Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Zweite Szene

Zimmer.

Lady Dorothea, Theodor.

Theodor: Gebt Euch doch nur zufrieden, immer und ewig
Dasselbe Lied, ist wahrlich unausstehlich.

Lady Dorothea: Ihr seid mir lästig mit dem rohen Wesen.

Theodor: Kann ich dafür, daß der Hansnarr nicht kam?
Bei meinem Zorn hatt ich's ihm anbefohlen;
Seh ich den Esel wieder, prügl' ich ihn
Von einem End Europas bis zum andern,
Weil er nicht Wort hielt einem Edelmann.
Was war denn auch so Großes an dem Ring?

Lady Dorothea: Kurz, er gefiel mir, und ich wollt ihn haben.

Theodor: Ich wollt ihn haben! daß Euch nur nicht gefällt
Auch den Vollmond vom Himmel mal zu haben!
Dazu habt Ihr es ja gehört, wie nur
Ein Zauberer der fremde Schuft gewesen,
Die Tänze, die die Fürstin mit ihm hatte,
Das Rennen, Suchen, Jagen, Maledein
Nach ihr, das wir in Stadt und Land getrieben.

Lady Dorothea: Genug, sie hat den Ring, ich halte alles,
Was man davon erzählt, für Fabelei.

Theodor: Für Fabelei? Mit meinen eignen Augen
Hab ich gesehn, wie sie nicht dagewesen.
Kommt jetzt zu dem befohlenen Spazieren,
Man ruft mich zum Begleiten, wie zur Fron,
Dann muß ich stundenlang das Gehn erwarten.

Dietrich kömmt.

Theodor: Was gibt's? Was lacht der Bursche?

Dietrich: O gnädiger Herr, dort unter den Bäumen treibt sich ein Kerl herum, aus Armenien, oder Mesopotanien, wie er sagt, in ganz fremder wunderlicher Kleidung, einäugig, mit einem Pflaster über dem Gesicht, einem grausamen, dicken und krausen Haarwulst, der ihm von allen Seiten unter dem Turban hervorquillt; der hat einen Korb vor sich, mit fünf oder sechs Äpfeln drin, aber die allerschönsten und rötesten, die ich zeit meines Lebens gesehn habe, die ruft er aus, und wenn ihn einer nach dem Preise fragt, so fordert er für jeden Apfel zehn Goldstücke, so daß dann alle Leute mit Lachen vorbeigehn und den dummen Narren stehnlassen.

Lady Dorothea: Den muß ich sehn. Kommt, Freund.

Sie gehn ab.

 


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