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Jansen war wie im Traum nach Hause gekommen, und auch die stürmische Freude, mit der er von seinem Kinde empfangen wurde, hatte die Betäubung, die über ihm lag, nicht von ihm nehmen können. Er fragte weder das Fränzchen noch die Pflegemutter nach dem, was inzwischen vorgefallen war, sah immer still vor sich hin, seufzte manchmal und gab verkehrte Antworten. Als er dann etwas gegessen und starken Wein getrunken hatte, fiel er, noch am Tische sitzend, in Schlaf, ermunterte sich mit Mühe, um nach seinem Bett zu taumeln, und hatte nur noch so viel Besinnung, daß er den Frauen einschärfte, ihn jedenfalls um Sechs zu wecken.
Wie dann der Abend herankam, gelang es dem Fränzchen nur nach vielem Rufen und Rütteln, den bleiernen Schlaf zu verscheuchen, aus dem der Tiefversunkene aber mit ganz heiteren Augen aufsah. Er lag noch eine Weile und genoß die Erquickung all seiner Sinne und die Stille in seiner Brust, die er so lange entbehrt hatte. Jedes Wort, das seine Geliebte am Morgen zu ihm gesagt, wurde ihm wieder gegenwärtig; er wußte, daß sie mit all ihrem Trost nur Eins gemeint haben konnte, und zitterte doch vor dem Gedanken, es möchte eine Täuschung gewesen sein. Aber die Gewißheit des Glücks behielt immer das letzte Wort.
Als er dann endlich aufstand, fühlte er sich wie von einer Krankheit genesen, wie von einem frischen Blut belebt und staunte über diese Verwandlung, indem er daran dachte, daß er noch am Morgen dieses Tages am liebsten sich in die Erde eingewühlt hätte, um nie wieder die Sonne zu sehen. Er küßte immer wieder seine kleine Tochter, drückte der alten Frau die Hand – die Pflegemutter war abwesend – und machte sich auf den Weg zu Juliens Wohnung.
Als er aber zu dem Hause gelangte, wunderte er sich, durch die Jalousieen aller fünf Fenster Lichtschein dringen zu sehen. Er wußte freilich, daß sie es gern hell in ihren Zimmern hatte; aber es kam ihm doch nicht ganz geheuer vor. Er fragte den alten Diener, der ihm draußen den Mantel abnahm, erhielt aber keine deutliche Antwort. So war er denn peinlich betroffen, als er die Thür öffnete und das ganze hellerleuchtete Zimmer voll Menschen sah.
Es waren freilich nur wohlbekannte Gesichter. Auf dem Sopha saß Angelica neben dem alten Schöpf; in dem bequemsten der beiden Lehnstühle hatte sich Rossel gelagert, und Rosenbusch und Kohle schienen in die Betrachtung der Kupferstiche an der Wand vertieft zu sein, während Julie nahe an der Thür mit Schnetz und Elfinger sich unterhielt. Eine gedeckte Tafel stand der Fensterseite entlang, mit schönen Blumensträußen geschmückt, und Fränzchen's Pflegemutter war beschäftigt, noch die letzte Hand daran zu legen. Alle trugen ihre Festkleider, und selbst Rosenbusch hatte auf seinen durch den Sommer ziemlich mitgenommenen historischen Sammtrock verzichtet, um einen herrlichen Frack anzuziehen, der ihm nur etwas zu weit war, da er aus Rossel's Garderobe stammte. Am schönsten aber in aller Einfachheit erschien die Herrin dieser Räume selbst. Sie trug ein weißes Kleid von feinstem Wollenstoff, das nur ein Wenig von dem weißen Halse und die Arme bis zu den Ellenbogen frei ließ, eine einfache goldene Kette mehrmals um den Nacken geschlungen mit einem Medaillon, welches das Miniaturbild ihrer Mutter enthielt; die Haare schlicht aufgesteckt, aber mit einem leichten Gewinde von Myrthen und Veilchen durchflochten, eine dunkelrothe Granatblüte vorn am Busen befestigt.
Im ersten Schrecken fuhr Jansen von der Schwelle zurück mit einem Blick unmuthsvoller Enttäuschung, den Julie allein verstand. Aber eh er sich noch besinnen konnte, fühlte er sich schon von den weichsten Händen ergriffen und mit einem einzigen leisen Wort, das sie ihm zuflüsterte, entwaffnet.
