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Bhartrihari: um 100 v. Chr.

Aus seinem berühmtestem Buch Szataka (hundert Sprüche).

 

Lieder und Sprüche

 

1.

Was ist lieblich anzuschauen?
Liebchens holder Lächelmund.
Was doch gibt, als ihre Worte,
Süßer sich dem Ohre kund?
Was ist süßer noch zu kosten,
Als ihr saftiger Lippenzweig?
Wessen dächte man noch lieber,
Als der Jugend voll und reich?
Was ist süßer zu berühren,
Als ihr stolzer schlanker Leib?
Ja, was reizte aller Orten
Mehr noch, als ein holdes Weib?

 

2.

Flieht die Liebe! also predigt
Uns der Mund der Vedamurmler.
Leicht gepredigt – aber fliehe,
Wers vermag, den Schoß der Holden!

 

3.

Langsam wandelt eine holde Schöne
In der Bäume Schatten dicht;
Hebt die Strahlenhand des Busentüchlein,
Lüstern ist des Mondes Licht.

 

4.

Wohnen magst du an der Ganga,
Dich mit ihren Fluten netzen,
Oder an der Jungfrau Busen
Dich mit seinen Gluten letzen.

 

5.

Auf zwei Wegen kann in dieser
Eiteln Welt man Heil erlangen,
Und auf beiden ist schon Weisen
Im Genuß die Zeit vergangen:
Zog sie nach der Wahrheit süßem
Nektartranke kein Verlangen,
Hielten sie mit Wonneschauern
Dann ein holdes Weib umfangen.

 

6.

Um das Lockenantlitz flüsternd
Kosen herbstlich mit dem Liebchen
Laue Winde, zärtlich küssend
Lippen ihr und Wangengrübchen,
Daß in manchen Wonneschauern
Schon des Busens Fülle bebt –
Wie er jetzt den Schleier lüftet,
Ein Verliebter sie umschwebt.

 

7.

Ihr nennt euch Schüler solcher, die
Der Heiligen Schrift anhängen,
Doch folgen wir den Dichtern, die
Gar frei und zierlich reden.
Mags immer sein: denn dorten geht
Nichts über Nächstenliebe,
Und hier ist nichts, was mehr entzückt,
Als holde Mädchenaugen.

 

8.

Seitenblicke, mit Augenbrauengewandtheit gebogen,
Holde Rede, den Mund verlegen mit Lächeln umzogen,
Tändelnde Anmut im Stehn und bedächtiges Weiterschweben –
Sind die Geschosse der Weiber, die höher die Schönheit erheben.

 

9.

Hör auf, lieb Kind, und wirf nicht so wild
Deine lockenden Äuglein umher!
Die Lust der Jugend ist längst gestillt,
Was wir waren, sind wir nicht mehr.
In dem Büßerhain da erkannten wir,
Daß eitel dieses und das,
Und seitdem, sieh, da nannten wir
Die Welt nur ein dürres Gras!

*


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