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Hieronymus Lorm
geb. 9. August 1821 in Nikolsburg
gest. 3. Dez. 1902 in Brünn

Frühlingsglück

Der Morgenstrahl, der Abendschatten
Erwecken mir geheimes Glück;
Auf Bergen wallt's und grünen Matten,
Vom Weltgeheimnis ist's ein Stück.

Das Ganze kann ich nicht erfassen,
Es wär' des Himmels Seligkeit;
Doch schon in jenem Glück erblassen
Für mich der Erde Schmerz und Streit.

Zu spät

Was soll dem Hoffnungslosen
Der Zauber im Gemüt?
Ach! meines Lebens Rosen
Sind alle schon verblüht.

Mir wend' nicht zu dein bleiches,
Dein holdes Angesicht,
Das Glück ist ein zu reiches,
Von dem dein Anblick spricht.

Mir war's, als süße Treue
Dein feuchtes Aug' verhieß,
Ich sah' des Gottes Reue,
Der mich ins Elend stieß.

Sphärengesang

Solang' die Sterne kreisen
Am Himmelszelt,
Vernimmt manch' Ohr den leisen
Gesang der Welt:

»Dem sel'gen Nichts entstiegen,
Der ew'gen Ruh',
Um ruhelos zu fliegen –
Wozu? Wozu?«

Zwei Wanderer

Zwei Wanderer schritten durch den Wald,
Den Schlag auf Schlag das Beil durchhallt.
Was jeder wünschte sehnsuchtsvoll,
Ihm aus dem Klang entgegenscholl.
Der Rüst'ge sprach: »Dort liegt der Strand,
Man baut ein Schiff nach fernem Land.«
Der Müde sprach: »Man baut ein Haus,
Die Liebe schmückt's mit Blumen aus.«
Sie drangen durch das Baumgeflecht,
Und sieh! da hatten beide recht.
Man baut ein Schiff nach fernem Land,
Ein Haus, umpflanzt von lieber Hand:
Man zimmert, was der Wald verbarg,
Aus seinen Stämmen einen Sarg.

Das letzte Ziel

Ich glaub' nicht an die Dauer
Jenseits der Kirchhofsmauer,
Doch wünsch' ich nur so viel
Mir als das letzte Ziel,

Wenn abgetan des Lebens Last,
Zu fühlen meine tiefe Rast.

 


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