Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Fünfte Szene

Platz in Angers.

Fortunat, in prächtigen Kleidern; Diener, die ihn begleiten.

Fortunat: Entronnen war ich glücklich dem Verderben,
Nun gilt's, den Kopf nicht wieder zu verlieren.
Seh ich so viele doch mit Geld und Gut,
Vornehmen Stands, die ohne Anstrengung
In Sicherheit und Freude leben können:
Auch hat mir das bei Fürsten wohlgefallen,
Daß sie den Kanzler, einen alten Rat,
Der Jahr', Erfahrung, Kenntnis hat und Witz,
Für sich regieren lassen, und in jedem Fall,
Sei er auch dringend und gefährlich immer,
Den besten Rat, die sichre Hülfe finden.
Da trat zu unsrer Tafel gestern ein
Ein Mann gesetzten Alters, der uns bat
Ihm beizusteuern, daß zum Vaterland
Er wiederkehren könne; viel gewandert
Ist er im Orient, durch ganz Europa,
Hat vielerlei erlebt, vielleicht daß er
Mein Rat, mein Helfer wird auf meinen Reisen. –
Sprachst du da jenen Herrn aus Irland? he!

Diener: Er wird in kurzem, gnädger Herr, erscheinen.

Fortunat: Bleib einer hier, wenn der Irländer kömmt,
Daß er ein wenig warte, ich indes
Will jetzt das neue Roß zur Probe reiten.

Ab mit Gefolge.

Der Graf vom Walde tritt auf. Ritter Balthasar.

Graf: Ja, Ritter Balthasar, mein gnädger Herr
Der Herzog hat nach Euch gefragt, gerühmt
Eu'r tapfres Tun, er wird Euch gern befördern,
Wenn wieder Krieg entsteht.

Ritter:                                             Viel Dank, Herr Graf,
Daß Ihr Euch so bemüht. Ihr macht ihm Ehre
Und ziehet diesesmal gar prächtig auf.

Graf: Ja, Bruder, das ist wunderlich gekommen.
Ich war in Not, mehr als in meinem Leben,
Da schickte mir der Himmel unverhofft
Zur rechten Zeit sechshundert Rosenobel,
Nicht aufgeborgt, die ich guten Gewissens
Verzehren darf, und gnädig wird's vermerkt
Vom Herzog, der es mir wohl mal gedenkt.
Sagt doch, kennt Ihr den fremden jungen Herrn,
Der prächtger aufzieht hier, wie einer sonst?

Ritter: Man sagt, er sei ein italienscher Graf.
Da kömmt er wieder her mit dem Gefolge.

Fortunat mit seinem Gefolge.

Graf: Verzeiht mir, edler Herr, die dreiste Frage,
Ich höre, daß Ihr aus Italien seid,
Vielleicht habt Ihr von einem Umfrevile
Gehört, der in Turin gefangen saß,
Und der sich klug aus seinen Eisen brach,
Auf sonderbare Art entfloh; ich kenn ihn,
Und wüßte gern, was nun aus ihm geworden.

Fortunat: Gern dient ich meinem Herrn mit sichrer Nachricht,
Allein ich bin seit lange schon aus Welschland
Und komme kürzlich nur von Irland her.

Graf: Vergebt der Neugier, ich empfehl mich Euch.

Fortunat: Mein Stolz, wenn ich Euch irgend dienen könnte.

Graf und Ritter gehn ab.

Matthias tritt auf.

Matthias: Nichts also, mein gnädiger Herr, von meiner Ware Euch anständig?

Fortunat: Ich bin versorgt mit Rossen, mein Guter; auch scheint's, Ihr habt die besten verkauft, denn die Euch noch übriggeblieben, sind nicht sonderlich.

Matthias: Im Grunde wahr, Herr Graf: o ich hatte drei Hengste von arabischer Zucht, die hätt ich solchem edlen Herrn präsentieren mögen, aber die hab ich leider unter dem Preise an einen filzigen Großtuer losschlagen müssen, der mir zwar nichts helfen, doch gewiß viel schaden könnte. Ein andermal, gnädigster Herr Graf, nicht?

Fortunat: Es wird sich finden. Matthias ab. Keiner kennt mich und ich bin nun dreist geworden; am ersten Tage setzten mich diese Gesichter in Verlegenheit. Da ist auch noch der Bursche aus der Schenke, der immer um mich herstreicht und mich allenthalben aufsucht.

Daniel kömmt.

