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Hafis: um 1319–1389

Mohammed Schemseddin, der persische Anakreon, lebte zu Schiras. Er ist eine der eigentümlichsten und liebenswürdigsten Erscheinungen der Weltliteratur. Die Übertragungen (mehr freie Nachdichtungen) rühren von Platen her.

 

Gaselen und Lieder

 

1.

Sei gesegnet mir, Umarmung,
Sei gesegnet, Lippenhauch!
Für mein Glück dem Schöpfer dank ich,
Für mein Leben dank ich auch.

Sprich nicht von den Sternen, Frommer!
Ists ein Stern von gutem Brauch,
Wird das Glas mir sein in Händen,
Und des Liebchens Locken auch.

Schiltst das Tun du der Verliebten?
Schiltst du Trunkener Gebrauch?
Sind doch Götzenlippen lieblich,
Süße Weine sind es auch.

Daß dein Geist in der Zerstreuung
Nicht verwehe wie ein Rauch,
Fordre nur die Liebessammlung,
Fordre nur den Becher auch!

Geuß die Hefen deiner Lippen
Auf mich lehmgeformten Gauch,
Daß der Lehm rubinenfarbig
Werde, moschusduftig auch!

Da von deinem Liebesbade
Tulpe blüht und Rosenstrauch,
Wolkenschoß der Huld und Gnade,
Gib mir deinen Regen auch!

 

2.

Schuld ist, daß ich Kraft und Ruhe,
Daß ich den Verstand verloren,
Dieses warmherzigen Götzen
Silberläppchen an den Ohren.

O Perlen-gleiches Liebchen
Mit behend gebautem Leibe,
In dem offenen Gewande
Schöner als die Mondenscheibe!

Seit mir jene Flammensehnsucht
Deiner Liebe ward beschieden,
Muß ich immer gleich dem Tiegel
An des Herdes Flammen sieden.

Werd ich auch so weit getrieben,
Daß verwesen meine Knochen,
Sei der Schwur doch, dich zu lieben,
Nie vergessen und gebrochen!

Jener Busen, jene Schulter
Wird mir Glaub und Herz noch rauben;
Diese Schulter, dieser Busen
Raubt das Herz mir und den Glauben.

Diesen süßen Mund zu herzen,
Wird mir Heilung werden müssen;
Heilung wird es meiner Schmerzen,
Diesen süßen Mund zu küssen.

 

3.

Ewig sehnsuchtsvolle Triebe
Fühlt mein Herz nach deinem Munde;
Wein der Lust, Sorbet der Liebe
Sinkt im Becher mir zu Grunde.

Um zu fangen alle Herzen
Durch die Wangen dieser Losen,
Liegt das krause Netz der Löckchen
Als ein Veilchen auf den Rosen.

Einzuziehn Erkundigungen
Hab ich abermals gewaget;
Endlich hab ich doch den Namen
Dieser Lieblichen erfraget.

Liebchen wird auf deinem Schoße
Sitzen unter dem Bedinge:
Kümmre ja dich nicht um Große,
Kümmre nicht dich um Geringe!

*


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