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1. Volkslieder von 1500-1800

 

Rat für Liebhaber

(Lateinisch-deutsches Scherzlied von 1486.)

Quicunque velit amare,
Weiber oder Jungfrauen,
Magno in gaudio stare,
Der soll gar eben schauen!
Ut fungatur prudentia,
Er kann die Sache verderben,
Summa forte dementia,
Und keine Lieb erwerben,
Quae placeret:                    Sed haberet
Gar große Reu                    Bei meiner Treu!
Amans age cante!

Nusquae dignus sit amore,
Der nicht fein und lustig ist,
Virgineo pollens flore,
Und sich allzubald vergißt –
Et dicet sie,                     O quis es hic!
Du böser Fant,                    Fort mit der Hand!
Simul ac pruritum.
In secreto rem hanc tene;
In der Stille liebt sichs fein,
Sic vives undique bene;
Laß dir dies empfohlen sein.
Qui vulgaverit amorem,
Hat selbst keine Ehr davon;
Plures ducet in errorem,
Und belohnt mit Spott und Hohn,
Sis discretus, Semper laetus,
Folg meinem Rat,                    Es lohnt die Tat;
Crede Samueli!

 

Ein fein Liebeslied

Wer ist es, der da klopfet an,
Dem ich so leis aufmachen kann?
»Es ist der Herzallerliebste dein,
Steh auf, mein Kind, und laß mich ein.«

Ich kann dich ja nicht lassen ein,
Mein Mutter schläft gar leis und fein. –
»Bei dir, Feinsliebchen, war ich gern,
Hell wie mein Herzglut brennt kein Stern.«

Mein Schatz wollt mir ein Taler geben,
Ich sollt ihn mit zu Bette nehmen.
Zu Bette nehmen, das steht nicht fein,
Behalt deinen Taler, ich schlaf allein.

»Mein Schatz wollt mir ein Küßchen geben,
Ei, was ist mir daran gelegen.
Ich steh nicht länger hier am Platz,
Hab gute Nacht, ade, mein Schatz!«

 

Mailied

Im Maien, im Maien
Hört man die Hähne schreien.
Freu dich, du schön-braun Mägdelein,
Hilf mir den Hafer säen;
Bist mir viel lieber als der Knecht,
Ich tu dir alle deine Recht –
Bum, Maidlein, bum!

Im Maien, im Maien
Hört man die Hähne schreien.
Ich freu mich dein ganz um und um,
So oft ich freundlich zu dir kumm,
Hinterm Ofen um und um –
Freu dich, schönes Mägdelein,
Bum, Maidlein, bum!

 

Hans und Gretel

Komm, Gretlein, laß dirs Dinglein tun –
»So fürcht ich meiner Ehren.«
Es schadet dir kein Härlein nit,
Es schadet nit, es beißt di nit,
Es tut dir eitel lieb und wohl
Und macht dich aller Freuden voll!

Komm, Gretlein, halte fest, nit zück –
»Fürwahr, ich kanns nit leiden;
Und wenns die Mutter wissen sollt« –
Ich wollt dich drum nit meiden.
»Es tut mir jetzt so wohl, ohe,
Ach, Hänslein, tu mir nur kein Weh.«

 

Erhörung

Ach, holdes Lieb, mein einziger Trost,
Nach dir mich tut verlangen.
Ein lieblich Wesen an dir hast,
Das hat mich gar gefangen.
Herz, Mut und Sinn
            Strebt zu dir hin,
Muß immer dein gedenken,
Dein Huldgestalt
            Tut mir Gewalt,
Daß ich mich sehr muß kränken.
Ich fleh du dir,
          Gib Rettung mir
Und Trost dem schwachen Herzen,
Kein andre Maid, kein andre Maid
Kann stillen meine Schmerzen.

