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Kapitel 270

Große Scharen finsterer Mönchsgeister. Die drei Anführer. Disputation über die Dreieinigkeit. Der Herr verliest den Schwarzen die Leviten. Judas ein Heiliger

1 Hier fragt Mich die fest neben Mir im bekannten Baumrondo sich befindende Marie, was denn nun dies bedeute und wer diese zahllos vielen schwarzen Wesen seien. Ich aber sage ihr: »Weißt du denn nicht, wie geschrieben steht: Wo das Aas ist, da auch sammeln sich die Adler! Denn diese suchen in Mir nicht, was du gesucht hast; sie wissen aber, daß Ich hier bin, aber für sie bin Ich nicht, was Ich für dich bin. Für diese bin Ich gerade das Gegenteil; Ich bin ihnen ein Widerchrist, ein Oberster aller Ketzerei; daher suchen sie Mich zu umringen und so es möglich wäre, gänzlich zu verderben. Ich wäre ihnen also ein wohlschmeckendes Aas für den bösen Magen ihres Grimmes und ihrer Herrschwut.

2 Aber es ist schon gesorgt für ihre Unterkunft; sieh' empor, und du wirst große mächtige Scharen entdecken; das sind die Friedensengel; diese werden diese schwarze Brut fangen, knebeln und binden und ihre Wut sehr abkühlen. O das ist eine böse verstockte Rotte. Diese muß erst ganz zur Ruhe gewiesen werden; bei der werden noch gar viele Jahrhunderte vonnöten sein, bis es unter ihrem Dache zu dämmern anfangen wird. Fürchte dich aber nicht, sie werden uns nicht in die Nähe zu kommen imstande sein!«

3 Sagt die Maria: »O Herr! o Vater! es werden ihrer ja von Minute zu Minute mehr; das Firmament wird schon ganz dunkel; von der irdischen Sonne ist keine Spur mehr zu gewahren und doch steigen an allen Seiten gleich unheilschwere Gewitterwolken auf. Man kann ja beinahe keine Gestalt mehr ausnehmen. Wie viele Trillionen mögen ihrer denn sein?« –

4 Sage Ich: »O was fällt dir ein! Trillionen?! Wann die ganze Erde zu Menschen umstaltet würde, so gäbe das erst kaum deine große Zahl ab. Daß hier zwar sehr viele böse Geister beisammen sind, ist allerdings wahr; aber wo sind die Trillionen, und wo ist dagegen dieser Argen ihre ungeheuer kleine Zahl von etlichen Siebzigtausend? Über ihnen aber stehen wohl über eine Million Friedensgeister, die mit diesem Gesindel in einigen Erdtagen vollends in der Ordnung sein werden. Die Friedensgeister könnten zwar auch in einem Augenblicke mit diesem Gesindel fertig werden; aber das darf wegen der Ordnung nicht geschehen, der zufolge jeder Geist, mag er gut oder böse sein, im Gebrauche seines freien Willens nicht gehemmt werden darf.

5 Es gibt viele unter diesen Geistern, die etwas besser sind als die größere Zahl, und die nur so mehr im allgemeinen Schwalle mitgerissen wurden, wie es auch bei Aufständen auf der Erde zu sein und zu geschehen pflegt, wie auch in einem aufständischen Haufen, so er aus tausend Köpfen besteht, es sicher wenigstens vierhundert darunter gibt, die durchaus keine Absicht haben, etwas Arges zu tun. – Dieser also nicht gar sehr bösgesinnten Geister wegen, da sie noch geeignet sind, irgend eine Belehrung anzunehmen, muß die Gefangennehmung der eigentlich Argen nicht auf einmal, sondern nur sukzessive geschehen und wird daher sicherlich auch für die Erdmenschen in Gestalt von Wolken, Schnee und Regen wohl einige Tage andauern. Die allerärgsten werden freilich wohl beinahe auf einmal zusammengepackt werden, aber mit den weniger Argen wird es dann schon weiliger (langsamer) vor sich gegangen werden.

6 Da sieh' hin gen Mittag! Drei Abgeordnete kommen zu uns; es sind drei alte Karmeliter. Wir werden sehen, was die von uns begehren werden. Aber das merket euch: Außer Mir, Paulus, Johannes und Petrus, die hier neben Mir stehen, darf niemand ein Wort mit ihnen verlieren, weil da noch niemand so stark ist, daß er es aushielte vor diesen; eher vor dem Satan als vor diesen, weil der Satan schon oft bitterst gewitziget wurde, diese aber nie. Sie werden sehr weise tun; aber wir haben für ihre Hacke schon einen rechten Stiel. Sie sind uns schon ganz nahe; daher heißt es sich nun zusammenfassen!«

7 In diesem Augenblicke stellen sich die drei ganz keck vor Mich hin und fragen Mich mit höhnendem Tone, wer Ich wäre; Ich aber entgegne ihnen: »Ich bin gerade das, was ihr nicht seid. Nun aber frage Ich euch, wer ihr seid, und was ihr so kecken und frechen Willens hier suchet und wollet?« – Sagen die drei: »Wie sind hier zu erforschen, welcher Religion du bist und dein ganzes Gesindel zusammen. Und somit stellen wir die Frage, ob du an einen dreieinigen Gott glaubst und an Seine alleinseligmachende, heilige, apostolische und somit katholische Kirche unter dem Oberhaupte, dem römischen Papste?«

