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Properz (Sextus Propertius): um 45–16 v. Chr.

Dieser berühmte römische Dichter, in Umbrien geboren, lebte schon in frühester Jugend zu Rom und stand mit Mäcenas, Vergil und Ovid in innigem Verkehr.

 

Erhörung

Nicht so jubelnd begrüßte den griechischen Sieg der Atride,
Als des Laomedon Burg endlich, die mächtige, fiel,
Nicht so jauchzte das Herz des Ulyß am Ziele der Irrfahrt,
Als er Dulichias Strand, den so ersehnten, betrat,
Nicht Elektra, da lebend die Schwester den Bruder erblickt,
Nicht Ariadne, da heil sie den Theseus wieder gewahrte,
Als ich selber in Wonne geschwelgt die vorige Nacht durch.
Noch eine zweite wie sie – und die Unsterblichkeit winkt!
Früher, solang ich das Haupt ließ sinken, und zagend einherschlich,
Hieß ich erbärmlicher ihr als ein vertrockneter Teich.
Jetzt jedoch hat sie verlernt, sich spröd und stolz zu gebärden
Hätt ich doch nicht erst spät die richtigen Mittel erfahren!
Auf den Verschmachteten erst träufelt der heilende Trank.
Blind war ich! sonst sah ich ja leuchten die rettenden Pfade!
Ach! wen Liebe betört, dem ist das Auge verhängt!
Jetzt erst weiß ich, was frommt: Stellt kalt euch, die ihr verliebt seid!
Die euch gestern verwies, naht sich dann heute von selbst.
Andre pochten umsonst und riefen den Namen des Mädchens;
Aber auf mich allein senkte sie schmachtend das Haupt.
Dieser Triumph gilt mehr, als wenn ich die Parther bezwungen;
Könige, prunkender Zug, Beute – was brauch ich sie noch?
Köstlicher Schmuck soll jetzt, Cythere, die Säule dir kränzen,
Unter den Namen gesetzt, prange der folgende Spruch:
»Diese Trophäen errichtet vor deinem Tempel, o Göttin,
Für die Wonnen der Nacht, die er genossen, Properz.«
Jetzt enteile zu dir, o Lieb, mein Schiff aus der Brandung,
Mög es beschwert nicht mehr scheitern in wogender See.
Wendest du aber den Sinn von mir in frevelndem Treubruch,
Vor deine Schwelle sodann bett ich das sterbende Haupt.

 

An einen Freund

»Reiße dich los!« so dacht ich, »und teile mit keiner das Bett mehr.«
Kaum ist fertig der Pakt, bricht mir ihn Amor, der Schalk.
Frag ich, warum solch reizend Gebild auf Erden verweile,
Dann wird, Jupiter, dein heimliches Buhlen mir klar.
Dunkleres Blond ihr Haar, die Hände von länglicher Bildung,
Hoch die Gestalt; sie wallt, würdig der Juno, einher,
Oder der Pallas, die ihrem Altar in Munychia zuwallt,
Gorgos Schlangengelock auf der gepanzerten Brust.
Herrlicher war Ischomache nicht, das lapithische Mädchen,
Die als willkommenes Gut trunkne Zentauren geraubt,
Brimo nicht, die saitische Göttin, als an den Fluten
Böbes die hehre Gestalt lag an der Seite Merkurs.
Ihr selbst stehet zurück, ihr Himmlische, die auf dem Ida
Einst in enthüllter Gestalt staunend der Hirte geschaut.
O, daß diese Gestalt kein Makel des Alters entstellte,
Zählte sie auch soviel Jahre, Sibylle, wie du!

 

An Cynthia in Bajä

Während du, Cynthia, weilst im Schoße des lieblichen Bajä –
Da, wo Herkules einst wandelte längs dem Gestad,
Und dein Auge sich weidet am Blau des neptunischen Reiches,
Denkst du wohl in der Stille der Nacht des fernen Geliebten?
Oder hat frevelnd ein andrer mit trügender Liebesbeteurung
Mir dein Herz und dich meinen Gedichten geraubt?
Mögest du dort, auf eigene Kunst im Rudern vertrauend,
Schaukeln im niedlichen Kahn auf der lukrinischen Flut,
Oder auch einsam baden in Teuthras bescheidenen Wellen
Und mit wechselnder Hand teilen das weichende Naß,
Statt daß behaglich du lägest am schweigenden Rand, und es raunte
Zärtliches Liebesgegirr dir ein Verführer ins Ohr.
Ach! es fallen so leicht ja die Mädchen, der Obhut enthoben,
Zürne mir nicht, wohl kenn ich dich ja als bewährt in der Treue;
Aber wenn ferne das Lieb, fürchtet die Liebe ja stets.
Hab ich dir also wehe getan durch dieses Geständnis,
O, so verzeihe; die Angst trägt die alleinige Schuld.
Ach! nicht sorg ich ja mehr um das Haupt der zärtlichen Mutter,
Selbst mein Leben verliert ohne dich jeglichen Reiz.
Du bist einzig mein Heim, du, Cynthia, Vater und Mutter,
Alles, was Freude mir macht, gipfelt in deinem Besitz.
Zeig ich den Freunden ein heitres Gesicht, ist düster die Stirne,
Immer bekenn ich mit Fug: Cynthia hat es getan.
Komm denn schleunig und kehre dem schlüpfrigen Bajä den Rücken,
Oft schon hat jenes Gestad zärtliche Bande gelöst,
Jenes Gestade schon oft der Keuschheit Atem vergiftet.
Fluch den Quellen! es zeiht Liebe sie schnöden Verrats!

(J. Mähly)

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