Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Vierte Szene

Wald.

Graf Limosin, ein Jäger.

Limosin: Wo sind die jungen Grafen?

Jäger:                                                     Einer nur,
Herr Ampedo, sitzt dort im Försterhäuschen.

Limosin: So jagt er nicht?

Jäger:                                   Er schaut nur zu von fern,
Wie wir das Wild erlegen, schläft auch wohl
Noch dabei ein: oft wieder ist er bei uns
Im dicksten Wald, eh wir es uns versehn,
Kein Mensch kann sagen wie, woher, und wieder
Auf und davon, als ob er fliegen könnte.

Limosin: Da geht er, wie es scheint, sehr mißvergnügt.

Ampedo kömmt.

Ampedo: Noch immer nicht! – Wo er nur bleiben mag?

Limosin: Mein lieber Neffe –

Ampedo:                                   Schönen guten Tag –
Entweder kann der Tor das Wort nicht finden –

Limosin: Ich höre, Euer Bruder –

Ampedo:                                           Schönen Dank! –
Vielleicht auch rutscht er schief die Welt hinein –

Limosin: Ist er nicht mit Euch?

Ampedo:                                     Nicht doch, wie Ihr seht –
Wenn er den Hut – wenn er den Hut verlöre!
Er kömmt nicht, und es fängt zu dunkeln an.

Limosin: Was ist es, was Euch so betrüben mag?

Ampedo: Gar nichts – mein Bruder nur. – Vielleicht,
Da ihm der Zauberhut noch nicht gewohnt,
Läßt er ihn unterweges fallen, schlägt
Wohl stätisch aus, wie falsche Mären tun,
Bockt mit ihm, läßt sich hartgemault nicht lenken,
Da liegt denn, wer weiß wo, Herr Andalosia.

Limosin: Ihr seid bekümmert –

Ampedo:                                     Nein! – Doch kennt der Hut
Hieher ja alle Weg und Steg, hat oft
Den Ritt gemacht, muß sich im Finstern finden.

Limosin: Ich spräche herzlich gern den edlen Bruder,
Ich dacht ihn hier in Eurer Hut zu finden.

Ampedo: In meinem Hut? Was wißt Ihr denn vom Hut?
Ihr denkt wohl gar – mein Himmel, das sind Fabeln,
Er muß auf seinen simpeln Beinen kommen,
Was andern recht, das mag ihm billig sein,
Man wird ihm keine Butter daran legen.

Limosin: Ihm keine Butter? Ich versteh Euch nicht.

Ampedo: Gleichviel – man spricht nicht immer des Verstehns halb;
Soll's nicht Gespräche geben dürfen, Ohm,
Die nur – versteht mich – wie man sagen möchte
So gleichsam bloß um Willen ihrer selbst
Ein klein Geräusch mit Worten machen wollen,
Pur aus Geselligkeit, so Hausmannskost
Still vorgesetzt, Nachtisch vielmehr mit Nüssen.

Limosin: Ihr seid so spaßhaft, doch ein ernst Geschäft
Führt mich, mit Andalosia abzuschließen
In Eil hieher.

Ampedo:             Wohl Geldgeschäfte, Herr?

Limosin: Vielleicht.

Ampedo:                   So klagt nicht, wenn er außen bleibt,
Er ist so arm wie Kirchenratzen sind.

Daniel kömmt.

Daniel: Der junge Herr gab mir für Euch den Zettel.

Ampedo: Wo steckt er denn?

Daniel:                                     Da fragt Ihr mich zu viel,
Kein Menschenaug hat ihn seitdem gesehn.

Ampedo liest:
O weh! – in alle Welt! Ich werde schwach! –
»Mit beiden nur siehst du mich wieder, Bruder.« –
Mein Hut! Mein Hut! Mein Hut!

Limosin:                                             Was ist Euch denn?
Ihr habt ihn ja dahier auf Eurem Kopf.

Daniel: Ja, Herr, er sitzt recht fest auf beiden Ohren.

Ampedo: Das hätt ich dir, dir das nicht zugetraut!
So treulos, gegen Wort und Abredung!
Statt nach dem Wald zu gehn – in weite Welt!

Limosin: So ist er fort? Wohin? Und wie so schnell?

Ampedo: Ihr hört es ja; –

Limosin:                             Holt ihn im Hafen ein.

Ampedo: Ach, Ihr versteht das Ding nicht – er ist fort!
O kommt zurück, ich weiß nicht was ich spreche.

Limosin: So faßt Euch nur, Ihr habt so manche Woche
Ihn ja bisher entbehrt; was ist's denn weiter?
Verdrüßlich! daß nun mein Geschäft muß ruhn.

Ampedo: Ihr wißt, Ihr wißt ja nicht – ich will nur schweigen,
Denn man sagt leicht zu viel in Schreck und Hitze,
Und wohl erinnr' ich mich des Vaters Lehre.

Sie gehn.

 


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