Bei dir allein ist die Arznei,
Die mir das Herz kann heilen.
Auf deine Gunst vertrau ich frei;
Doch willst du, mußt du eilen.
Hilf, ich vergeh!
            Mein Sehnsuchtsweh
Will mir das Herz zerbrechen –
Tu auf den Schrein
            Der Arzenein,
Die Hilfe mir versprechen.
Ein lieber Gruß,
            Ein süßer Kuß
Kann mich dem Tod entrücken,
Kein andre Maid, kein andre Maid
Könnt süßer mich beglücken.

»Mein trauter Knab,
            Bei mir suchst Lab?
Die sollst du nicht vermissen.
Doch wenn ichs tu,
            So schweige du,
Und laß es niemand wissen.
Gern dein Begier
            Zu stillen dir,
Will ich nicht unterlassen;
Komm an mein Herz,
            Still deinen Schmerz,
Laß in den Arm dich fassen,
Drück Brust an Brust
            Nach Herzenslust,
Ich will dir nichts versagen,
Kein andre Maid, kein andre Maid
Solls, Liebster, mit dir wagen.«

 

Johannistrieb

Wie kommts, daß ich
              So heftiglich
Muß jetzt die Liebe fühlen,
Daß ich nicht weiß,
              Warum so heiß
Das Blut in mir tut wühlen?
Ich fühl mich jung
               Zu Kuß und Sprung,
Könnt allen Fraun hofieren,
Und jeder nun
              Genüge tun;
Will Fürwitz mich verführen?
Wiewohl ich alt
               Und längst schon kalt,
Brenn ich in Liebesnöten;
Ich bin verstört,
              Ich bin betört,
Mein ganzer Witz geht flöten.
Ich armer Mann,
               Weiß nicht, von wann
Mir kommt solch wildes Wüten,
Vor Zauberei
               Wüßt ich mich frei
Doch immer schlau zu hüten.

Ich muß ein Weib
              Für meinen Leib
Mir suchen gleich zur Stunde,
Es schoß geschwind
               Der Venus Kind
Ins Herz mir eine Wunde,
Die niemand kann
              Mir armem Mann
Als eine Jungfrau lindern –
Ein Weib, ein Weib!
              Um meinem Leib
Den geilen Trieb zu mindern!

 

Der Kochtopf

Gönne mir aus deinem Garten
Abzubrechen einen Strauß,
Lasse mich nicht länger warten,
Sonst geht mir mein Feuer aus.
Lasse mich ein,
Sage nicht nein,
Ich will auch verschwiegen sein.

Wird dein Strauch auch abgebrochen,
Bleibt der Stamm doch gleichfalls gut;
Suppe kann man wohl drin kochen,
Die dem Topf nicht schaden tut.
Was man nicht sieht
Und doch geschieht,
Davon singet man kein Lied.

 

Ein Hirtenlied

Sag mir, o schönste Schäfrin mein,
So hold und fein geziert;
Darf ich bei dir nicht kehren ein,
Als dein getreuer Hirt?
Ich steh schon lang vor deiner Tür,
O Schäferin, o öffne mir
Die Pfort, die Pfort, die Pfort!

»Wer da? wer klopft vor meiner Tür
Und will zu mir herein?
Mein Hüttlein nicht eröffn ich dir
Und lasse niemand ein,
Und wenn er auch der schönste wär,
So macht er mir mein Herz nicht schwer,
Umsonst, umsonst, umsonst!«

Ich komm nicht her aus Liebesgier,
Obwohl du liebenswert,
In Nacht und Dunkel ging ich irr,
Drum sei mein Wunsch erhört.
Weil ich kein Haus, kein Hüttchen find,
Drum mach mir auf, herzliebes Kind,
Mach auf, mach auf, mach auf!

»So will ich um Erbarmens Lohn
Erhören deine Bitt;
Die Pforte stehet offen schon,
Komm nur in meine Hütt. –«
Ach, Schatz, wie seh ich hier dich stehn;
Wie tugendsam, wie zart, wie schön
Bist du, bist du, bist du!

