Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Dritter Akt

Erste Szene

Palast.

König, Agrippina.

Agrippina: Nie, lieber Vater, geb ich aus den Händen
Das wieder, was mein Eigentum geworden,
Was mein nur mit Gefahr des Lebens ward;
Bedenkt, wenn damals doch der Tor erwachte,
Wie ständ es dann um Euer Kind?

König:                                                     Allein
Das Wohl des Landes, meines ganzen Volks!
Kannst du mir nicht auf wenge Tage nur
Den Säckel für das allgemeine Beste
Vertrauen? Denk doch, was in alten Zeiten
Wohl andre Ding fürs Vaterland geschahn.

Agrippina: So spracht Ihr neulich auch, ich kenne das.

König: Doch nur auf wenge Stunden.

Agrippina:                                             Künftgen Monat,
Doch jetzt muß ich allein mich dran ergötzen
Für meine Angst, für jenes Wunder, das
Ich mir nie zu erklären weiß, das ich
Für Traum erklärte, wären mir die Steine
Als Unterpfand der Wahrheit nicht geblieben.

König: Über dem menschlichen Begreifen ist's!
Im Grunde auch der Säckel; nur daß man
Schon diesen mehr gewohnt ist: ebenfalls,
Wie Andalosia zu ihm gekommen,
Wo dieser Mensch geblieben; kurz, mein Kind,
Sieht man mit einiger Philosophie
In dieses bunte höchst verworrne Leben,
So müssen wir gestehn: es gibt viel Dinge,
Die man zeitlebens nicht begreifen kann.

Agrippina: Da kommt Herr Reymund, Ihr erlaubt mir wohl
Davonzugehn; was der Mann unternimmt
Ist mir am allermeisten unbegreiflich,
Laßt Euch die Kunst das Gold zu machen lehren,
Nur etwas Eifer mehr, braucht Ihr mich nicht.

König: Du spottest ohne Not, das ist ein Geist,
Der hoch erhaben über allen steht.

Agrippina ab, Reymund tritt ein.

Reymund: Seid Ihr schon heut beim großen Werk gewesen?

König: Es will nicht fördern, denn der Weg scheint weit;
Kann man auf keinem Fußsteig hingelangen?

Reymund: Ihr seid zu weltlich auf Besitz erpicht,
Das hindert mehr als alles. Zwar es gibt
Auch Wünschelruten, wenn man sie nur fände,
Die uns die unterirdschen Schätze zeigen,
Uns sagt auch die Magie von einer Kunst,
Die Geister rufen kann, und dienstbar machen,
Daß sie uns Schätze fern aus Indien,
Aus afrikanschen Wüsten liefern müssen,
Doch grenzt dies Tun schon an verbotnes Wesen,
Auch ist es minder glorreich und erhaben
Als jenes Wissen, dem wir uns geweiht.

König: Ganz gut, mein Freund, allein Ihr wißt ja selbst
Wie umständlich.

Reymund:                   Die Kunst ist Zweck der Kunst,
Ihr Streben ist ihr Höchstes.

König:                                           Wie man's nimmt:
Wär's denn nicht möglich, seht, etwa zu finden
Und auszumitteln einen Zauberstab,
Der mir, sowie ich da- und dorthin rühre,
Des Goldes Fülle plötzlich schüttete?
Noch besser, eine Tasche auszuwirken,
Die mir, wie ich hinein nur greife, stets
Und unerschöpft die goldnen Münzen liefert.

Reymund: Mein König, dies ist völlig widersinnig,
Dergleichen gibt's nicht, hat's noch nie gegeben;
Es führt die Einbildung, einmal entfremdet
Dem Himmlischen, zu Fabel und Schimäre;
Der Trieb des Habens schärft sich immer mehr,
Und die Begier, mit unsern Träumen buhlend,
Erzeugt dann Ungeheur und Mißgeburten.

König: Ihr redet, Herr Adept, wie Ihr's versteht;
Das gäb es nicht? ha, käm Euch nur der Glaube
So in die Hand, wie mir es ist geschehn,
Wie wir's noch haben – doch, ich schweige still.
Kommt denn zum Ofen, wo durch Wind und Blasen
Das Wunder, meint Ihr, soll gefördert werden.

Gehn ab.

 


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