Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Sechste Szene

Palast.

König. Königin. Agrippina.

König: So was ist nicht erhört! Ein Untertan,
Ein kleinlicher Privatmann, unbekannt,
Soll's Königen in Herrlichkeit zuvortun?

Königin: Begreifst du's, mein Gemahl? Wir sind beschämt,
Daß unser Hof dagegen Handwerksherberg:
Er scheint auf Gold zu wandeln, Staub ist ihm
Das glänzende Metall, er wälzt sich wohl
Im Goldesstrom, wie alte Fabeln uns
Von Drachen singen, welche Schätze hüten;
Er lacht nur, wenn man Not und Armut sagt;
So reich Bankett, so Pracht des Saals, Geschirrs,
Der Decken, Diener hab ich nie gesehn,
Er bietet uns die größten Diamanten
So zum Geschenk, wie man den Kindern wohl
Ein Zuckerküchlein gibt, die Dienerschaft
Vom Höchsten bis zum Niedrigsten herab
Kehrt reich begabt von seiner Herberg wieder,
Mit zehn Goldstücken bis zu funfzigen;
Und morgen fragt er wohl, mit seiner Art,
Der lächelnden: wie teuer Eure Krone?

König: Ich zweifle nicht mehr, er ist ein Adept.

Agrippina: Adept? Was will das sagen, teurer Vater?

König: Wonach ich tracht, ist sein, der Stein der Weisen.
Sein Gold hab ich erproben lassen, wenn
Es auch den Stempel trägt und mein Gepräge,
Fehlt ihm der Zusatz doch, den ich ihm heimlich,
Den Kurs ihm zu erleichtern, beigemischt.
O Frau und Tochter, wenn der Eingeweihte
Uns doch der Kunst auch wollte teilhaft machen!
Seit Jahren arbeit ich mit Reymund schon,
Sitz vor dem Ofen, läutr' und koch, verkläre,
Und suche die Visionen zu ertappen,
Und leer ist noch mein Beutel und bleibt leer:
Indes kommt da ein lachend Angesicht,
Unbärtig noch, vorwitzig, naseweis,
Und hat des Hermes Trismegistus Kunde,
Hat schon die Milch, das goldne Blut gesehn;
Ja, das ist für den Denker zum Verzweifeln!

Königin: Hier unsre Tochter Agrippina könnte,
Wenn sie nur möchte, ihn wohl ärmer machen
Um sein Geheimnis, er ist frech genug,
Mit Buhlerblicken und verliebten Seufzern
Sie, wo er sie nur wahrnimmt, zu verfolgen.

König: Bei meinem Zorn! –

Königin:                               Nur ruhig, mein Gemahl,
Sie ist zu klug, betören sich zu lassen,
Doch wenn man seine Torheit so benutzte –

König: Ich will nichts wissen, fahrt nicht weiter fort!

Agrippina: Er ist mir nur verächtlich und zum Lachen.

König: Wir sind nun heut zu ihm entboten worden,
Er soll sich wundern, denn ich gab Befehl
Bei Lebensstrafe ihm kein Holz zu lassen,
Nicht einen Splitter, Span ihm zu verkaufen:
Macht schnell euch fertig, mir dahin zu folgen,
Ich wünsche die Beschämung nur zu sehn,
Mit der er uns empfängt, wenn ihm sein Mahl
So lächerlicherweis vereitelt wird.

Königin: Was wird er nur sich zu entschuldgen sagen?

König: Ich muß vorerst Herrn Reymund noch befragen,
Was der zu seinem Angesichte denkt. Geht ab.

Königin: Und du, mein kluges Kind, sei nun gescheit,
Mach diesen jungen Toren törichter,
Der sich im Übermut so hoch vergißt.
Kannst du mit Blicken, Lächeln, süßer Rede,
Mit hingeworfnem halbgesprochnem Wort,
Mit stillem Wink vernünftgen Haushalt treiben,
So zweifl' ich nicht, daß du bald, unbeschadet
Der Ehr und Tugend, sein Geheimnis weißt.

Sie gehn ab.

 


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