Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Zweite Szene

Marktplatz.

Volk, von allen Ständen und Altern, Diener um Weinfässer, die allen zu trinken geben, aufgehäufte Speisen, alles im Jubel.

Erster Mann: Habt ihr sie wegreiten sehn, die Herren? Unsern gnädigsten König, und den jungen, lieben, freigebigen, prächtigen Andalosia?

Zweiter Mann: Ja wohl, das war ein Zug! Die Pferde, die Decken, die Kleider, die Diener! Man kann durch die Welt reisen, und sieht so was nicht wieder.

Dritter Mann: Unser König kömmt doch nicht gegen den Andalosia, der ist doch die wahre ausgefütterte gediegene Pracht, selber nach Fleischergewicht, und ohne alle Beilage.

Zweiter Mann: Was der wieder schwatzt! Sein Bruder, der Duckmäuser Ampedo, der ist wie seine Beilage anzusehn.

Erster Mann: Auf den laß ich nichts kommen; das ist ein guter, lieber, stiller Herr, der kein Wasser trübt und kein Kind beleidigt. Auch wohltätig gegen die Armen.

Zweiter Mann: Hat sich was von Wohltat: führt nicht der alte Spitzbube, der Daniel, Kasse und Rechnung; der möchte lieber noch von den Armen nehmen, als ihnen geben.

Vierter: Scheltet mir den Daniel nicht; es ist wahr, er ist ein Halunke, aber er sieht bei Gelegenheit doch auch durch die Finger.

Zweiter: Gelt, bei deinen Lieferungen? Du nimmst die Hälfte zuviel, der Herr muß das vierfache bezahlen, und du quittierst nachher alles in allem.

Vierter: Wenn ich nicht mehr bedächte – es ist nur, daß es heut einen Festtag vorstellen soll – und es schickte sich nicht, wenn die neue Königin so in unsre Prügelei hineinritte –

Erster: Narren allzusammen, seid ruhig und vergnügt darüber, daß wir so reiche Herren in unsrer Stadt haben, die brav aufgehn lassen und die Rechnungen des Bürgers nicht so genau durchsehn. Seht, da kommt der liebe Herr Ampedo aus dem Palast.

Ampedo tritt auf.

Viele laut rufend: Es lebe der Herr Ampedo! Hoch!

Andre: Und der Herr Andalosia!

Ampedo: Was gibt's? Was soll denn dies Geschrei, ihr Freunde?

Dritter: O gnädger Herr, soll sich das Volk nicht freun?
Hat Euer teurer goldener Herr Bruder
Der Stadtgemeinde nicht ein ganzes Schiff
Von Malvasier und andern edlen Weinen
Geschenkt? Daß nun die lieben durstgen Seelen
Das kostbare Gewächs wie Wasser saufen?
Sind drüber nicht schon jetzt am frühen Tage
Betrunken viele, daß sie dort die Sonne
Für Vollmond halten? Speist er nicht mit Kuchen,
Geflügel und Konfekt, Trüffelpasteten,
Hier den gemeinsten wie den reichsten Bürger?

Ampedo: O ja, ich weiß, mein Bruder ist ein Narr.

Ein Betrunkener taumelt heran.

Betrunkener: Narr? Andalosia? Gotts Sakrament
Den hau ich ja – ja so, Ihr seid's, Herr Ampel,
Das ist Eu'r Glück, sonst solltet Ihr mal sehn,
Wie Euch der Kopf in Scherben sollte fliegen.

Zweiter: Hat er nicht alle Armut heut gekleidet,
Und reich beschenkt, damit die Königin
Nur Freude säh in unsrer ganzen Stadt?
Hat er nicht auf dem Weg, den sie soll reiten,
Auf mehr als tausend Schritt die Purpurdecken
Von Samt gebreitet, die er dann dem Volk
Preisgeben will? Habt ihr die Bühnen nicht
Gesehn, die Gold und Seide glänzen, wo
Turnier und Stechen wird gehalten werden,
Umhängt mit Silberzindel?

Alle:                                           Darum hoch!
Herr Andalosia hoch und Ampedo!

Ampedo: Nicht wahr, wenn ihr euch an mich machen dürftet,
Die Kehle ab mir schneiden und euch dann
In alle meine Kostbarkeiten teilen,
Ihr würdet froher noch und lauter brüllen?

Zweiter Betrunkener: Ja, hol mich, Herr, da sprecht Ihr reine Wahrheit.
Ei, Satan! woher habt Ihr diesen schönen
Und ausgeschält ausbündigen Gedanken?

Erster Betrunkener: Wofür sieht uns Herr Ampedo denn an?
Für Meuchelmörder? Wie darf er uns denn
Die Reden bieten? – Warum räsonieren
Auf unsern Andalosia? Der mehr
Als Cäsar ist und Alexander magnus?
Was schimpft er denn auf unsern Ampedo?
Was geht's ihn an, daß der ein Gimpel ist?
Herr, in drei Teufels Namen, er muß wissen –

Ampedo: Ich gehe schon, mein guter edler Freund. Geht ab.

Erster Bürger: Das säuft sich um Verstand und Aug und Ohr.

Trompeter.

Alle: Sie kommen! ha! sie kommen! laßt uns gehn!
Bis vor das Tor zum mindesten entgegen!
Das klingt ins Herz! Und horch! die Glocken läuten!

Erster Mann: Nun, Brüder, Freunde, haltet euch gerade.
Respekt nun vor der hohen Herrschaft! Hört,
Um Gottes willen torkelt nicht! Hübsch ehrbar!
Betragt euch edel, menschlich, nicht wie Säue,
Sonst leidet die Reputation der Stadt.

Volk: Entgegen! Hoch! Die Köngin lebe! Hoch!

Alle mit Jauchzen und Getümmel ab.

 


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