzig Jahren wußt' er,
Was nicht geschehen ist.

Zwei dralle Bauernmädchen,
Die machen sich was groß
Der Herrengunst im Städtchen
Wie auch im Grafenschloß.

»Mir bot er Halsgranaten –«
Sagt eine, »doch ich – ich –«
»Ah, pah, ich sah Dukaten,
Und hielt ihm doch nicht Stich!«

So prahlt die andre, kleine,
Und zwinkert mit dem Aug',
Mir aber scheint, daß keine
Von beiden etwas taug'!

So folget unablässig
Bald dieses und bald das,
Fürwahr, so weidlich säß' ich
Wohl nirgendwo im Gras.

 


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