»Ach, und wie war ich unbedacht,
O edler lieber Hirt,
Daß ich nicht längst hab aufgemacht;
Du hast mein Herz gerührt.
Tritt ein, o schönster Schäfer mein,
Ich will allzeit dein Eigen sein,
Allzeit, allzeit, allzeit!

O werter Schäfer, mach dein Hütt
Nur alsobald bei mir.
So wahr ich leb, weich keinen Schritt
Ich jetzt mehr ab von dir.
Mein Herz ist dein, o werter Hirt,
Bis es der Liebe machen wird
Ein End, ein End, ein End!«

 

Von der Frau, die nicht geschont sein will

Es war einmal ein junges Weib
Von munterm Geist und schön von Leib,
Die lebte mit ihrem Manne gut
Und hatte immer frohen Mut.
Sie liebten sich schon sieben Jahr,
Auf einmal die Freude zu Ende war;
Und statt in Wonne und Lust zu schweben,
Begannen sie im Zwist zu leben. –
Sie dingte eine kräftige Maid,
Rund war sie, drall und hüftenbreit.
Der Mann sah dieser Magd zu tief
In Aug und Mieder, und ihr nachlief.
Die Frau bemerkt den Unrat behende,
Steht an den Türen, lauscht durch die Wände,
Bis einst sie merkte zu ihrem Jammer,
Sie sei allein in Bett und Kammer.
Sie stand vom Bette heimlich auf,
Geht leise auf den Boden hinauf,
Wo ihrer Dirnlein Bette war,
Schlägt Licht, damit sie sehe klar,

Macht stille auf die Kammertür
Und springt auf einmal flugs herfür,
Sieht ihren Mann, wie er im Arm
Die Dirne hält vor Liebe warm.
»Du Hurenschlingel,« hub sie an,
»Ehbrecherischer loser Mann,
Daß dich der Daus! Was treibst du hier
Mit dieser Metze? Bin ich dir
Nicht Weibs genug? In Teufels Namen,
Steh auf, ruf sonst die Leut zusammen,
Damit sie den Spektakel sehn!« –
Oh, Weib, das müsse nit geschehn,
Rief er, der bei der Dirne lag;
Was führst du denn so große Klag?
Was du mit Augen hier gesehn,
Ist nur aus Lieb für dich geschehn!
Ich wollt nicht immer bei dir wohnen,
Um deinen schönen Leib zu schonen. –
»Blitzsapperment!« fiel sie ihm ein,
»Ich will ja nicht geschonet sein!«

 

Ein schwäbisch Zwiegespräch

Jakob:
Guten Morgen, liebs Liserl, leih mir dein Latern,
Es ist ja so finster und scheint nit ein Stern;
Es ist ja so finster, der Mond scheint auch nicht,
Ich bitt dich, liebs Liserl, hör, was dein Schatz spricht.

Liserl:
Ich darf dirs nit leihen, mein Mutter ist bös,
Sie tut mir nachschleichen, wenns hört das Getös.
Wer hat dich gerufen so spät bei der Nacht,
Laternel könnt brechen; wer ist, ders mir macht?

Jakob:
Schöns Schatzerl, liebs Liserl, abschlag mirs doch nicht,
Will zart damit umgehn, damits nit zerbricht.
Ach, eil dich geschwinde und gib mirs zum Lohn,
Gib mir dein Laternel, mein Kerzel brennt schon.

Liserl:
Ei, Bürschel, was wähnst du? Ich leih kein Latern,
Mein Mutter wird schelten, ich hörs schon von fern.
Ja, Mutterl wird schelten, sie schilt ja so gern,
Wird sagen: Du Schnapperl, wo hast dein Latern?

Jakob:
Darfst drum nit so stolz sein auf deine Latern –
Mein Nachbars sein Katherl, die leiht sie mir gern,
Ists auch bißl zerrissen, ists doch wohl noch gut,
Und flackerts im Wind, halt ich vor meinen Hut.

