Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Sechste Szene

Saal.

Die Dienerschaft.

Friedrich: In dem fremden welschen Knecht steckt ein Kobold, das sag ich. Wie hat er uns alle zugerichtet!

Heinz: Uns alles vor der Nase weggenommen! Und ich hatte, unter uns gesagt, auf die Preise schon Schulden gemacht.

Friedrich: Der dir aber etwas darauf geborgt hat, muß ein noch größerer Narr gewesen sein, als du selbst.

Heinz: Warum denn? das Glück findet ja wohl auch bei unsereinem einmal eine Tür offen.

Timotheus: Aber was soll ich erst klagen und sagen? Hatte ich nicht schon den ersten Preis, war mein gnädiger Herzog nicht selbst von meinem Reiten eingenommen? Beate, die Kammerfrau, winkte mir immer mit dem Schnupftuche zu, und auf einmal kommt das fremde Meerwunder auf seinem Schimmel hergaloppiert, setzt an, und, mein Seel, rennt mich auch mir nichts dir nichts so in den Sand hinein, daß ich noch immer einige Klöße kauen und schlucken muß; dabei tun mir die Ribben so erbärmlich weh, daß ich mich in vier Wochen auf kein Pferd getraue.

Heinz: Ist es denn ein Wunder? Hat ihm unser Graf nicht das schöne Tier, gleich so wie er ankömmt, geschenkt? dem hergelaufnen Landstreicher? Das Vieh ist so stark und hitzig, daß kein ander Roß dagegen bestehen kann; glaubt mir nur, der Gaul hat den Preis gewonnen, und nicht der Gelbschnabel.

Friedrich: Und wir, die wir zehn Jahr und länger im Dienst des Herrn sind, was kriegen wir? Man meinte wohl, die Stadt ginge zugrunde, wenn man uns einmal ein gutes Pferd zukommen ließe. Da heißt es immer: Du kannst doch nicht reiten; es paßt für dich nicht! so kriegen wir alte Mähren, die wir gleich darauf in die Sandkarren liefern können. Aber der junge Herr, mit den vielen bunten Bändern, mit den glücklichen Linamenten, wie sie's nennen, der muß einen spanischen Hengst reiten, er möchte sonst unrichtig in die Wochen kommen.

Jäger: Und meinen besten Hund, den dressierten, prächtigen Solofänger, meinen Mordax, hab ich ihm auch geben müssen. Ist es doch nicht anders, als hätte unser Graf einen zweiten gnädigen Herrn aus der See aufgefischt, der uns alle schikanieren soll.

Koch: Ich sage euch, Leute, mit dem jungen Blut hat's eine eigne Bewandtnis, seine Frau Mutter muß eine Sirene, oder ein solches Meergetier sein, denn er mag gar keine Fische essen. Hab ich dem Butterkopf nicht neulich, da er sich so malade anstellte, einen eignen Braten anrichten müssen? Ich hätte ihm den Bratenwender im Bauch mögen aufstellen und abschnurren lassen, so hat mir das Ding vor den Kopf gestoßen. Ei so friß du Kapaunen, daß sie dir aus dem Halse wieder herausworgen.

Kellermeister: Was sagt ihr aber dazu? Klarett muß ich dem jungen Hirngespinst zu trinken geben, sie sagen, er könne unser schweres Bier nicht vertragen. Letzt soff er Malvasier auf Befehl unsers Herrn. Gebt acht, das illyrische Morlackengesicht ist noch ein Hurkind von unserm gnädigen Herrn.

Koch: Wo denkst du hin? Bist du schon am frühen Tage betrunken? Unser Herr Graf ist ja nur ein paar Jahr älter.

Kellermeister: Mag's sein, wie's will, kurzum, er säuft Klarett, wie ich mir manchmal kaum getraue.

Timotheus: Schade was um alles andre, wenn er uns nicht allen die Reputation genommen hätte! das lumpige Band, das ich nun nur gewonnen habe: ich mag's kaum ansehn.

Heinz: Aber Rupert, warum bist du denn so ganz still? Ist es dir denn nicht verdrüßlich, daß ein Kamerad von uns so den Herrn über uns spielt?

Rupert: Was hilft's? der Herr ist ihm einmal gewogen; ist es doch, als wenn er ihm das Herz gestohlen hätte. Da ist nun nichts zu machen.

Koch: Mit dem großen Kochlöffel fahr ich ihm in den Hals, so gewiß ich Barnabas heiße!

Kellermeister: Hätt ich ihn nur einmal so allein im Keller, ein bißchen betrunken müßt er schon sein und herumtorkeln, ich verspundte ihn in das große Oxhoftfaß und rollte ihn hernach in den Fluß, daß er seiner gnädigen Mama wieder zuschwimmen könnte.

Stallmeister: Wenn der Schimmel dächte wie ich, so höbe er einmal die beiden Hinterfüße etwas höher, als nötig ist, und gäbe ihm, wenn er ihn eben so zierlich streicheln und tätscheln will, einen unvermuteten Hufschlag über die Stelle weg, wo der Mensch gewöhnlich das Angesicht trägt, daß er gewiß das Aufstehn vergessen sollte.

Jäger: Den Sauspieß müßte man ihm in die Eingeweide stoßen!

Rupert: Ihr schwadroniert wie die Narren und werdet ihm alle kein Haar krümmen. Mit Verstand wäre hier nur etwas auszurichten, und der fehlt euch allen.

Heinz: Nicht wahr, du hörst immer das Gras wachsen?

Friedrich: Ja, das ist der alte Heimchengreifer, der kluge Hinterdrein, der alles vorhergesehn hat, wenn's vorbei ist.

Timotheus: So laßt ihn aber doch reden, wenn er vielleicht einen gescheiten Einfall hat.

Rupert: Was würdet ihr nun zum Exempel drum geben, wenn der Gelbschnabel so still von selbst abmarschierte, und daß auf keinen von uns die Schuld fiele?

Heinz: Das ist unmöglich, auch tut er's nicht, denn er sitzt hier zu warm.

Friedrich: Hab und Gut gäb ich drum, den letzten Rock vom Leibe.

Rupert: Was der Esel schwatzt. Ihr seid sechs, schießt ihr zwölf Krontaler zusammen, so sollt ihr ihn in etlichen Tagen los sein. Aber das Geld muß ich haben, denn ich kann's nicht dranwenden.

Friedrich: Zwei Krontaler? das ist aber auch ein bißchen viel! Macht fast einen Dukaten.

Timotheus: Topp! Hier ist mein Beitrag; mich geht der Handel zwar nichts an, weil ich hier fremd bin, aber ich tu's gern, um den Windbeutel fortzuschaffen. Nun habt Ihr also vierzehn, wenn Eure Kameraden das Geld zahlen wollen.

Alle: Gern, gern, guter Rupert.

Koch: Aber mach's gescheit, daß wir nicht in des Teufels Küche kommen. Kommt herunter zu mir, ich habe nichts bei mir, da wollen wir alle aufzählen.

Gehn ab.

 


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