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Kapitel 248

Der Herr belehrt den Peter Peter selbst über das rechte Lebensverhältnis der heiligen Liebe zu Ihm und den Menschen. Der blinden Leidenschaft »warum?« Gleichnis vom engen Pförtchen und der großen Bürde. Peter Peter und Mathilde sprechen ein Vaterunser der Liebe zum Vater

1 Der Offizier begibt sich nun schnell zu Mir hin und sagt: – »Heiligster, bester Vater! Du riefst mich und ich stehe in aller Liebe zu Dir, vor Dir, und erwarte aus Deinem heiligsten Munde Deinen hochheiligsten Willen an mich zu vernehmen.«

2 Rede Ich: »Mein lieber Peter Peter! Du mußt für's erste nicht immer heilig und allerheiligst vor Mir im Munde führen; und für's zweite mußt du dir die ganz irdisch klingende Komplimentensprache vollends abgewöhnen; denn hier, wo alle gleich sind, wo es nur einen Herrn gibt, alles andere aber vollends gleich ist, da ist jedes Kompliment eine Torheit. Der Feldwebel hat dir ganz richtig und recht die Sache und das Lebensverhältnis Meiner Himmel erörtert; aber du hast so ganz leiseweg denn doch immer etwas dagegen einzuwenden gehabt; und siehe, das ist nicht recht. – So Ich Selbst dir jemanden anempfehle, daß er dich belehre in dem, was dir noch fremd ist, so mußt du ihn bloß hören, und nach dem, was du gehört hast, dein Leben einrichten; aber so du immer mit Einwendungen kommst, und auch was anderes für recht und gut darstellst, was nach Meiner ewigen Ordnung dennoch nie vollends gut und recht sein kann, so wirst du mit dir selbst nie ins klare kommen.

3 Der Feldwebel hat dir unter anderem auch gesagt, wie die Liebe zu Mir beschaffen sein muß, so sie dir die rechten Früchte tragen solle, aber du meintest dann wieder anders; und siehe, dennoch muß es also sein, wie es der Feldwebel dir ganz einfach erklärt hat.

4 Siehe, die holde Mathilde liebst du nun ganz leidenschaftlich; Ich begreife das wohl, daß du dich solcher Liebe nun kaum erwehren kannst; aber du mußt vorderhand dennoch die Mathilde ganz aufgeben! und mußt für deinen Teil ganz Mir allein angehören so wie die Mathilde für ihren Teil; sonst könntest du samt der Mathilde nimmer in Mein Reich einziehen! –

5 So du die Mathilde nicht aus Meinen Händen bekommst, kann sie dir nicht zum Heile und zur Kraft aus Mir behilflich sein, wohl aber nach und nach zum Unheile und zur bedeutenden Schwäche.

6 Daher gehe hin, führe sie zu Mir und übergib sie Mir! Dann erst wirst du frei sein – zur Aufnahme einer rechten Liebe aus Mir zu Mir.«

Am 19. September 1850

7 Spricht der Offizier: »Herr und Vater! das ich Deinem Worte auf das Allerpünktlichste nachkommen werde, das versteht sich lange schon von selbst; aber nur um das möchte ich Dich bitten, daß Du mir, weil Du mir nun schon die höchste Gnade mit mir zu reden erwiesen hast, aber auch noch nur mit wenigen Worten hinzufügen möchtest, warum, ganz aufrichtig gesprochen, ich so ganz eigentlich die Mathilde eher zu Dir führen und sie Dir ganz übergeben muß, bevor sie hernach erst durch Deine Hand vollends mein werden kann. Zum Weibe kann ich sie hier im Geisterreiche ja ohnehin nie nehmen, indem hier nach Deinen Worten niemand freien und sich freien lassen kann. Zur weiteren Fortbildung in diesem Deinem Reiche, o Herr, hast Du mir sie aber ja Selbst übergeben, und ich habe sie denn auch mit tausend Freuden übernommen. Das ich sie erstens als eine Gabe aus Deiner Hand und zweitens als ein wirklich himmlisch allerliebstes Wesen liebe, und zwar himmelweit entfernt von jedem sinnlichen Gedanken, das finde ich doch so in der Ordnung, als nur immer etwas, das sich mit dem besten Gewissen Ordnung nennen läßt.

