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Ernst von Feuchtersleben
geb. 29. April 1806 in Wien
gest. 3. Sept. 1849 in Wien

Lebensgewinn

Zwischen Schmerz und Freuden,
Leben, fließe hin!
Hab' ich doch von beiden
Reichlichsten Gewinn!

Gottes Schönheit seh' ich,
Wie ich froh bin, ein;
Holde Pflicht – versteh' ich –
Soll mir Freude sein.

Kommen dann die Schmerzen –
Kommt nur immerhin!
Lehrt bereitem Herzen
Kraft und Menschensinn!

So, in dunkler Tage,
Wie in heller Lauf,
Baut aus Lust und Klage
Sich die Weisheit auf.

Rinne, Strom des Lebens,
Rinne nur so zu!
Kannst doch nicht vergebens,
Flücht'ge Welle, du!

Liebe war am Quelle,
Liebe war am Hain –
Liebe wird, o Welle!
Wo du landest, sein.

Abendlich

Abendsonnenstrahlen zittern
Gold auf stille Wiesen hin,
Säuselnd spricht aus Blättergittern
Ahnung zu des Menschen Sinn.

Hoffnung dünkt uns zu vermessen,
Ahnung schwebt mit zarterm Schwung,
Hoffnung ist nur – ein Vergessen,
Ahnung ist – Erinnerung.

Hoffnung ist nur ein Vergessen,
Daß geschieht – was stets geschah;
Ahnen ist ein Fühlen; – wessen?
Was du fühlst, es war schon da.

War schon da in deines Innern
Tiefster Tiefe, halb bewußt:
Alles, alles ist Erinnern
In des Menschen tiefer Brust.

Liebe

Von tiefer Schwermut war der Geist umfangen,
Ihn rührte nicht der Sterne goldne Pracht;
Das Herz, es schwieg. Mich lockte kein Verlangen;
Die Sonne kam und schied, mir blieb es Nacht.
Ich sah der Menschen Sehnen, Ringen, Bangen,
Verschlungen von des Augenblickes Macht.
Was war der Preis mühvoll durchstrebter Jahre?
Ein wenig Staub und eine Totenbahre.

Da quoll aus tiefster Brust ein neues Werde,
Dem dumpfen Ich erschloß sich mild ein Du –
Erleichtert schien der Pilgerschaft Beschwerde,
Die Freude fand sich wieder, – selbst die Ruh':
Es bleibt der Mensch ein Fremdling auf der Erde,
Schwillt nicht das Herz dem Herzen gläubig zu –
Nur wer das Ich dem Ganzen hingegeben.
Wird mit dem Ganzen, ewig wirkend, leben.

Resignation

Wend' ich aufs Vergangne
Prüfend mich zurück:
Trifft auf schwarz behangne
Särge nur mein Blick.

Schau ich in das Heute,
Was gewahr' ich drin?
Alles Leben deute
Auf Verwandlung hin.

Unerforschter Weiten
Dämmerung verschließt,
Was in fernen Zeiten
Mir bereitet ist.

Und so schiff' und lenk' ich
Durch die Nacht dahin;
Wohlgemut bedenk' ich,
Welch ein Nichts ich bin.

Laßt uns, was auch dräue,
– Weil wir das verstehn –
Ohne Furcht und Reue
Lächelnd untergehn!

Nach altdeutscher Weise

Es ist bestimmt in Gottes Rat,
Daß man, was man am liebsten hat,
Muß meiden;
Wiewohl nichts in dem Lauf der Welt
Dem Herzen, ach! so sauer fällt,
Als Scheiden! ja Scheiden!

So dir geschenkt ein Knösplein was,
So tu es in ein Wasserglas;
Doch wisse:
Blüht morgen dir ein Röslein auf,
Es welkt wohl noch die Nacht darauf!
Das wisse! ja wisse!

Und hat dir Gott ein Lieb beschert,
Und hältst du sie recht innig wert,
Die deine:
Es werden wohl acht Bretter sein,
Da legst du sie, wie bald! hinein;
Dann weine! ja weine!

Nur mußt du mich auch recht verstehn,
Ja, recht verstehn!
Wenn Menschen auseinandergehn,
So sagen sie: »Auf Wiedersehn!«
Ja Wiedersehn!

 


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