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Don Miguel de Cervantes Saaverda: 1547–1616

Der Verfasser des weltberühmten satirischen Romans Don Quixote. Zu Alcala de Henares geboren. Führte ein bewegtes, in Armut endendes Leben. Nachstehende Proben sind nach der Übertragung von Ludwig Tieck.

 

Sonett

Sie, die ihr seht mit putzigem Antlitze,
Mit kühnem Blick und hoher Brust, die Große,
Ist Dulzinea, Königin von Tobose,
Für die verlor Don Quixote seine Witze.

Er wanderte für sie in großer Hitze
Durchs Schwarzgebirge hin, für diese Lose,
Durchs Feld von Montiel, bis zu dem Schoße
Von Aranjuez, zu Fuß und ohne Stütze:

Durch Schuld des Rosinant (o hart Gestirne!)
Daß die Manchaner Dame, dieser groß
Gewaltig Irrende, in zarter Blume,

Sie sterbend nicht mehr war die schöne Dirne,
Und er, ob man in Erz den Namen goß,
Nicht floh der Lieb, dem Zorn und dem Irrtume.

 

Grabschrift

Dulzinea allhier ruht,
Die am Leibe fett und rund,
Staub ist sie zu jetziger Stund:
Was der schnöde Tod doch tut!

War von echtem altem Blut,
Lebte ganz nach ihrem Stand,
Don Quixote für sie entbrannt,
Und das Dorf rühmt, daß sie gut.

 

Antonio

(ein bäurisch Liebeslied, leicht geändert und gekürzt. Ebenda, Buch 2, Kap. 3)

Ich weiß, Olalla, daß du mich liebst,
Ob du auch kein einzig Wörtchen sagst,
Mit nicht ein einziges Blickchen gibst,
Der Liebe stumme Sprache nicht wagst.

Ich weiß, daß du ein verständig Kind,
Drum daß du mich liebst, machs kund.
Zu wissen, wie eins dem andern gesinnt,
Das macht ja immer den glücklichsten Bund.

Oft freilich wollt es sich weisen,
Olalla, deutlich und klar,
Daß deine Seele von Eisen
Im milchweißen Busen war.

Wie ein Vogel, du durftest nur pfeifen,
Kam meine Liebe dir stets zurück,
Sie verminderte niemals dein Keifen,
Sie vermehrte kein freundlicher Blick

Wenn Liebe wohl immer ist artig,
Und artig bist du sicherlich,
So tröst ich mich, Monate wart ich,
Unendlich doch liebtest du mich.

Denn, wenn du geachtet so weit,
So hast du mich oftmals gesehn
In meinem Schönsonntagskleid
Am Montag sogar noch gehn.

Es gehen ja Nutzen und Liebe
Wohl traulich Hand in Hand,
Daß ich dir angenehm bliebe,
Hab soviel ich aufgewandt.

Zum Spaß will ich nicht hofieren;
Ich diene dir nimmer darum,
Daß ich dich möchte verführen –
Das wäre schlimm, wenn auch nicht dumm.

Ein Joch nennt die Kirche ihr eigen,
Für mich nur ein Faden von Seiden,
Gefällt dirs, dadrin dich zu zeigen,
So folg ich mit zehntausend Freuden.

Tust dus nicht, so schwör es dir heilig
Dein treuster und herzlichster Diener,
Aus den Bergen entflieh ich hier eilig,
Werd aus Bosheit gar Kapuziner.

 

Liebesklagen

Ihr Pflanzen, so frisch und so heiter,
Die ihr auf dem Platze hier seid,
Ihr Bäume, ihr grünenden Kräuter,
Wenn ihr euch des Unglücks nicht freut,
So hört meine Klagen nur weiter.
Macht doch meinen Schmerz nicht zur Zote,
Denn er ist so fürchterlich ja,
So steht euch ein Bach zu Gebote,
Denn hier bewein ich, Don Quixote,
Die Trennung von Dulzinea von Toboso.

Hier ist der Ort, den erwählet
Der Liebende, ewig getreu,
Der ihn der Geliebten verhehlet,
Hier reißet der Schmerz ihn entzwei,
Er weiß nicht recht, was ihn quälet.
Die Liebe, sie schleppt ihn im Kote,
Wie keinem es jemals geschah,
Drum welkt er wie Bohne und Schote,
Denn hier bewein ich, Don Quixote,
Die Trennung von Dulzinea und Toboso.

Er suchte wohl hier Abenteuer
In Orten an Felsen so reich,
Er floh nicht vorm Ungeheuer,
Dort hört er im wüsten Gesträuch
Vom Leid nur die alte Leier.
Es peitscht ihn die Liebe zu Tode
Und bleibet zur Marter ihm nah,
Drum kratzt er den Kopf mit der Pfote,
Denn hier bewein ich, Don Quixote,
Die Trennung von Dulzinea von Toboso.

*


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