Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Dritte Szene

Spaziergang.

Andalosia verkleidet, einen Korb vor sich, der ihm von der Schulter hängt.

Andalosia: So bin ich denn mühselig hergewandert
Und laure, bis die Rache mir gelingt
Und die Erstattung des geraubten Guts.
Hat die Verräterin des Hutes Kraft
Entdeckt durch Zufall, darf ich wenig hoffen:
Kauft doch schön Äpfel! Äpfel von Damaskus!

Agrippina von Herbert geführt, Margarethe.

Agrippina:

Was ruft der Mann?

Herbert:                   Es scheinen Äpfel. Freund,
Woher des Lands? Wie nennt Ihr diese Frucht?

Andalosia: Weither, Ihr Gnad, aus tiefem Eck von Asia,
Und reis die Welt umher die Quer und Kreuz,
Sonst ist mein Handel nach Konstantinopel,
Kairo, Alexandria, wo die Sultan,
Die schöne Dam' in der Seraglio sein,
Komm diesmal erstemal ins Europa,
Die paar von Äpfeln sein mir übrig noch.

Herbert: Was gilt der Rest?

Andalosia:                             Rest, sagt's? Ho, ho! sein kostbar,
Das Stück zehn unbeschnittene Guinees.

Herbert: Du bist von Sinnen, Freund!

Andalosia:                                             Gar bei Verstand,
Dann dieses sein nicht Äpfel, um zu braten,
Gebackne Pflaumen draus zu machen, Mus;
Aus dies'n, gegessen, wird Schönheit und Witz,
Will sagen, wenn ein Dam', ein Mann dreinbeißt,
Wird s' rot und weiß, formiert anmutig, und
Der Geist kriegt auch gleich neue Politur.
Die Ding werd' nur mit Hals- und Lebensgefahr
Aus einem Zaubergarten abgebrochen,
Wird man erwischt, geht gleich der Kragen drauf.

Theodor und Lady Dorothea kommen, Dietrich.

Lady Dorothea: Ist das der Fremde?

Agrippina:                                             Sieh da, liebe Freundin,
Der Mann hat Wunderäpfel zu Verkauf,
Die schön uns machen und den Witz beleben,
Und doch nur zehn Guineen für das Stück. –
Komm nachher zu mir, denn ich will dich sprechen.

Geht ab mit Margarethe und Herbert.

Theodor: Torheiten, sag ich, und erzdummes Zeug,
Und wär's der Original-Apfel aus der Fibel,
Von dem der Affe fraß in meiner Kindheit,
So gäb ich nicht so viel des Goldes drum.

Lady Dorothea: Ich will, hört Ihr? die eine dieser Früchte!
Es winkt mir die Prinzeß, ich geh zu ihr. Geht ab.

Margarethe kömmt zurück.

Margarethe: Hier, mein Herr Mameluck, sind zwanzig Goldstück,
Für zwei von diesen Äpfeln: wollte Gott,
Ich hätte so viel übrig für die letzten,
Um so was auch auf meinen Leib zu wenden!
Gebt Ihr nicht einen zu, Herr Sozinianer?

Andalosia: Nichts da! Man hätte freilich Gotteslohn,
Dem alten Antlitz mit 'nem halben Apfel,
Mit einem Schnittchen untern Arm zu greifen.

Margarethe: So schlimm steht's auch noch nicht, Herr Afrikaner,
Hier sind Gesichter Mode, so wie meins.
Da ist Sein Geld, die beiden Äpfel her! Ab.

Theodor: Nun sagt mal: ist es Ernst denn, oder Spaß?
Wenn ich das Ding hier in den Mund mir täte,
So kriegte mein Gesicht andre Statur?

Andalosia: Gewiß.

Theodor:                 Und mein Verstand, zwar klag ich nicht,
Der würde auch sogleich wie neugegossen?

Andalosia: Wer zweifelt daran?

Theodor:                                       Wär's denn auch wohl möglich,
Daß so ein Ding, (wie sag ich doch nun gleich?)
Mir dies verdammte Stottern hintertriebe?

Andalosia: Was ist das, Schnottern?

Theodor: O Gimpel! Stottern heißt es, und nicht Schnottern!
Es ist das Stammeln – das – nun, merkt Ihr nichts?
Wenn ich in Zorn gerate, etwas eifre,
Daß denn die Wort – wie jetzt – so holterpolter
Zusammenrasseln, stetig werden, von
Der Stelle nicht mehr wollen, daß mir dann
Im Hals was pfeift und haspelt, in der Kehle
Was schluckt und gurrt, in Zähnen etwas knistert,
Was nur, das mag der Teufel selbst nicht wissen.

Andalosia: Versteh gleichsam, liegt in der Seele selbst,
Und dafür kann kein Äpfelessen helfen,
Sonst könnt davon ein Pferd auch reden lernen,
Das Wiehern, Eselschrein geht auch beinah
Nach dieser nämlichen Deklination.

Theodor: Hast du selbst von den Äpfeln schon gefressen?

Andalosia: Zu kostbar Gut für mich, zu teures Futter.

Theodor: Tätst gut daran, daß besser Aushängschild
Dein Schnauzgesicht für deine Ware würde,
Denn guter Wein verdient auch guten Kranz.

Andalosia: Braucht nichts zu kaufen, Herr, ich werde doch
Die Äpfel los an höflichere Leute.

Theodor: Ich will den haben! Nimm die acht Goldstücke!

Andalosia: Ich kann und will nicht unter zehn, und Euch
Auch nicht für zwanzig.

Theodor:                               O du F – F Flaps!
Du Grobian! Maulaffe! nimm das Geld,
Sonst soll – das schwör ich! – sieh – ich brech dir gleich
Den Hals!

Andalosia: Laßt los!

Sie ringen mit einander.

Dietrich nimmt einen Apfel und läuft fort:
                                Das war gefunden Fressen!

Theodor: Nun also; – doch, wo ist der zweite Apfel?

Andalosia: Weiß nicht, ich armer Mann!

Theodor:                                                     Ich habe meinen,
Und du dein Geld, leb wohl, du Marokkaner. Ab.

Andalosia: Viel Glück ihr all zu euerem Erwerb!
Nun geh ich, werfe die Verkleidung ab,
Und lausch in neuer Mask auf den Erfolg. Geht ab.

 


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