Daniel: Nehmt's nicht übel, Gnaden, seid Ihr's, oder seid Ihr's nicht?

Fortunat: Wer soll ich denn sein, törichter Mensch.

Daniel: Je, natürlich, seid Ihr's! Nun, das freut mich, daß ich Euch gefunden habe.

Fortunat: Ich kenne dich nicht, Bursch. Wer bist du denn?

Daniel: Je, Ihr wißt's ja, Ihr seid ja der Malefikant, der damals bei uns war, der mich in seine Dienste genommen hatte und nachher ins Gefängnis kam.

Fortunat: Unverschämter! gleich werd ich deiner groben Zunge Einhalt tun lassen!

Daniel: Nehmt's nicht übel, gnädger Herr, Ihr habt im Grunde recht, und ich habe es auch schon gedacht, daß Ihr es nicht sein könnt, denn dem armen Schelm haben sie ja alles bis auf den letzten Pfennig abgenommen; Ihr müßtet ja ein Hexenmeister sein, wenn Ihr mit einem Male wieder so reich sein solltet: aber nehmt mich in Eure Dienste, bester, edelster Herr; seht, ich habe damals auch für Euch vorgebeten, als Ihr so in Not wart, Ihr wißt ja wohl.

Fortunat: Ich glaube, der Mensch ist unsinnig.

Daniel: O nichts für ungut, mein Herr Graf, daß ich immer wieder in die Dummheit verfalle, aber wahrhaftig, es gibt so Ähnlichkeiten, Ihr solltet den andern guten Menschen nur selber sehn, und Ihr würdet Euch mit ihm verwechseln.

Fortunat: So bleibe, du wunderlicher Gesell, in meinem Gefolge; aber ich gebiete dir bei meinem Zorn, laß diese albernen Reden. Nehm einer von euch ihn mit, und gebt ihm die Livree.

Daniel: Ha ha! Herr Wirt! Ist's nun nicht gekommen, wie ich sagte, alter Hasenfuß?

Geht mit einigen ab.

Leopold kömmt.

Leopold: Ihr habt mich sprechen wollen, gnädger Herr?

Fortunat: Ihr seid ein vielgereister Mann, mein Herr,
Ihr kennt, so scheint's, die Länder, ihre Sitten,
Die Sprachen, habt wohl manches überstanden,
Und wißt Euch drum in Fährlichkeit zu finden;
Da nun mein Sinn zu fremden Ländern steht,
Wünsch ich mir solchen Mann in mein Gefolge
Als Freund und Rat; nehmt Ihr den Vorschlag an,
Stehn Euch zwei Ross', zwei Diener zu Gebot;
Ihr selber sollt mein Freund, nicht Diener sein,
Auch was Ihr irgend braucht, gewähr ich Euch,
Und sind wir heimgekehrt, Gut und Vermögen,
Daß Ihr dann Euer Alter pflegen könnt.

Leopold: Dies gütge Anerbieten, gnädger Herr,
So sehr es alle Hoffnung übersteigt,
Die ich je hegen konnte, zwingt mich doch
An zweierlei Euch zu erinnern. Reisen,
So weit, wie Ihr es wünscht, mit reichem Zuge,
Macht große Kosten, mehr, als Ihr wohl denkt,
Zwar kenn ich manches Land und seine Sprache,
Doch wenn in ferner Gegend uns die Mittel
Ermangelten, dafür wüßt ich nicht Rat.

Fortunat: Deshalb seid unbesorgt, rechnet das Höchste
Was wir nur brauchen, doppelt diese Summe
Soll uns nicht fehlen. Nun der zweite Einwurf.

Leopold: Durch Hülfe gütger Herrn, vorzüglich Eure,
Bin ich ansehnlich jüngstens erst beschenkt,
Und wollt nach Irland zu den Meinigen.
Sie haben lange nicht von mir gehört,
Sie sind von Not bedrängt, so muß ich fürchten,
Wie könnt ich jetzt, der Heimat schon genähert,
Von neuem mich auf lange Zeit entfernen,
Und sie in Sorg und Kummer dort verlassen?

Fortunat: So wollen wir nach Irland erst hinüber,
Versorgen Frau und Kind und Anverwandte,
Denn fest beschlossen ist's, Ihr bleibt bei mir.
Gleich wollen wir nach Schiffen uns erkundgen,
Und lieber heute noch als morgen fahren.
Kommt, teurer Freund, um alles einzurichten.

Alle gehn ab.

 


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