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Amrülkais Ben Hodschr: um 600 n. Chr.

Dieser arabische Dichter, ein Zeitgenosse Mohammeds, ist berühmt durch seine Moãlaka (Liebesabenteuer), die viele autobiographische Elemente enthalten sollen. Hier folgt ein gekürztes Liebesabenteuer in Rückerts Verdeutschung.

 

Liebesgeplänkel, eine Erinnerung an Oneisa.

Ich drängte in die Sänfte Oneisas mich hinein,
Sie rief: Willst du hinunter mich werfen? o halt ein!
Sie rief, als das Gestelle mit uns sich niedergab:
Du wirst mein Reittier schinden, o Amrülkais, steig ab!
Ich sprach zu ihr: O reite nur zu, laß ihm den Zaum!
Und wehr mir nicht die Frucht zu pflücken von deinem Baum!...
Dann aber auf dem Rasen, da sträubte sie sich mir
Und schwur mit einem Eide: ich scheide mich von dir! –
Laß diese Zierereien, o Fatima, mein Kind;
Und gibst du mir den Abschied, so gib ihn fein gelind!
Du pochst wohl auf die Liebe, die mich getötet hat,
Und daß du nie mich hießest ein Ding, das ich nicht tat. –
Von mancher Zeltflorsonne in wohlbeschirmter Ruh
Erjagte ich mir Wonne und nahm mir Zeit dazu.
Einst kam ich, als sie eben zum Schlummer ihr Gewand
Beim Vorhang abgestreift und im leichten Hemde stand.
Sie rief: um Gottes Willen! ist denn für dich kein Rat?
Ich seh, daß deine Torheit dich nicht verlassen hat. –
Da führt ich sie von hinnen und hinter uns im Raum
Zog sie auf unsre Spuren des Kleids gestickten Saum;
Bis nun aus dem Gehöfte des Zelts hinaus es ging
Und uns des Tales Niedrung mit sandiger Dün umfing,
Wo ich an beiden Schläfen sie faßt und zu mir zog,
Die über mich schlankwüchsig und schwellend her sich bog:
Die Zarte, Weiße, Feine, anmutig überall;
Ihr Brustbein ist ein Spiegel, ein glatter von Metall.
An ihr wie an der Perle ist Weiß mit Blaß gemischt,
Von Wasser, das kein Fußtritt berührt, ist sie erfrischt.
Sie bog sich ab und zeigte zwei Wangen und ein Paar
Von Augen gleich der Hirschkuh, bei der ihr Junges war,
Und einen Hals des Rehes, dem keine Schönheit fehlt,
Wenn sie empor ihn richtet, mit goldnem Schmuck vermählt,
Und dunkle Lockenfülle, die um den Nacken hängt,
Wie sich am Schaft der Palme der Dattelbüschel drängt.
Es kräuseln in die Höhe verlorne Löckchen sich,
Weil hier ein Ringel flattert, dort eine Flechte wich.
Am Morgen duftet Moschus von ihres Lagers Rand,
Spät steht sie auf und gürtet zum Hausdienst kein Gewand.
Sie leuchtet in dem Dunkel der Nacht, als ob sie sei
Die abendliche Lampe des Mönchs der Siedelei.
Nach einer solchen blicken Verständige betört,
Im Kleide, das halb Frauen, halb Mädchen angehört.
Frei machen sich die Männer von blinder Liebeslust,
Allein von deiner Liebe wird nie mir frei die Brust!
Wie manchen Widersacher, der eifrig mich bestritt,
Und guten Rat mir aufdrang, wies ich schon ab damit.

*


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