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Die Heirat des Königs

Die Herzogin gab jeden Widerstand auf, sie folgte hier nicht sowohl dem Rate ihres Gemahls als vielmehr der eigenen Überlegung; sie gab sich nur Mühe zu erforschen, wer derjenige gewesen war, der zuerst dem Prinzen von diesem Plan gesprochen, und da erfuhr sie, daß es der Abbé Dubois gewesen sei. Von diesem Augenblick an warf sie einen Haß auf diesen Mann, den sie für treu, ihr ergeben und für einen sorglichen Erzieher gehalten hatte. Sie erkannte, daß er nur einen schädlichen Einfluß auf den Prinzen ausübe, und machte sich daran, ihn von dem jungen Manne zu entfernen. Dies war jedoch nicht so leicht. Der Prinz, unter dem Scheine, seiner Mutter gehorsam zu sein, behielt den Abbé dennoch bei sich und, da jener jetzt nichts mehr in seiner Erziehung zu sagen hatte, als Gesellschafter, als guten, gefälligen Gelegenheitsmacher, als Mann, der den Hof und alle die Winkelzüge kannte, die man hier zu gehen hatte, um zu etwas zu gelangen.

Der König war überrascht von der guten Manier, mit der Madame ihre Einwilligung zu der Heirat gab. Er ahnte nicht, was dieses Spiel vor der Welt sie kostete, aber sie war nie dazu zu bewegen, einen Schritt selbst in der Sache zu tun. Sie empfing die ihr gegebene Tochter, nicht als Tochter, sondern als Gemahlin ihres Sohnes. Nichts konnte der Kälte gleichen, mit der sie die Prinzessin behandelte. Keine Miene des Beifalls, keine wenn noch so kleine Bezeugung von Gunst und Freundlichkeit, nur die strengste Etikette, die kälteste und ausgeprägteste Hofform. Der Herzog suchte gutzumachen, was seine Gemahlin verschuldete; er war der freundlichste, zuvorkommendste Schwiegervater, und die junge Prinzessin schien sich damit auch begnügen zu wollen. Ihre Apathie, um nicht zu sagen Gleichgültigkeit, war grenzenlos. Sie ging auf diese Heirat ein, wie man eine Spielpartie bei Hofe annimmt.

Der König, dem dies alles gezeigt oder verborgen wurde, je nachdem es angenehm oder unangenehm zu sehen war, gab seine höchste Befriedigung zu erkennen. Er überschüttete Madame mit Freundlichkeit und nötigte ihr ein Geschenk auf von dreißigtausend Dukaten, die in einer kostbaren Schatulle verborgen waren, die er selbst der Herzogin überbrachte. Dem Herzog wurde eine ähnliche Erkenntlichkeitsgabe gewährt; der Prinz erhielt ein Regiment. Die Ausstattung des Fräuleins von Blois glich der einer regierenden Königstochter. –

Es ist nun auch von der Heirat des Königs zu sprechen.

Sie kam in der Tat zustande. In einer Kapelle des Versailler Schlosses wurde unter Zuziehung weniger Zeugen Ludwig XIV. der Mann der Witwe Scarron.

Von diesem Augenblick an nahm der Hof diejenige ernste Haltung an, die er bis zum Tode des Königs beibehielt, und die darin bestand, daß man alle Vergnügungen, die man genoß, mit einem Beisatz von Heuchelei und affektierter Sittenstrenge mitmachte. Der König, der nahe an fünfzig Jahre, die Frau von Maintenon, die darüber hinaus war, begünstigten diese Stimmung, nur trachtete die auf eine so seltene Art erhöhte Favoritin danach, auch öffentlich als das anerkannt zu sein, was sie im geheimen war, allein diese Hoffnung blieb unerfüllt. Trotz aller Bemühungen, trotzdem der König mehr als einmal es ihr versprochen hatte, trotzdem man sogar Geister Verstorbener heraufbeschwor, um die Angelegenheit zu betreiben, schlug sie dennoch fehl. Nichtsdestoweniger nahm Frau von Maintenon doch eine Stellung ein, die vor ihr und nach ihr keine Frau, ausgenommen die Königin, an diesem Hofe eingenommen hatte. Sie besaß ihre Gemächer dicht neben denen des Königs, sie war stets in seiner Gesellschaft, und der König arbeitete sogar in ihrem Zimmer, wo die Minister, vorher erst von ihr bestimmt und eingenommen, nach ihrem geheimen Rate handelten. Die Ordnung der Plätze war folgende: zuerst der Stuhl für den König, dann der für Frau von Maintenon, dann ein leerbleibender Stuhl, auf den sie ihr Arbeitskörbchen zu legen pflegte. Der König empfing in ihren Zimmern, wenn er Gesellschaft sah. Sie ließ die Prinzessinnen, bis zur Dauphine hinauf, zu sich kommen, ging aber selbst zu keiner; und in welchem Tone sprach sie mit diesen königlichen Kindern! Man konnte kaum die Ausdrücke einer erzürnten Wäscherin von denen der Gemahlin des Königs unterscheiden. Und sie war fast immer böser Laune. Die Prinzessinnen schlichen nur furchtsam zu der allgewaltigen Dame. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Demütigung vor ihr machte der Dauphin. Offen legte er den Widerwillen an den Tag, den diese Stiefmutter ihm einflößte. Er blieb beharrlich, trotz der wiederholten Einladungen des Königs an seinem kleinen Hoflager zu Meudon, und nie erblickte man ihn in den Gemächern der Frau von Maintenon. Diesen Haß vergalt ihm die Dame redlich. Einen gleichen Widerspruch fand sie von seiten Madames, der Herzogin. Man fürchtete, dies würde ihr die Gunst des Königs völlig entziehen, doch Ludwig wußte ganz genau, wie aufrichtig und treu ihn die Herzogin verehrte, deshalb ließ er ihr den Willen.


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