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Gustav Schüler: geb. 1868

 

Hinter den Laternen

Und alles eben wie vor zwanzig Jahren –
Von den Laternen mühn sich fortzustehlen,
Die miteinander gehn, die jungen Seelen –
Wie wir auch furchtsam vor Laternen waren.

Es liegt ein funkelvolles Glutbereden
Im gläubigen Dunkel hinter den Laternen.
Verwurzelte Hände, wie sie sich entfernen,
Kämpfen und zucken in durchsüßten Fehden.

Glückselige, ihr werdet Zittern säen!
Man zittert wie ein Blatt mit siebzehn Jahren –
Ganz, wie wir furchtsam vor Laternen waren
Und gern bereit, das helle Licht zu schmähen.

 

Das Tübinger Soldatenweib

Sechzehnhundertvierundsiebzig
Ward Tübingen hart berannt.
Und die Bayern lagen drinnen,
Und der Franzmann draußen stand.

Und die Franzen wie Kaninchen
Unterlöcherten den Wall.
Und ein ganzes Fuder Pulver
Schneuzte sich mit großem Knall.

Achtzehn Bayern kriegten Flügel,
Flogen in die blaue Luft.
Lag der Arm auf einem Hügel,
Lag das Bein in einer Schluft.

Zur Gesellschaft mit den achtzehn
Flog ein schwarz Soldatenweib.
Sauste um die Ackerbreiten
Wahrlich nicht zum Zeitvertreib.

Und sie senkte sich und duckte
Zwischen Schollen wie ein Has,
Und – auf Schwur! – die Satansschwarte
Schrammte sich nicht mal die Nas!

Als sie kaum sich umgesehen,
Sprang sie zornerfüllt empor,
Und aus ihrem Munde tat sich
Schreckliches Geschimpf hervor.

Auf die Bayern, auf die Franzen,
Auf das Pulver, auf den Wall,
Auf das durch die Luft Kuranzen,
Auf den Knall und auf den Fall.

Und es legte erst zur Nachtzeit
Sie der Hurenweibel fest –
Und die Chronik meldet, wie sie
Schlimmer Laune sei gewest.

*


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