Hier kommt er endlich, sagte sie, indem sie den Sprachlosen mitten ins Zimmer führte. Und nun muß ich ihn vor allen Dingen um Verzeihung bitten, daß ich ihn nicht darauf vorbereitet habe, wen er hier finden würde. Denn wenn es auch nur die nächsten und liebsten Freunde sind, die ich zu unserm Abschiedsfest geladen habe, – ich weiß doch, du hättest diesen Abend am liebsten keinen Menschen gesehen, als mich allein. Und doch, so gern ich dir sonst Alles zu Liebe thue – heute konnte ich nicht anders. Unsere Freunde wissen alle, daß ich entschlossen bin, mein Leben mit dir zu theilen, bis der Tod uns von einander reißt. Wirst du es mir nicht nachfühlen können, daß es mir gegen meine Ehre und meinen Mädchenstolz ging, in das neue Leben, das sich uns öffnet, heimlich, wie wenn wir eine Sünde begingen, uns einzuschleichen, statt mit freier Stirn und wie andere Glückliche von unsern liebsten Freunden beglückwünscht?
Sie schwieg einen Augenblick, von ihrer Rührung übermannt. Da er aber nichts that, als ihre Hand, mit der sie die seine festhielt, an seine Lippen zu drücken, faßte sie wieder Muth und fuhr mit leiserer Stimme fort:
Die Rollen sind so wunderlich vertauscht. – Es ist sonst herkömmlich, daß man die Stimme der Braut nur hört, wenn sie das Ja vor dem Altar ausspricht. Hier ist nun kein Altar, und die Braut muß ihre eigene Traurede halten. Ich will es nur bekennen: ich habe, seit ich diesem geliebten Freunde mein Herz und meine Treue für das ganze Leben gelobt, die Hoffnung immer noch gehegt, es sollte anders kommen. Ich dachte mir's schön, wie andere Bräute öffentlich mit ihm vor den Altar zu treten und unsern Bund einweihen zu lassen. Aber da es dazu nicht kommen soll, wie dürften wir so feige und klein denken, uns an eine Form zu binden, wo zwei Menschenleben auf dem Spiele stehen? Seit ich erkannt habe, daß es sich um Wohl und Weh seines Lebens und seiner Kunst handelt, war jede Scheu in mir verschwunden. Wir sind Beide nicht so jung mehr, nicht so ungeprüft durch das Leben, daß wir uns täuschen könnten über unsre Herzen. Sie sind unauflöslich verbunden. Und so ist es kein Frevel und keine Anmaßung, sondern so gewiß im Himmel beschlossen, wie je ein Bund zweier Menschen, daß ich von heute an das treue Weib dieses Mannes und er mein lieber Gatte sein soll.
Sie wandte sich einen Augenblick ab, die Stimme versagte ihr. Es war eine athemlose Stille um sie her, die Männer hatten, mit Ausnahme des Bräutigams, der unverwandt in die Augen seiner Geliebten sah, die Blicke gesenkt und standen in feierlicher Haltung, wie in einem Gotteshause, die kleine Pflegemutter drückte ihr Tuch vor die Augen, Angelica liefen die hellen Tropfen über das Gesicht, während sie sich bemühte, möglichst heiter und gleichsam ermuthigend auf ihre Freundin zu blicken. Als diese sich jetzt zu ihr hinkehrte, nahm sie rasch eine silberne Schale, die sie in Bereitschaft gehalten hatte, und reichte sie Julien, wobei sie verstohlen ihre Hand zu drücken suchte. Zwei kleine goldene Ringe lagen darin, von unscheinbarem Aussehen, wie wenn sie lange getragen worden wären.
Dies sind die Eheringe meiner Eltern, sagte die Braut. Sie haben durch lange Jahre zum Zeichen eines Bundes gedient, der in gutem und bösem Glück sich immer nur befestigt hat. Ich denke, du wirst nichts dagegen haben, mein Liebster, daß ich auch unsere Ehe mit ihnen einweihen möchte. Hier gebe ich dir den Ring, den mein Vater von meiner Mutter empfing, und gelobe dir vor diesen unsern Freunden, dir ein treues Weib und deinem Kinde eine gute Mutter zu sein. Und wenn es dich nicht gereut, mir dein Leben gewidmet zu haben –
Sie konnte nicht ausreden. Im plötzlichen Ueberschwang aller Gefühle hatte er den anderen Ring ergriffen, ihn aufs Gerathewohl an einen ihrer Finger gesteckt und die über und über Erglühende stürmisch in seine Arme geschlossen. Er schien sie nicht wieder loslassen zu wollen, seine Brust bebte von verhaltenem Schluchzen, das Gesicht hatte er an ihren Hals gedrückt, ihre Haare sogen die heißen Thränen auf, die zu zeigen er sich schämte.
