Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Siebente Szene

Refektorium.

Ambrosius, Placidus, Marcus, andre Mönche, welche trinken.

Placidus: Auf die Gesundheit unsers Wohltäters!

Ambrosius: Ein wackrer, edler Herr.

Marcus: Dies edle Getränk haben wir lange nicht über die Zunge gebracht, diese liebliche Gabe des Himmels.

Ambrosius: Und wie freundlich unser Herr Abt geworden ist, daß er es uns Armen auch gönnt.

Placidus: Nun, Brüder, laßt uns einmal wie Menschen leben, stimmt alle mit mir aus voller Kehle das herrliche Lied an: mihi est propositum.

Marcus: Sacht, Bruder, das Ding laßt hier bleiben, wenn Euch der weltliche Hafer wieder sticht, werdet Ihr sehn –

Placidus: Nun? Was könnte mir denn geschehn? An einen noch schlimmern Ort wüßte mich doch zur Strafe kein Mensch hinzubringen.

Ambrosius: Laßt's gut sein, wenn Euer letzter Konvent nicht unten das Gefängnis sein soll. Hütet Euch, ein solcher stiller Einsiedler zu werden.

Placidus: Wo ich doch wenigstens singen dürfte.

Der Abt kömmt mit Gefolge.

Abt: Um Gottes willen, Freunde, wo ist der Pater Pförtner?

Marcus: Hier, gnädiger Herr Abt. Was soll's?

Abt: Die beiden fremden Herrn sind noch aus den unglücklichen Höhlen nicht heraus, wir rufen hinein, alles schreit, keine Antwort; wenn sie umgekommen sind, wenn sie in unterirdische Gruben fallen, heiliger Gott, wie entsetzlich! drum, Bruder Marcus, geht, eilt zu dem Manne, der im vorigen Jahr diese unterirdischen Löcher ausmessen wollte und sich so weit hineingewagt hat, er weiß dort noch am meisten Bescheid, vielleicht findet er sie noch wieder; von uns getraut sich kein Mensch hinein.

Marcus: Ich hole ihn, er muß Seile und Lichter mitnehmen. Geht ab.

Abt: Schon so lange sind sie drin! Niemand kömmt mehr zu uns, den heiligen Ort zu besuchen, wenn ein so erschreckliches Unglück uns begegnen sollte. Und gerade ein so vornehmer, reicher, edler Herr! Ich mag es nicht denken, so fürchterlich. Kommt, kommt, Brüder, alle zum Gebet und glücklichen Ausgang in die Kirche.

Alle gehn ab.

 


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