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Charles Baudelaire: 1821-1867

 

Das schöne Schiff

Du süße Zauberin, ich will dir voll Entzücken
Gestehn die Reize all, die deine Jugend schmücken;
Ich will dir schildern deinen Reiz,
In dem sich Kindlichkeit mit Reife eint bereits.

Wenn sich beim Schreiten bauscht dein Kleide im Windeswehen,
Gleichst du dem Schiffe, das in hohe See will gehen,
Das segelschwer sich senkt und hebt,
Im Takte sanft sich wiegt und langsam vorwärtsstrebt.

Auf deinem runden Hals, den volle Schultern tragen,
Sieht man dein schönes Haupt mit seltner Anmut ragen;
Dein Blick strahlt siegesfroh und lind:
So wandelst du dahin, ein majestätisch Kind.

Du süße Zauberin, ich will dir voll Entzücken
Gestehn die Reize all, die deine Jugend schmücken;
Ich will dir schildern deinen Reiz,
In dem sich Kindlichkeit mit Reife eint bereits.

Dein Busen, der gewölbt die Seide strafft, die feine,
Dein stolzer Busen gleicht dem schöngebauten Schreine,
Auf dessen Zierat, rund geschnitzt,
Der Sonne Abglanz wie auf Buckelschilden blitzt.

Wie reizt der Schilde Pracht, bewehrt mit rosigen Knäufen!
Im Schrein, geheimnisreich, sich Herrlichkeiten häufen,
Wein, Düfte, Tränke süß und firn,
Die mit verzücktem Rausch erfüllen Herz und Hirn.

Wenn sie beim Schreiten bauscht dein Kleid im Windeswehen,
Gleichst du dem Schiffe, das in hohe See will gehen,
Das segelschwer sich senkt und hebt,
Im Takte sanft sich wiegt und langsam vorwärts strebt.

Seh deine Beine ich des Kleides Falten schlagen,
Erregen sie in mir geheimer Wünsche Plagen;
Zwei Hexen meine ich zu schaun,
Die schwarzen Liebestrank in tiefer Schale braun.

Du könntest spielend wohl jungstarke Hünen zwingen
Mit deiner Arme Kraft, die schlangengleich umschlingen;
Den Liebsten schnüren fest sie ein,
Wie um zu pressen ihn tief in dein Herz hinein.

Auf deinem runden Hals, den volle Schultern tragen,
Sieht man dein schönes Haupt mit seltner Anmut ragen;
Dein Blick strahlt siegesfroh und lind;
So wandelst du dahin, ein majestätisch Kind.

(Arthur Schmidt-Halensee)

 

Der Vampir

Die du wie ein Messerstoß
In mein klagend Herz gedrungen,
Wie ein Schwarm aus Höllenschoß
Flitternd mir ins Hirn gesprungen,

Dirne, die in meinem Sinn
Aufgeschlagen Thron und Bette,
Schmach, dran ich gefesselt bin
Wie der Sträfling an der Kette,

Wie der Trunkenbold ans Glas,
Wie der Spieler an die Karten,
Wie an Milbenbrut das Aas –
Fluch dir, Fluch vom Schwergenarrten!

Bat schon oft den raschen Stahl,
Mir die Freiheit zu erzwingen,
Bat das Gift, das einzig Mal
Meiner Freiheit beizuspringen;

Ach, sie beide, Gift und Schwert,
Haben höhnisch mir erwidert:
»Fluche nur, du bist es wert,
Daß die Knechtschaft dich erniedert!

Tor, was wärs, wenn wir dein Joch
Brächen, um dich frei zu geben?
Riefest du mit Küssen doch
Deinen Vampir neu ins Leben!«

(Hans v. Vintler)

*


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