 

Magdalene

Die schöne Magdalene
Früh in den Garten lief,
Da lag wohl unter der Linde
Ein junger Bergmann und schlief.

Wohlauf, mein Schatz, geschwinde,
Denn es ist an der Zeit,
Ich hör die Schlüsselein klingen,
Mein Mutter ist nicht weit.

»Hörst du die Schlüssel klingen
Und ist die Mutter nicht weit,
So zieh mit mir von hinnen
Wohl über die braune Heid.«

Er nahm sie gar behende
Bei ihrer schlohweißen Hand,
Er führt sie ein langes Ende,
Bis er ein Herberg fand.

Da lagen die zwei in Freuden
Bis auf dritthalbe Stund:
»Kehr dich um, schöne Magdalene,
Gib mir deinen roten Mund.«

Du sagst mir viel von Kehren,
Sagst mir von keiner Eh;
Und wärs nicht schon geschehen,
Geschähs wohl nimmermeh!

 

Ein hübsch Müllerlied

Guten Abend, guten Abend, Frau Müllerin, huhu!
Wo setz ich meine Habersack hin?
Valleri, vallera, vallerarara,
Valleri, vallera, valleru!

Dort hinten in die Ecke geht,
Wo meiner Tochter Bette steht.
Und als es war um Mitternacht,
Der Habersack sich lustig macht.

Ach, Mutter, ach, Mutter, hier ist ein Dieb, huhu!
Er stiehlt mein Ehr, die ist mir lieb,
Valleri, vallera, vallerarara,
Valleri, vallera, valleru!

Lieg still! was störst der Mutter Schlaf,
Lieg still! wer wird dich fressen, du Schaf!

Ach, Mutter, der Sack kriegt Händ und Fuß,
Er kitzelt, drückt und küßt mich so süß.

Ach, Mutter, nun bleibt nur, jetzt ists zu spät,
Das Herz wie die Mühle vor Freuden mir geht.

Und siehe, nach dreiviertel Jahr, huhu!
Ward Habersacks Schelmstück man gewahr,
Valleri, vallera, vallerarara,
Valleri, vallera, valleru!

 

Des Mädchens Klage

Was klagt das Maidelein?
Sie klagt dem Mütterlein:
Schwer ist das Herze mein,
Kann nit wohl fröhlich sein,
Mir fehlt ein Drumm.

Sie sucht das Nädelein,
Und hat kein Fädelein,
Ich hab ein Trühelein,
Kein Zwirnesknäuelein,
Hätt ich ein Drumm.

Hätt ich den Buhlen mein
In meinem Kämmerlein,
Der hat ein Knäuelein,
Dazu ein Nädelein,
Samt einem Drumm.

 

Ein Schlotfegerlied

Morgens, wenn ich früh aufsteh
Und den Schornstein fegen geh,
Klopf ich leise an die Tür:
Schöne Jungfer, komm herfür!

»He, he, he! wer klopfet an,
Der mich leis erwecken kann?« –
Ich steh hier in aller Still,
Und den Schornstein fegen will.

»Wart ein bissel, Junggesell,
Hole dir den Schlüssel schnell,
Sperre gleich die Feurtür auf,
Daß du kannst zu mir herauf.« –

Jungfer, eins ich noch begehr,
Bring mir Licht und Besen her;
Nicht zu groß und nicht zu klein,
Daß er geht zum Schlot hinein.

»Junggeselle, höre still,
Was ich dir erst sagen will:
Sei der Schlot groß oder klein,
Sieh zu, wie du kommst hinein.« –

Aus dem Buben wird ein Mann,
Der den Schornstein fegen kann.
Nimmt nicht Kehrlohn, fegt zur Freud
Alle Schlote weit und breit.

 

Der Schornsteinfeger

 

(abweichend von vorigem)

Morgens, wenn ich früh auf steh
Und den Schornstein fegen geh,
Klopf ich an vor einer Tür,
Kommt ein schwarzbraun Mädel für.