Indessen war es, als ob von den Zeugen kein einziger Notiz von diesem leidenschaftlichen Ausbruch nähme. Rossel schien ernsthaft das Tapetenmuster zu studiren, der alte Schöpf hatte sein Schnupftuch hervorgezogen und putzte seine Brille, Elfinger stand mit dem Rücken gegen das neuverbundene Paar am Klavier und wandte langsam die Blätter eines Notenheftes um. Angelica war der Pflegemutter um den Hals gefallen, während Kohle Rosenbusch' s Hand ergriffen hatte und beständig drückte.
Erst als die Braut sich ein wenig sammelte und sich sacht aus den Armen ihres Gatten losmachte, trat Schnetz, der bis dahin seinen Knebelbart gewaltsam zerzaust hatte, auf das Paar zu und stammelte einen treuherzigen Glückwunsch. Dies gab das Signal zu einem allgemeinen Herandrängen, Händeschütteln, Gratuliren und tumultuarischen Freudensturm. Alle sprachen zu gleicher Zeit, Jeder hielt die Hand der Neuvermählten so fest, als hätte er sie am liebsten nie wieder losgelassen, und die Rührung, die noch wenige Minuten zuvor alle Gemüther bewegt hatte, schien nun Jeder als etwas sehr Ueberflüssiges und Ungehöriges vor sich selbst verleugnen zu wollen. In diesem Gewirre schaffte zuerst Angelica wieder Ruhe und Ordnung, indem sie an ein Glas klingelte und die Anwesenden aufforderte, zu Tische zu gehen. Die Hochzeitsleute müßten schon in einigen Stunden abreisen, und da der Herr Bräutigam noch nicht einmal gepackt habe, sei es doppelt rathsam, das Hochzeitsmahl nicht kalt werden zu lassen.
Sie setzten sich also, der alte Schöpf bekam den Ehrenplatz an der anderen Seite der Braut, Rosenbusch bemächtigte sich Angelica's, und Rossel, obwohl er sonst einer weiblichen Nachbarschaft bei Tische wo möglich auswich, führte die Pflegemutter. Von dem Mahle selbst ist nichts weiter zu sagen nöthig, als daß Eduard Rossel Angelica seine eigene Köchin zur Disposition gestellt und seinen Bedienten mitgeschickt hatte; auch die Auswahl und Kühlung des Weins war seine Sorge gewesen, obwohl außer ihm kaum Einer der Geladenen besondere Rücksicht darauf nahm, was er aß oder trank. Diejenigen zumal, die dem vermählten Paar gegenübersaßen, schienen von dem Anblick ihres Glückes, von Juliens Schönheit und Jansen's traumhafter Verklärung so gefesselt zu sein, daß sie nicht viel auf ihren Teller blicken konnten. Zu diesen gehörte auch Angelica, und immer von Zeit zu Zeit wanderte die Hand der Malerin über den Tisch hinweg, um im Schatten des großen Blumenstraußes der Hand ihrer angebeteten Freundin zu begegnen.
Julie wollte ihren Gatten nach Italien entführen, um dort die Stätte zu suchen, wo sie ihr Haus gründen wollten. Erst wenn sie darüber im Reinen wären, ob Florenz, Rom oder Venedig ihre neue Heimat werden sollte, wollten sie zurückkommen, das Fränzchen abzuholen, das bei der winterlichen Hochzeitsreise seiner Eltern nicht wohl am Platz gewesen wäre.
