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93.

Basel, 12. Nov. 1888.

Ihr Geschick hat sich nun einmal nach einer entschiedenen Seite hin gewendet, und nun ist Ihnen der Weg vorgezeichnet, auf welchem unsere besten Wünsche Sie begleiten. Glebae adscripti sind ja im Grunde die meisten von uns; zuerst arbeitet man auf einer Scholle, zuletzt aber kommt man unter eine solche.

Frankfurt wäre auch für mich ein Aufenthalt, wenn ich reich wäre. Zwar sind die Berge etwas fern, aber wer die Mittel hätte, in den Gartenquartieren oder am Mainquai zu wohnen wie Schopen Schopenhauer., der könnte ein sehr angenehmes Leben führen, gerade so viele geistige Anregung, Musik und Theater als man will, und letztere Dinge in Opulenz. Dagegen Köln wäre mir zum Wohnen antipathisch gerade wie Ihnen, trotz der grossen Denkmale. Wenn nur das Städelsche Museum nicht so heillos weit aus der Stadt hinaus verlegt worden wäre! Wo lebt jetzt der Architekt Sommer, der es gebaut hat? Ich kannte ihn von früher her und er hat mir mit Zeichnungen grosse Dienste erwiesen. Wie früh aber sind die beiden andern gestorben, die als junge Leute auf der Reise nach Italien bei mir vorgesprochen hatten: Lucae, der Erbauer des Theaters, und Mylius, der das Hôtel de Francfort baute.

Die Umgebung von Frankfurt wird dann etwas für das Frühjahr sein, wenn die Welt noch steht und relativ ruhig ist. Denn zu stehen ist für nichts mehr, die Menschen sind zu unvernünftig und verrucht.

Aus Rom schreibt man mir von dem »wahrhaft traurigen, aber unaufhaltsamen Verfall« – es ist der Bearbeiter der dritten Auflage meiner »Renaissance in Italien« H. Holtzinger. welcher nun so viel Schönes in den alten Quartieren nicht mehr antrifft, was ich noch gesehen habe. Und wäre es ein Untergang, allein statt dessen, was man demoliert, kommen fast lauter infame Zinskasten hin.


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