»Wer ist draus? und wer klopft an,
Der mich so leis aufwecken kann?«
Der Junggesell sprach in der Still:
»Der den Schornstein fegen will!«

» Wart ein bissel, junger Gesell,
Daß ich bringe den Schlüssel,
Und Euch sperr die Haustür auf,
Daß Ihr kommt zu mir herauf.« –

»Jungfer, ich nun eins begehr,
Gebt mir Licht und Besen her,
Nicht zu groß und nicht zu klein,
Daß er geht in Schornstein nein.

»Junger Gesell, höret an,
Was ich Euch will sagen an;
Sei der Schornstein groß oder klein,
Seht seihst, wie Ihr kommt hinein.« –

»Jungfer, ich nun fertig bin,
Nehmt ihr Licht und Besen hin;
Geb sie mir mein Fegerlohn raus,
Denn ich hab noch weit nach Haus.«

»Junggesell, Ihr müsset borgen
Von dem Abend bis an Morgen;
Morgens früh oder abends spat
Kommt und holt Euer Fegerlohn ab!« –

»Jungfer, bin schon wieder da;
Ich mein Fegerlohn nun erwart:
Oder ist es nicht die rechte Zeit,
Wann der Wächter zwölf Uhr schreit?«

Aus dem Büberl ward ein Mann,
Der den Schornstein fegen kann.
Schornstein fegen nur zur Freud,
Schornstein fegen weit und breit.

 

Der Faßbinder

Es wollt ein Binder auswandern
Wohl in das Niederland,
Schöns Geld wollt er sich ersparen
Mit seiner schneeweißen Hand.

Und als er ins Niederland kommen
Vor einer Frau Wirtin ihr Tür:
»Frau Wirtin, seid Ihr es darinnen?
Juchhei sa sa darinnen!
Frau Wirtin, komm Sie doch herfür!
Ein Binder steht vor der Tür.«

»Seid Ihr fürwahr ein Binder,
Hab auch ein rinnendes Faß;
Wer mir dasselbe verbindet,
Juchhei sa sa verbindet!
Verehren will ich ihm was –
Von wegen dem rinnenden Faß.« –

Zwei Jungfern in dem Keller
Schrien auch mit heller Stimm:
»Es sticht mich ja in mein Seiten,
Juchhei sa sa in mein Seiten!
Ich mein, es wäre der Tod,
Das Binden, das tut mir not.«

Ein altes Weib hinterm Ofen
Wollt auch verbunden sein.
»Der Teufel mag alles verbinden –
Juchhei sa sa verbinden!
Meim Hammer, dem wackelt der Stiel:
Die Alte kann binden wer will!«

 

Jungfer Lieschen und der Schuhmachergeselle

Junger Lieschen lag oben im Bette allein;
Die Tür unverschlossen, da kroch ich hinein.
Ich trat ihr vors Bettlein und küßte sie zart,
So daß Jungfer Lieschen ermuntert bald ward.

Wer küßt mich im Schlafe? Ach, wie geschieht mir?
Hab ich denn vergessen zu schließen die Tür?
Bist du es, mein Liebster? So sag es fein bald,
Sonst schrei ich der Mutter: du tatst mir Gewalt.

»Schweig stille, mein Engel, s schläft alles im Haus.
Der Vater, die Mutter, die waren zum Schmaus.
Sie sind jetzt betrunken vom rotkühlen Wein.« –
Was stehst du vorm Bettchen? so komm doch, steig ein!

»Das war mein Verlangen!« Da ruft Lieschen: Nur zu! –
»Ich will dir verehren ein neues Paar Schuh.
Sie sind schon bestochen, und hätt ichs bedacht,
Hätt ich gestern abend sie fertig gemacht.«

Hier hast mein Füßlein, dran nimm dir das Maß,
Damit mir mein Schühlein nicht drück und gut paß.
Machs hinten fein enge und vorne fein spitz,
Damit mir im Sommer mein Füßlein nit schwitzt!