8 Sage Ich: »Was ist das: der dreieinige Gott?« – Sagen die drei: »So du das nicht weißt, so ist es mit dir eo ipso schon gar. Weißt du denn nicht, daß Gott aus drei Personen besteht! Nämlich aus dem Vater, aus dem Sohne, und aus dem aus beiden zugleich hervorgehenden heiligen Geiste!« – Sage Ich: »O ja, das weiß Ich wohl, daß ihr solchen Glaubens seid. Ich und diese alle aber halten gerade das Gegenteil für die Wahrheit. Wir halten dafür, wie es auch ist, daß Gott nur eine einzige Person ist, welche Person aber in sich Selbst eigentlich sozusagen aus drei Göttern besteht. Tres in uno!« Schreien die drei: »Ketzer, Ketzer, Ketzer !!!« –

Am 26. Oktober 1850

9 Sage Ich: »Warum solle denn das eine Ketzerei sein? Ist ja doch der Mensch selbst, als nach dem Ebenmaße Gottes geschaffen, eine solche Dreieinigkeit in einer und derselben Person. Hat er nicht einen Leib, der da ausmachet seine äußere Form; eine Seele, die diese Form und deren Organismus belebt und endlich in der Seele einen göttlichen Geist, der der Seele gibt den Verstand, den Willen und jegliche Kraft! Würdet ihr es nicht dumm finden und die Sache als eine allerkrasseste Narrheit bezeichnen, so da herkämen drei Menschen und würden vor euch auf Leben und Tod behaupten, daß sie ganz vollkommen nur ein Mensch seien, obschon ein jeder aus ihnen eine ganz seinen Talenten entsprechende eigentümliche Verrichtung vollzöge, von welcher der Zweite und der Dritte keine besondere Kenntnis hätte und auch die Fähigkeit nicht, sie zu vollziehen in irgend einer Tat? So ihr aber eine solche Behauptung von Seite dreier bornierter Menschen als im höchsten Grade dumm finden müßtet, wie kommt es hernach, daß ihr eine solche allerschreiendste Torheit der unendlich weisen Gottheit aufbürdet? Würde euch nicht sogar das Tierreich auslachen und als Wahnsinnige aller Wahnsinnigen erklären, so ihr die Gottheit, vorausgesetzt, daß ihr an eine glaubet, des Wahnsinnes und der Torheit verdächtigen möchtet mit Worten und Lehren?

10 Wie ist es aber, so ihr saget und lehret: »Gott ist die höchste und tiefste Weisheit Selbst,« – stellet aber Seine Wesenheit unter dem Bilde des allerdicksten Wahnsinns euren Jüngern und euch selbst vor, und machet auf diese Weise aus der Gottheit ein derartiges Unding, an das wohl nur die Blindheit der Wiege glauben kann; jedem Denker muß es aber in kurzer Zeit zum barsten Ekel werden.

11 Was seid aber dann ihr? frage Ich, die ihr also eure Glaubensgenossen die Gottheit erkennen lehret, wie sie ewig nie bestanden ist und auch ewig nie bestehen wird? Sehet, gerade ihr selbst seid dadurch die ärgsten Gottesleugner! Denn der mit Feuer und Schwert einen Gott lehret, wie es nie einen Gott geben kann, und hindert gewaltsam Millionen an der rechten Erkenntnis Gottes, der ist kein Diener im Weinberge Gottes, sondern nur ein feiler Knecht Satans und hilft ihm verderben die grünen Saaten und bereiten Stoppelfelder und Wüsten, auf denen nichts denn Dornen und Disteln vorkommen.

12 Wer aus euch hat je Gott gesehen und mit Ihm gesprochen? Oder wer aus euch kann mit gutem Gewissen sagen, daß er von Gott belehrt worden ist? Ja, ihr habet wohl das Wort Gottes gelesen, habet es aber verdreht und daraus gemacht, was ihr gewollt habet, daß es dann taugete für euren unersättlichen Geldbeutel, und das ist nun eure Nacht. Judas verriet nur einmal den Herrn, weil er sich vom Satan hatte überwältigen lassen, und dieser fuhr in seinen Bauch und tötete ihn. Ich aber frage euch: Ein wie großer Heiliger ist wohl Judas euch gegenüber, die ihr Gott tagtäglich vor aller Welt hundertmal verrietet und verleugnetet? Ihr alle habet den Judas in die Hölle gesetzt, der Mich doch nur einmal verriet und bald darauf die brennendste Reue empfand; wohin solle Ich denn euch dann setzen, ihr Millionenverräter Gottes. Ihr hießet Mich einen Ketzer, wer seid denn dann ihr millionfachen Gottesverräter und Gottesleugner? Was wollet ihr hier?« –

13 Auf diese Meine Rede fangen die drei sehr zu stutzen an und keiner weiß dem anderen Bescheid zu geben. Sie betrachten Mich vom Kopfe bis zum kleinen Zehe, und kennen sich nicht aus, und wissen nicht was sie aus Mir machen sollen, denn Meine Worte kommen ihnen vor wie glühende Pfeile und sie erkennen darinnen die tiefe Weisheit.


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