Indessen ersah Julie einen günstigen Augenblick, um mit dem alten Schöpf ein leises Gespräch zu führen, das sich auf die Zukunft seines Enkelkindes bezog. Es wurde ihr, bei aller Macht, die sie über die Menschen ausübte, nicht leicht, den stolzen Eigensinn des alten Mannes zu brechen. Als alle Betheurungen, wie aufrichtig die Reue des Barons sei, so wenig geholfen hatten, wie die Auseinandersetzung der äußeren Rücksichten auf die Zukunft des Mädchens, half endlich die List, daß die Fürsprecherin die Gewährung der Bitte als eine ihr selbst erwiesene persönliche Gunst darstellte, eine Art Hochzeitsgeschenk, das der alte Freund ihres Gatten ihr nicht abschlagen dürfe. Dem widerstand der ritterliche alte Mann nicht länger, und so wurde Julien mit feierlichem Handschlag Alles zugesichert, was der Baron nur irgend billiger Weise fordern konnte, wenn auch eine vollständige Aussöhnung fürs Erste noch unerreichbar schien.
Jansen hatte diese ganze halblaute Unterhaltung mit angehört und dankte dem alten Freunde nun auch mit einem Händedruck. Uebrigens sprach er fast nichts. Sein Herz war voll von wortloser Wonne, das muntere Geräusch der guten Menschen um ihn her klang wie aus weiter Ferne an sein Ohr, seine Augen ruhten auf dem Blumenstrauß vor seinem Platz und wagten nicht einmal, das herrliche Weib anzuschauen, das nun wirklich die Seine war, und nur mühsam mußte er sich zwingen, wenigstens mitzulächeln, wenn die Anderen über einen Witz des Oberlieutnants oder einen Kraftausdruck Angelica's in helles Lachen ausbrachen.
Noch zwei der Tischgenossen, die sonst nicht schweigsam waren, schienen heute unter einer seltsamen Geistesabwesenheit zu leiden. Rosenbusch nämlich und Kohle fühlten beide, als die einzigen dichtenden Mitglieder dieses Kreises, die Verpflichtung, die Gesundheit des jungen Paars möglichst festlich auszubringen; da sie aber beide in der That unvorbereitet waren, wollte Jeder dem Andern dies verantwortungsvolle Amt zuschieben, worüber sie lange halblaut mit einander verhandelten.
Rosenbusch behauptete, seine Muse bewege sich besser auf dem Soccus als auf dem Kothurn, während Kohle einwendete, gerade darum werde er den rechten Ton finden, weil er selbst fürchten müsse, zu pathetisch oder zu elegisch zu werden. Dazwischen dichtete Jeder eifrig im Stillen an seinem Toaste weiter, um für den Nothfall, wenn der Andere hartnäckig bliebe, gesattelt zu sein, da es einleuchtete, daß dieses Hochzeitsmahl nicht ohne Sang und Klang zu Ende gehen dürfe.
Als nun das Dessert erschien und der alte Erich den Champagner einschenkte, waren sie Beide gleichzeitig fertig geworden, und Schnetz, der längst gemerkt hatte, was sie brüteten, klingelte an sein Glas und forderte sie auf, endlich ihre Leier ertönen zu lassen, die sie nun lange genug gestimmt hätten. Beide standen jetzt zu gleicher Zeit auf, setzten sich aber unter allgemeinem Gelächter und Bravorufen hastig wieder nieder, weil Keiner dem Andern das Wort abschneiden wollte. Da man aber bei diesem Wettstreit der Bescheidenheit Gefahr lief, um beide Toaste zu kommen, schlug Rossel vor, daß sie loosen sollten, wobei Kohle zuerst das Wort erhielt. Er erhob sich erröthend, ließ sich sein Glas wieder füllen und sprach dann, seine Bewegung mühsam beherrschend, die folgenden Verse:
Ihr wandelt droben im Licht,
Selige Genien.
Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie der Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Nicht die Götter mein' ich,
Die Schicksalslosen,
Die ihr Antlitz verhüllen
Den freudebedürftigen
Eintagslebenden Menschenkindern.
Euch, ihr seligen,
Liebend geliebten Beiden,
Aus deren Augen,
Von deren myrthegeschmückter Stirn
Götterwonne leuchtet,
Euch gilt mein Wort.
Was aber bleibt
Zu wünschen den Glücklichen,
Die des Erwünschtesten
Die Fülle haben:
Kraft und Schönheit
Und Muth und Andacht,
Und Lieb' und Treue,
Dazu der Erdengüter
Frohe Genüge,
Und o der Himmelsgaben
Seltenste, höchste:
Die erhabne Kunst,
Die, wie die Feuersäule
Dem Volk des Herrn
Durch Wüsten zeigte den Pfad,
Euch durch verschneites
Alpengebirg
Voran wird wandeln,
Bis sich aufthun
Im Sonnenlande
Paradiesische Lorbeerhaine!