»Du lobst mich, mein Engel, das merk ich jetzt wohl.
Mein Handwerk versteh ich, wie jeder es soll.
Mich lobt auch Kathrine und Hannchen dazu,
Weil ich ihnen gleichfalls versohlt hab die Schuh.«

 

Das Weltkind

Vater, ist denn nicht erschaffen
Für mich eine Männlichkeit?
Soll ich stets alleine schlafen
In dem Bett der Einsamkeit?
Soll in meinen jungen Jahren
Ich denn keine Lust erfahren,
Gönnt Ihr mir denn keine Freud?

Nein, mein Kind, auf dieser Erden
Bilde dir nichts anders ein;
Du mußt eine Nonne werden,
Und mußt bleiben keusch und rein.
Du mußt, wenn die Glocken klingen,
Gott zu Ehren Messe singen!
Gib dich nur gelassen drein!

Vater, wollt Ihr denn begehren,
Daß ich soll, als Euer Kind,
Diesen heiligen Stand verschwören,
Den Gott selber hat bestimmt?
Denn er spricht: Durch euch auf Erden
Soll die Welt vermehret werden –
Seid Ihr nicht wie Gott gesinnt?

Ich muß deinen Frevel strafen,
Du verliebtes Amorkind:
Muß auch ich allein doch schlafen,
Da ich krank und elend bin.
Ich erleide täglich Schmerzen,
Und du bringst mit frohem Herzen
Deine Tage sorglos hin.

Vater, schweigt von Euern Schmerzen,
Wißt Ihr denn, wie mir zumut?
Ihr habt Ruh in Euerm Herzen,
Ich erleide Höllenglut.
Meine Glut ist nicht zu dämpfen,
Und ich sehne mich, zu kämpfen
Mit Kupido bis aufs Blut!

Geh nur hin, du Weltgesinnte,
Du verführst mir Herz und Geist,
Der ich dir als meinem Kinde
Lieb und Huld erwies zumeist.
Aber nun will ich verschwören,
Will von dir kein Wort mehr hören,
Da die Welt dir lieblich heißt.

Vater, laßt mich Gnade finden,
Sehet meine Jugend an.
Laßt die Zorngedanken schwinden,
Gebt mir, gebt mir einen Mann.
Wenn ich ohne Mann soll leben,
Muß ich meinen Geist aufgeben –
Ohne Mann nicht leben kann!

 

Mädelslied

Wackres Mädel bin ich,
Rote Strümpfe trag ich,
Kann stricken, kann nähen,
Kann Haspel gut drehen,
Kann noch wohl was mehr –
Käm der Rechte daher.

 

Ein Lied wider die Lieb

Man sagt, es bring die Liebe gar viel und große Freud,
Wenn man es recht betrachtet, so bringt sie viel mehr Leid.
Denn kaum, daß man zu lieben hat recht gefangen an,
So ist man schon in Wahrheit ein arm geschlagen Mann.

Die Liebe macht nur Flausen und melancholisch Blut,
Beraubet uns der Freiheit, verkleinert unsern Mut.
Was nützet auch dem Vöglein ein wunderschönes Haus,
Sitzt es darin gefangen und kommt nie mehr heraus.

Wer sich will selber feind sein, fang recht zu lieben an,
Von seinem Geld und Gute gar bald er kommen kann.
Ein schönes Weib vollbringt es mit Tändelei und Scherz
Und nimmt von ihrem Liebsten gefangen Sinn und Herz.

Denkt nur an Syriens Hauptmann, der Holofern genannt,
Durch seine Kriege und Siege euch allen wohlbekannt;
Er hatte seine Liebe verständig nicht bedacht,
Drum hat das Weibsbild Judith ihn um den Kopf gebracht.

*


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