Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Elfte Szene

Palast.

Der König, Herbert.

König: Der Fall bleibt immer äußerst wunderbar,
Und wo steht nun Erklärung noch zu hoffen?
Der Mörder hat die Steine nicht gefunden,
Die übrigen, sie haben nichts entdeckt,
Sie sind gestorben mit dem höchsten Schwur,
Daß sie von dem Geschmeide nichts erfahren:
Daß mir der alte Ritter ungetreu –
Nein, gegen diesen Glauben kämpft mein Herz;
So sind sie wie verschwunden von der Erde,
Und nur ohnmächtig ist mein zornig Dräun.

Herbert: In alle Häfen, weit in alle Länder
Ist Nachricht hingesandt, es kann kein Dieb,
Wär er auch noch so schlau, die Hoffnung fassen,
Mit seinem Funde glücklich zu entschlüpfen.

König: Ich büßte lieber eine Grafschaft ein,
Und dennoch muß ich den Verlust verschmerzen.

Ein Edelmann tritt ein.

Edelmann: Demütig bittet eine schöne Frau,
Gehüllt in Trauer, um die hohe Gnade,
Zu Füßen sich dem Könige zu werfen.

König: Sie komme näher. – Wer nur mag das sein?
Vielleicht des Ritters Witwe, die mit Klagen
Und Wehgeschrei mein Ohr betäuben will.

Lady Oldfield wird hereingeführt und wirft sich nieder.

Lady Oldfield: Wenn meines Königs Auge sich erniedert,
So sieht er hier die jammervollste Frau,
Die durch verruchte Mordtat eingebüßt
Den teuersten Gemahl, mein hoher Fürst
Den treusten Untertan.

König:                                   Was kann ich tun,
Um Euren so gerechten Schmerz zu lindern?

Lady Oldfield: Ich komme nicht zu klagen, mein Verlust
Läßt Trost nicht zu, noch Lindrung und Ersatz,
Nur dies Geschmeide, das unschätzbar teure,
Das meines Gatten Blut hat abgezapft,
Will ich den Händen Eurer Majestät
Dem hohen Eigner hier zurückerstatten.

König: Erstaunt seht Ihr mich, edle Frau; steht auf!
Wie fand sich dieser Schmuck, den schon auf ewig
Ich mit Verdruß verloren achten mußte?
Wie dank ich Euch der Gabe, schöne Frau?

Lady Oldfield: Gar wunderlich hat es sich zugetragen,
Im festen Schrank, verwahrt mit vielen Schlössern
War das Geschmeide sicher sonst bewahrt,
Dort fand es nicht der tücksche Mordgeselle;
Wir suchten nach, und nirgends ward's entdeckt:
Zufällig nur, als ich die Tisch und Schränke
Mir anders ordne, in ein heller Zimmer
Ein groß altfränkisch Bett mir lasse stellen,
Da findet sich ein kleiner Wandschrank unter
Dem Bettgestell, den ich sonst nie gekannt,
Der kaum bemerkbar war, und künstlich nur
Von angedrückter Feder sich eröffnet,
Dahin war dieser Schmuck verborgen worden.
Erschreckt, erstaunt, in Rührung und in Freude
Nahm ich die Stein und eilte her zum Thron,
Beglückt, den letzten, fernsten Argwohn so
Von meines Mannes Grabmal zu vertilgen.

König: O lebt' er, seine Treue zu belohnen!
Doch schöne Frau, mit Worten nur allein
Dankt nie ein König, Eure Tugend, Schönheit,
Eu'r Unglück in so früher blühnder Jugend,
Verdient Mitleid, Belohnung; nehmt von mir
Den edlen Ritter Herbert zum Gemahl,
Der Euch schon längst gekannt, geehrt, geliebt,
So weit sein edles Herz Euch lieben durfte;
Und nimm sie, Herbert, und ich denke sie
Als Freund und König reichlich auszustatten.

Herbert: Mein hoher Herr, die königliche Gnade
Erfüllt nur meiner Sehnsucht schönsten Traum.

König: Was sagt die Witfrau denn zu meiner Bitte?

Lady Oldfield: Befehl ist, was ein König also bittet,
Es wäre undankbar, nicht zu gehorchen.
Nur werdet Ihr der Trauernden vergönnen
Ein züchtig Jahr, vor Leumund sie zu wahren.

König: Doch tretet ein zu meiner Königin,
In ihrer Gegenwart euch zu verloben.

Sie gehn ab.

 


 


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