Was bleibt zu wünschen
Den hoch Begnadeten,
Die, staunend der eignen Herzensfülle,
Verstummend sich anschau'n
Und fürchten zu träumen?
Und doch nicht sinnlos ward
Von Alters geübt
Der festliche Brauch,
Glück zu wünschen
Geliebten, Glücklichen.
Denn
ihr fürwahr,
Die ihr Alles besitzt
Eins im Andern,
Denen der sorglichsten Freundschaft
Bemühn nichts hätte zu schenken –
Eines bedürft ihr,
Dessen der Edelste
Nicht kann entrathen,
Soll seines Lebens Aussaat
Gedeihn und reifen:
Des
Glückes Sonnenschein,
Der auch dem echten Gold erst
Den herzerfreuenden Glanz verleiht
Und aus dem köstlichen
Demant der Schönheit
Tausend spielende Funken lockt!
Ihr aber zieht
In sonnige Fluren,
Wo das Glück lieber weilt
Unter leichthinlebenden
Kinderhaften Geschlechtern,
Die, immer dem Glücke trauend
Selbst an der Unheilsstätte
Des Feuerbergs, des Verwüsters,
Sorglos die Rebe schlingen
Um das erschütterte Gebälk.
Zieht hin und erquickt
Die Seelen sinniger Menschen
Durch euren Anblick!
Zieht hin und kehret
Den Freunden wieder,
Ihnen zu Trost und Erquickung.
Und wie unter des Frühlings
Göttlichem Fuß
Das Leben sproßt,
So hefte das Glück sich
An eure Spuren,
Hier und dort,
Euch und den Euren
Zu Freud' und Heil!
Bei den letzten Worten neigte er das Glas gegen Jansen und Julie, trank es leer und warf es hinter sich gegen die Thür, daß es klirrend zersprang. Ein stürmischer Jubel brach los, Hochrufen und Anklingen nach allen Seiten, wobei noch einige Gläser in Scherben gingen. Aber mitten durch das Stimmengebrause, zu welchem Elfinger auf Juliens Klavier einen rauschenden Tusch gespielt hatte, lös'ten sich plötzlich harmonischere Klänge, die ersten Tacte des Hochzeitsmarsches aus dem Sommernachtstraum. Sofort wurden Alle still und horchten den märchenhaften Tönen, die es vergessen machten, daß die Winternacht mit tausend blitzenden Sternen hereinsah und keine anderen Elfenreigen duldete, als die etwa unsichtbar den Schaum der Champagnergläser umspielten.
Als es zu Ende war, dauerte die Stille noch eine Weile fort. Die Braut war mit Angelica im Nebenzimmer verschwunden und trat dann in ihrem Reiseanzug wieder herein. Schnetz forderte Rosenbusch auf, nun auch seine Verse als einen Reisesegen den Scheidenden mit auf die Fahrt zu geben. Aber der sonst so Gefällige war um keinen Preis dazu zu bewegen. Er versprach nur, seine schlechten Reime schwarz auf weiß mit Randzeichnungen nachzuliefern.
Es ist spät, sagte Julie, und wir haben noch Abschied von unserm Kinde zu nehmen. Wir lassen es in der treuesten Pflege zurück und hoffen es bald wiederzusehen. Und so müssen wir denn scheiden.
Sie umarmte zuerst die Pflegemutter und küßte sie herzlich. Dann gab sie Einem nach dem Andern mit einem holden Wort und Blick die Hand und eilte, ihrer Bewegung nicht mehr Meister, aus der Thür. Auch Jansen hatte sich in tiefer Erregung von den Freunden getrennt und Alle gebeten, ihnen nicht zu folgen. Nur Angelica ließ es sich nicht nehmen, das Paar bis an den Wagen zu geleiten. Die Andern traten an das Fenster und sahen sie draußen in den Wagen steigen, von dem alten Erich, der mit sollte, begleitet, während Angelica noch auf den Wagentritt stieg und sich von Juliens Halse nicht losreißen konnte. Als sie endlich zurücktrat und der Schlag zugeworfen wurde, traten Die im Hause mit gefüllten Gläsern und brennenden Lampen und Lichtern an die weitgeöffneten Fenster und riefen den Fortrollenden in die Nacht hinaus ein lautes Glückauf! nach, dem aus dem Wagen ein wehendes Tuch und zwei winkende Hände antworteten.