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13.

An diesem Tage, wie an den folgenden, schickte ich meinen Sohn, sich nach dem Befinden der Damen zu erkundigen, die, nachdem sie seine Stimme vernommen und sich hatten sagen lassen, wer er wäre, seine Bekanntschaft machen wollten und seinen Besuch annahmen. Er hatte sie bescheiden gekleidet, ziemlich beruhigt und mit Nähterei beschäftigt gefunden. So weit er sich darauf hatte verstehen können, richteten sie sich für den alltäglichen Gebrauch einfachere und für ihre neue Lage besser geeignete Gewänder her, als diejenigen waren, die sie bisher getragen hatten. Ich sah darin, ich gestehe es, einen Beweis ihres richtigen Taktes, abgesehen davon, daß die ausnehmende Weltlichkeit ihres Putzes stets bei mir der Gegenstand eines geheimen Vorwurfs gewesen war, dessen ich mich nun von jetzt an enthoben fand. Die Millers (dies ist der Name der Leute, bei welchen ich sie untergebracht hatte) schienen überdies mehr zufrieden gestellt, und leisteten ihnen nun ihre Dienste mit genügendem Eifer. Ein Umstand vorzüglich war ihnen zu Herzen gegangen, der nämlich, daß die Damen sich aus freien Stücken erboten hatten, mit an dem Familientische zu speisen, was sowohl die Dienstleistungen sehr vereinfachte, als auch zugleich die Ausgaben verminderte und gleichzeitig den guten, wenig bemittelten und sehr arbeitsamen Leuten zu gute kam.

Ihrerseits hatten die Damen sich gegen meinen Sohn belobigend über den guten Willen der Millers ausgesprochen und ihm inständig aufgetragen, mich dessen zu versichern, daß sie sich, Dank meiner Fürsorge, auf das zufriedenstellendste wohnlich befänden. Dann hatten sie, in Folge des gefaßten Entschlusses, bis zur Ankunft des Grafen durchaus nicht auszugehn, was sie verhindern mußte, ihre Briefe selbst zur Post zu tragen und dergleichen abzuholen, ihn ersucht, ihnen dies als einen Dienst zu erweisen, wofür sie ihm unendlich dankbar sein würden, und zu einer ihm gelegenen Tagesstunde an ihrer Statt diese tägliche Pflicht zu erfüllen. Und mein Sohn hatte sich schon zweimal dieses Auftrags entledigt. Jedesmal hatte er Briefe in den Briefkasten geworfen, aber keinen zurückgebracht, und alsbald waren die Damen, die er wenige Augenblicke vorher munter, heiter und voll Hoffnung verlassen hatte, in die tiefe Traurigkeit getäuschter Erwartung und die Bekümmerniß der Ungewißheit zurückgefallen. Ja, er selbst wurde mit hingerissen, diese Beunruhigungen zu theilen, und obgleich er sich trotzdem bemühte, sie zu zerstreuen, so hatte er sich doch nicht allein überzeugt, daß niemals ein Ehegatte mit reinerer Zärtlichkeit geliebt worden wäre, als der, dessen Ankunft mit so lebhaftem Herzensschlage erwartet wurde, sondern er hatte auch dabei verschiedene Einzelheiten erfahren, die alle die falschen Voraussetzungen, welche durch das Wort des jungen Mannes in meinem Kopfe Platz gegriffen hatten, in ein Nichts verschwinden ließen.

Noch etwas hatte beigetragen, meinem Sohne diese Besuche angenehm zu machen; das war die Art, in welcher die Damen von mir gesprochen hatten. Der arme Junge war davon ganz gerührt, und es kam ihm gar nicht in den Sinn, daß man so große Achtung und Liebe für seinen Vater zu äußern im Stande sei, ohne selbst deren unbedingt würdig zu sein. Das junge Fräulein hatte sogar gesagt, als sie erfuhr, daß wir keine Dienerin im Hause hätten: sie mache sich Vorwürfe, nicht eiligst gekommen zu sein, um mich während meines Uebelbefindens zu pflegen, und wenn dieses noch einen Tag länger anhielte, so solle nichts auf der Welt sie daran hindern, in unser Haus zu kommen, um so mehr, als sie mich um einige religiöse Bücher bitten wolle. Ich ließ ihr diese Erbauungsbücher zustellen, und da diese guten Nachrichten meine Wiedergenesung beschleunigt hatten, so fügte ich dieser Sendung die Versicherung bei, daß ich ihr von Morgen ab selbst Nachrichten von meinem Besserbefinden bringen würde.


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