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Julius von der Traun
geb. 26. Sept. 1818 in Wien
gest. 16. März 1885 in Wien

Posthornklang

Das Posthorn spannt die Flügel
Des Klanges freudig aus,
Es schmettert von dem Hügel,
Vorüber meinem Haus.

Vorüber in blauen Lüften
Die weißen Straßen entlang,
Es weckt in fernen Klüften
Des Echos goldnen Klang.

O nimm mich mit im Fluge,
Du Sänger meiner Qual,
Nimm mit auf deinem Zuge
Mich in das ferne Tal!

Dein Klingen soll mich tragen
Zu jener alten Stadt,
Wo mich in Jugendtagen
Mein Lieb erwartet hat.

Dort zittre von der Brücke
Bis vor ihr Haus der Schall,
Wie von dem alten Glücke
Der letzte Widerhall.

Der Zirainsee auf dem Sonnenwendjoche

Zwei arme Fischer warfen
Das Netz nach ihrer Pflicht,
Als sie es ziehen wollten,
Zu schwer war sein Gewicht.

Sie nahmen Hebel und Seile,
Da stieg es aus der Flut,
Da hat in seinen Maschen
Ein goldner Wagen geruht.

Ein großer goldner Wagen
Von nie gesehner Pracht –
»Wer von uns soll ihn besitzen?«
Hat jeder Fischer gedacht.

»Nur einer darf ihn haben,«
Das war eines jeden Entschluß,
»Ist nur der Wagen am Ufer,
Mein Bruder sterben muß!«

Sie zogen mit gleichem Eifer,
Sie zogen mit gleicher Wut,
Da riß das Netz, und der Wagen
Fuhr wiederum in die Flut.

Die dunklen Wellen verschlangen
Die unheilschwangre Pracht,
Die Nixen auf dem Grunde,
Sie haben laut gelacht.

– Damals in grünen Borden
Rauschte der Zirainsee,
Jetzt liegt er tot und verlassen,
Zwischen Geröll und Schnee.

Sonnenuntergang in Salzburg

Komm mit mir in der Sage Dämmerlicht,
Vernimm, was Doktor Paracelsus spricht:
»Ich hab' geschöpft, Natur, aus deinen Bronnen,
Ein Stückchen Welt dem Herrgott abgewonnen,
Und was einst Zufall, Himmelsgnade war,
Das ist jetzt Wissen, bleibt's auch immerdar!
So fielen einst im Hühnerhof der Krähe
Die Pfauenfedern aus dem Schwanz. Ich sehe
Noch Wunder wirken schlichter Menschen Hand,
Indes der Himmel sich begnügt, aufs Land
Herabzulächeln, wie am Lebensziele
Ein müder Greis auf seiner Enkel Spiele.
Doch – was ich auch gefangen und gezügelt,
Dem Herrgott abgelauscht und abgeklügelt,
Und zwingt auch Geisterchöre mein Gebot,
Ein Engel bleibt ihm treu – das ist der Tod!
Der ist ein orthodoxer, legitimer,
Höchst feudaler, dunkler, ganz intimer
Mitfeind des vorwärtsstrebenden Geschlechts,
Dazu ein Kenner des kanonischen Rechts.
Weckt neues Leben auf in jeder Zone,
Setzt neue Könige auf alle Throne,
Er hört nur seines alten Herrn Befehle,
Und eben jetzt packt er mich an der Kehle.

Ich fahr' dahin, so schön auch Salzburg ist,
Wo ich so glücklich lebte, kurze Frist,
Beschirmt von eines edlen Fürsten Degen,
Vergiftet jetzt von meinen Herrn Kollegen!
So muß der Welt ich meine Schätze lassen –
Die wenigsten weiß sie noch anzufassen,
Doch endlich kommt, nach manchem plumpen Griff,
Zuletzt der feine Mann, der rechte Schliff.
Mit einem, freilich, wäre leicht hantieren,
Die Goldtinktur kann jeder applizieren;
Ein Tropfen reiche Wunder wirkt im Nu,
Kein Knecht, kein König ist zu dumm dazu!

Noch einmal laß dich aus dem Schranke holen,
Du prächtigste von meinen Prachtphiolen,
Dein Feuerblick erquicke noch im Sterben
Mein brechend Aug' – doch niemand soll dich erben!
Für euren Haß und Neid, den ich ertrug,
Bleibt euch mein Wissen, das ist Gold genug;
Ich gab euch Wissen, und ihr gabt mir Qualen –
Ich will nicht blankes Gold noch draufbezahlen!
Geh, Oporinus, treuer Famulus,
Wirf dieses Fläschchen in den Salzachfluß.
Es ist voll Gift, das nur in weisen Händen
Vermag des Glückes Wagen herzuwenden;
Wirf's in die Flut und komme rasch zurück,
Nach deiner Weisheit sorg' ich für dein Glück!«

Der Diener ging und kam: »Tief in die Wogen
Liegt es versenkt!« – »Mein Sohn, du hast gelogen!
Aus deiner Tasche flammt das Meteor,
Geh' nochmals auf die Brücke, sei kein Tor,
Und wirf's hinab. Um was sich Freuden kaufen
Der Weise kann, dich führt's zum Scheiterhaufen.«

Und Oporinus geht, von hoher Brücke
Wirft er das Fläschchen, seinen Traum vom Glücke;
Durch grüne Wellen fällt's auf Felsensteine,
Und klingend springt's mit rotem Feuerscheine.
Der Diener flieht entsetzt zu seinem Herrn:
»Ich hab' –« »Ich weiß! Zum Fenster tritt, von fern
Wirst du der Salzach grüne Fluten sehen!«
»Nein, Meister, goldne Wellen seh' ich gehen,
Rotgoldne Wellen, sprühend Feuerschein
Hoch über Dom und Schloß, Gebirg und Hain!«
»Dann sind wir quitt, die dumme Welt und ich!«
Der Meister sprach, sein Angesicht verblich,
Sein Auge brach. –

Der Diener kann nicht fassen
Das goldne Wunder. Auf den Brücken, Straßen
Drängt sich das Volk und staunt, es macht ihm bang
Der feuergrelle Sonnenuntergang.
»Das Wasser klingt so seltsam, träg und schwer,
Wie schmelzend Gold wälzt sich die Flut einher.
Ist uns ein fröhlich Wunder zubereitet?
Ist's Kriegsnot, Pestilenz, die näher schreitet?!
Lacht uns des Himmels Gunst, droht Schicksals Tücke?«
Die Ratsherrn treten selber auf die Brücke –
Doch lächelnd schütteln sie die weisen Köpfe
Und sprechen mitleidvoll: »Geht heim, ihr Tröpfe!
Nicht Heil, nicht Unheil wird der Stadt begegnen,
Wir hier in Salzburg kennen das: 's wird regnen.«

 


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