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66.

Heute bin ich, siebenzehn Jahr später, und drei und achtzig Jahr alt, der sehr geliebte Patriarch einer gesegneten Familie. Ich habe mich seit kurzem von der thätigen Laufbahn des geistlichen Hirtenamts zurückgezogen, stehe meinem Sohn in allen Schritten, die er darauf thut, bei, und habe die Freude, zu gewahren, daß ich ihn darin befestigt und geachtet zurücklassen werde. Was Gertrud anbetrifft, so ist sie die Seele unseres Hauses, die beglückte Mutter von Andreas' Kindern, und die Zierde, der Friede, die geliebte Blume meiner alten Tage. Zu gleicher Zeit, während wir uns oft von der armen Rosa und deren erbaulichem Tode unterhalten, bereite ich selbst mich darauf vor, in der ersten besten Stunde von dieser Erde auszuziehen, unbestritten nicht etwa satt des Glückes, das ich genieße, sondern damit ich wenigstens wohl vorbereitet ohne Stirnrunzeln den kurzen Uebergang des Todes durchschreite, um, wenn ich mich dessen würdig zu machen im Stande gewesen bin, zum Frieden Gottes einzugehen durch Jesum Christum, unsern Heiland.

Wenn ich, als Diener des heiligen Evangeliums, mir eine Abweichung von den Gewohnheiten und Arbeiten meines Berufes erlaubt habe, um in diesem Buche die Geschichte Rosa's und Gertrudens zu erzählen, so ist dies geschehen, weil mir unter so vielen Ereignissen, Interessen und Wechselfällen, von denen ich während eines fünfzigjährigen Pastorats Zeuge gewesen bin, nichts begegnet ist, worin sich einerseits der tröstende Gegensatz zwischen dem zweifelhaften Frieden der Schlechten, welche den Sieg davon tragen, und dem wahren Frieden der Guten, welche unterliegen, und andrerseits jene göttliche und ewige Wahrheit, daß Gott in seinen, der Anbetung würdigen Wegen Alles zum größten Vortheil derjenigen ausschlagen läßt, die ihn lieben, schlagender dargethan hätte; dergestalt, daß er diese, nach ihrer Läuterung durch Prüfungen, entweder zu sich ruft, weil die Erde nicht mehr der geeignete Aufenthalt für sie ist, oder daß er ihren Jammer in Glücksgenuß wandelt und ihnen noch eine Reihe von Jahren vergönnt, um sich seiner Wohlthaten zu erfreuen und seine unverdienten Gnadengeschenke zu preisen.


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