Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Achte Szene

Zimmer.

Daniel, Dietrich.

Dietrich: Weint nicht, weint nicht so sehr, lieber Vater. Wir sind alle sterblich.

Daniel: Aber daß sie so in der Blüte ihrer Jahre davonmußte!

Dietrich: Ja, Vater; wißt Ihr nicht? wie die Blumen des Feldes, heute Blüte, morgen Heu; ich sage Euch, es tat's der Gram um den Benjamin.

Daniel: Das ist wahr, seit dem Tage war sie wie von sich, nannte mich auch fast immer Benjamin.

Dietrich: Drum ist sie vielleicht zur rechten Zeit gestorben. Seht, Vater, wenn Ihr auf Eure alten Tage in das Unglück geraten wärt.

Daniel: Hast gewissermaßen recht. Ach, lieber Gott, wenn ich noch in die Jalousie hätte verfallen müssen, ich hätt es ja nicht überlebt. – Da, Dietrich, hab ich endlich von Theodor dein Geld bekommen.

Dietrich: Seht, das ist doch auch ein kleiner Trost.

Daniel: Still, da kommt unser kranker Herr.

Ampedo kömmt.

Ampedo: Und keine Nachricht, keine Spur und Ahndung –
Der König weinte, so sehr liebt' er ihn –
Macht Feuer im Kamin, es ist heut kalt. –

Daniel: Ihr Gnaden, Gegenteil, recht Hundstagshitze.

Ampedo: Mach Feuer, sag ich dir, recht stark, mich friert. –

Daniel: Wie Ihr befehlt – viel Glück zur heißen Stube –

Ampedo: Es brennt – nun geht, ich will alleine sein.
        Die Diener ab.
Ja, Bruder, wie ich immer ahndete,
Des Säckels wegen ward dir nachgestellt,
Das hat Verderben dir und Tod gebracht.
Scheint's doch, als wären tücksche Höllengeister
In seinem engen Raum gebannt, den Eigner
In Todesnot, Verzweifelnsangst zu reißen.
Das ist der Segen böser Zauberei,
Die nichtgen Güter, die vergänglichen,
Gönnt sie uns täuschend, das Unsterbliche,
Der teuren, teuren Seele höchstes Kleinod,
Das einzige wahre Gut, die Seele selbst,
Sie wird verspielt den aberwitzgen Künsten.
Weh mir! daß je mein Sinn sich so befleckt!
Weh mir! daß ich dem falschen Würfelspiel
Gefällig mich gesellte. Ja, du Hölle,
Ihr Schlangen und ihr grausen Geisterlarven,
Ich sag mich von euch los, ich will befreit sein. –
Hier diesen Zauberhut – nehmt ihn zurück,
Nur weicht aus meinem Blut und Eingeweide –
Also zerstück ich und zerschneid ich ihn,
So werf ich in das Feu'r die morschen Trümmer,
So wend ich mich dem Himmel wieder zu. –
Nun lach ich aller Bosheit – kommt denn an,
Und sucht und forscht bei mir das Zauberstück –
Der Eigennutz, die Habsucht kommt zu spät –
Wie ist mir? Dreht sich Wand und Fenster um?
Empfange, Himmel, nun die müde Seele. Er stürzt vom Stuhl.

Daniel und Dietrich kommen schnell herein.

Daniel: Was macht Ihr denn? Gott! kalt und starr wie Stein. –
Der Schlag hat ihn gerührt – die heiße Stube. –
Der Gram, die Angst – hilf tragen, Sohn, faß an,
Wir legen ihn zu Bett.

Dietrich:                           Er ist starr tot,
Dem hilft nichts mehr als nur der Totengräber.

Daniel: Wir tun das Unsre. – Dann hinweg von hier,
Die besten Kostbarkeiten eingepackt,
Auf unser Vorwerk eilig hingeschafft,
Eh die Gerichte kommen und versiegeln.

Sie tragen den Leichnam hinaus.

 


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