Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

11.

Als ich nach einigen Besuchen wieder in meine Behausung eintrat, fand ich daselbst den jungen Herrn vor, der mich erwartete, und bald beim Eintritt rief ich ihm ohne weitere Umstände zu: »Hebe dich von mir, Satan! ... und da die Zeit kostbar ist, so kehre zu deinen Lastern zurück, und ich werde an meine Geschäfte gehen.« – Zu gleicher Zeit öffnete ich ihm die Thüre meines Zimmers und deutete ihm dadurch klärlich an, daß ich allein gelassen sein wollte. Er aber machte keine Bewegung, hinaus zu gehen, sondern nahm sich vielmehr einen Stuhl und setzte sich darauf nieder, indem er sagte: »Zum Henker! ich habe geschworen, daß ich Sie sprechen müßte, und Sie werden mich anhören!« – »Ich bin nicht schuld daran, daß Sie einen falschen Schwur gethan haben«, antwortete ich ihm; »aber ich bitte, entfernen Sie sich: es ist schon spät und ich habe noch viel zu thun.« –

Nun gab er sich Mühe, indem er die Oberflächlichkeit meines Urtheils anklagte und sich das Ansehn gab, ein ebenso guter Christ zu sein als irgend Jemand, mich zu überreden, daß er in anständigen Absichten gehandelt, und daß, da ihm die Ehre zu Theil geworden, die Damen ein wenig kennen zu lernen, es ihm sehr natürlich geschienen hätte, ihnen die Unannehmlichkeit, sich Geld verschaffen zu müssen, zu ersparen, indem er selbst ihre Ausgaben durch ein freiwilliges Darlehn decke. Hier unterbrach ich ihn, indem ich ihn fragte: »Und Ihr Brief?« – »Was für ein Brief?« – Ich hielt ihm denselben vor, und indem er nach ihm griff, um ihn zu zerreißen, rief er zornig aus: »Eine Niederträchtigkeit, mein Herr, eine Abscheulichkeit! und ich habe das Recht, mich davon beleidigt zu fühlen, daß Sie auch nur einen Augenblick dieses schändliche Machwerk haben mir zuschreiben können!« – Darauf zog er ein Billet aus seiner Tasche und sagte: »Ueberzeugen Sie sich übrigens einmal, ob diese Handschrift, welche die meinige ist, die geringste Ähnlichkeit mit derjenigen hat, die Sie mir da vorweisen!« – »Hebe dich weg von mir, Satan!« erwiederte ich hierauf sehr kurz, und indem ich abermals die Thür vor ihm aufmachte, sagte ich: »Ich habe Sie angehört; jetzt haben Sie die Gefälligkeit, sich auf das schleunigste von hier zu entfernen.« –

Aber er ging nicht; und wieder auf die Damen zurückkommend, sagte er mir, daß die eine derselben, welche noch frei wäre, ihm wirklich gefallen hätte; daß er, frei, wie er sei, und Besitzer eines schönen Vermögens, bei allen seinen Schritten, und insbesondere bei jenem Darlehn, worüber ich so ungerechterweise erzürnt gewesen wäre, nur beabsichtigt hätte, sich durch einen Liebesdienst angenehm zu machen, auf diese Weise ohne Vorwissen der Damen die Habgierde des Wirths einschläfernd; daß das Aufsehen durch eine übertriebene und durch mich selbst noch unglücklicherweise verstärkte Empfindlichkeit hervorgerufen worden wäre, und daß er darüber den lebhaftesten Schmerz empfunden hätte. – »Da sieht man doch«, fügte er hinzu, »wohin eine gute Handlung führen kann! Sie, der Sie der Erste sein sollten, sie zu loben, tadeln sie laut, und diese Damen, oder wenigstens die eine von ihnen, welcher ich mein Vermögen und meine Hand anzubieten geneigt gewesen sein würde, diese Damen sind, Dank Ihnen, gegen mich voll der ungünstigsten Vorurtheile! Dennoch bin ich willens, wenn Sie mir ferner nicht mehr den Weg durchkreuzen wollen, all das Ueble, dessen ich mich unfreiwillig schuldig gemacht, zu vergüten und vielleicht verlassenen und hülflosen Personen Vermögen und zugleich einen Beschützer wieder zu geben.« – Hierauf rief ich zum drittenmale: »Hebe dich weg von mir, Satan!... Und wenn Sie nicht gehn, so werde ich es; sehen Sie, was Sie vorziehn!« –

»Nur noch ein Wort«, versetzte er, »und ich werde Ihrer Aufforderung Folge leisten, die noch überdies nicht sehr höflich ist. Erwarten diese Damen nicht den Grafen?« – »Wohl möglich.« – »In Kurzem?« – »Ich weiß nichts davon.« – »Ja, weil die Briefe ausbleiben?« – »Das geht Sie nichts an.« – »Nun Wohl! ich sage Ihnen, damit Sie sich darnach richten können: die Briefe werden niemals eintreffen und der Graf ebenso wenig.« – Dann grüßte er mich und verließ mich auf der Stelle.


 << zurück weiter >>