8 Herr! vergib mir armen Sünder solche Fragen; aber ich kann wahrlich nicht dafür, daß ich so denke und von allem eher den Grund sehen will, bevor ich zur Handlung schreite. Ich weiß zwar nur zu überzeugend klar, daß man Deinem Willen ganz unbedingt darum nachkommen solle, weil Du allezeit das Beste Deiner Kinder willst, und daß man nicht erst fragen solle, warum; aber alles dessen ungeachtet finde ich in mir dennoch den Trieb, von allem, was ich tun solle, den Grund und das Ziel zu erforschen, um hernach die Handlung desto energischer beginnen zu können. Wenn es also Dein Wille wäre, mir davon etwas kund zu tun, wäre es mir wohl äußerst erwünscht!«

9 Rede Ich: »Mir aber nicht, Mein lieber Freund und Sohn! Denn so es nötig wäre, dir davon den Grund zu sagen, so hätte Ich ihn dir schon sogleich vollauf kund getan; denn für so weise wirst du Mich hoffentlich wohl halten, daß Ich wohl einsehen werde, was da nötig und nicht nötig ist. – Ich sage dir aber den Grund davon aus dem besten Grunde nicht. Hast du etwa da auch noch irgend etwas einzuwenden?

10 So du aber eine Bürde trägst, die einen bedeutenden Umfang hat, und kommst damit zu einer engen Pforte, durch diese Pforte aber mußt du gehen, so du das Ziel des Lebens erreichen willst; nun ist aber hinter dir deine umfangreiche Bürde, die du auf deine Schultern geladen hast; sage Mir, was wirst du nun tun, um das hohe Ziel deines Lebens zu erreichen?«

11 Der Offizier macht hier etwas große Augen und sagt nach einer Weile: »So ich die Bürde durchaus nicht durch die enge Pforte bringen kann, so werde ich auf jeden Fall die Bürde vor der Pforte niederlegen und mich ganz ohne sie durch die Pforte zu zwängen versuchen; denn das Ziel des Lebens steht höher, als jede noch so wertvoll scheinende oder auch seiende Bürde.« – Sage Ich: »Gut, Mein Sohn! Gehe hin und tue also, so wirst du leben!«

12 Hier begibt sich der Offizier sogleich zur Mathilde und sagt zu ihr: »Mathilde! der Herr will dich; so komme denn mit mir, auf daß ich dich in Seine heiligsten Hände übergebe.« – Sagt die Mathilde: »Auch ich bin nur eine zwar unwürdigste Magd des Herrn; Sein allezeit heiligster Wille geschehe!« –

13 Mit diesen Worten führt der Peter Peter die Mathilde hin zu Mir und sagt: »Mein Herr, mein Gott und mein heiliger Vater! Hier ist sie, die Du verlangtest; ich übergebe sie Dir mit großer Freude meines Herzens; denn ich weiß es, daß du mit ihr die besten Absichten hast und daher auch zu ihrem ewigen Lebensglücke das Beste verfügen wirst. Dein Name werde geheiligt, und Dein allein heiliger Wille geschehe!«

14 Die Mathilde aber voll Furcht und Liebe zu Mir sagt: »Heiliger Vater, Der Du in den Himmeln wohnest, Dein heiliger Name werde allezeit und ewig stets mehr und mehr erkannt und geheiligt! Dein Reich der Liebe, der Weisheit und des ewigen Lebens komme zu uns allen! Dein allein heiliger Wille werde von allen freien Geistern, Wesen und Menschen in den Himmeln wie auf allen Weltkörpern auf das pünktlichste befolget! Gib, o heiliger Vater, allen Kindern dein Himmelsbrot alles Lebens zu essen mit reinem Munde! Vergib uns allen unsere Schwä- chen und Sünden, gleich wie wir all' denen vergeben, die uns je beleidiget haben! Lasse auch nicht zu, daß wir – mit noch allerlei Schwächen behafteten Kinder – über unsere Kräfte irgend sollen versucht werden; so aber ein Übel Deine Kinder zu verderben droht, da wende es ab und befreie sie von allem, was ihnen Übles zufügen könnte! Denn Dein allein ist alle Macht und Kraft ewig! Dir sei aller Ruhm, aller Preis, alle Ehre und Anbetung; Dir allein alle unsere Liebe und alles Lob ewig. Amen!«


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