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Kapitel 166

Höllenszene, nächster Akt. Kado wird frei und nimmt Rache. Echt satanische Höllen-Politik. Vereinigung der Höllengesellen, um den Herrn stürzen zu wollen um Seinen Thron einzunehmen. Kados aufkommende Zweifel

1 Es macht aber auch der Franziskaner Cyprian, mit dem Grafen Bathianyi und dessen Freunde Miklosch eine etwas größere Annäherung zu Mir, und richtet seine Augen scharf nach dem Schreckensorte hin; nach einer Weile unverrückten Betrachtens wird seine Zunge locker, und er fängt unaufgefordert also zu reden an, sagend: »O du entsetzliche Schwerenot! Der Kado von sicher zu namenlosestem Schmerze gedrungen, zerreißt nun alle seine Fesseln, als wären sie ein lockerstes Spinnengewebe, fällt über seine Peiniger wie ein wütender Tiger her, und den er ergreift, den zerreißt er auch in kleine Stücke, und die Stücke krümmen sich und hüpfen am ganz glühend aussehenden Boden herum, als wie abgehauene Stücke einer Schlange; den glühenden Thron zermalmt er zu Staub; die Spieße werden vernichtet, und nun stürzt er sich auf seinen irdischen Prinzipal, der sich zwar zur Wehr stellt und dem wütenden Kado mit gräßlich klingender Stimme entgegen ruft: –

2 »Rühre mich nicht an, Hund! sonst sollst du meine Rache an dir erst in aller ihrer unergründlichsten Tiefe und namenlosen Schärfe kennen lernen! Glaube ja nicht, daß ich hier verlassen nun und ohnmächtig vor dir stehe; wie du mich nur mit einem Finger anrührest, wirst du von Millionen mächtigster Geister umringt werden, und in eine derartige Qual geworfen werden, gegen die alles, was du jetzt verkostet hast, nur ein kühlender Balsam war. Willst du aber, da ich in dir nun einige Kraft entdeckt habe, mit mir gegen einen anderen Fürsten einen Bund machen, so soll der auf der Erde an mir begangene Frevel vollends nachgelassen werden, und es soll hinfür (in Zukunft) von mir gegen dich von keiner weiteren Rache mehr die Rede sein. Du sollst von nun an mein intimer Freund sein, und an meiner Seite mein königliches Ansehen als mein Schwiegersohn im Vollmaße teilen!« –

3 Der Kado wird nun etwas stutzend, und schreiet nach einer kurzen Pause noch sehr grimmig: »Elendster Teufel! so du nun, da du ein kleines Pröbchen von meiner unbesiegbarsten Macht und Kraft gesehen hast, und gar wohl fühlest, daß ich mit dir es nun eben so machen kann, als wie es dir diese zerstreut herum hüpfenden Teile deiner ohnmächtigsten Helfershelfer nur zu klar zeigen, solch friedlich schimmernde Anträge machst, warum hast du denn das nicht eher getan, als ich dir von der Welt herkommend, und an deinem Wiedersehen eine rechte Freude habend, doch so harmlos freundlich als nur immer entgegen kam? Wahrlich, hättest du mir da meine Freundlichkeit erwidert, so hättest du an mir einen Freund gefunden, mit dessen Hilfe du die ganze Schöpfung aus den Angeln hättest heben können; so aber hast du dir an mir einen Feind gezogen, wie die ganze Hölle keinen zweiten solle aufzuweisen haben. Du glaubtest mich vernichten zu können und unschädlich zu machen; bist aber nun gräßlich enttäuscht worden, und machst als weidlichst Besiegter mir nun friedlich schimmernde Anträge; aber Kado kennt seinen Mann, und wird daher deinen Worten auch ein ganz verdammt kleines Gehör schenken, und wird dir's vergelten tausendfach, was du ihm geliehen hast.« – –

4 Hier streckt Kado seine Hände nach dem Prinzipale greifend aus; aber der Prinzipal macht einen Sprung zurück und schreiet: »Blinder Esel! mußte ich dir denn das nicht antun, ansonst du nimmer zu dieser deiner Kraft gekommen wärest? Denn hier, wie auch schon auf der Welt, werden Menschen und Geister nur durch große Leiden geläutert und zu mächtigen Helden umgestaltet; und so habe ich dir durch meine grausamst scheinende Behandlung ja nur einen wahrhaftest großen Freundschaftsdienst geleistet, und nicht meinen vorgeschützten Rachedurst gekühlet; was ich dir aber auch nur wegen der nahen Verwandtschaft tat, auf daß du schnell zu jener Kraft gelangen solltest, ohne die sich in diesem Reiche kein Wesen behaupten kann und mag. So du aber das nicht anerkennen willst, da versuche immerhin dein loses Vorhaben an mir zu vollziehen, und du wirst dich überzeugen, daß du noch lange nicht der mächtigste in dieser Welt bist.«

5 Hier stutzt Kado noch mehr, und sagt nun nach einigem Umherschauen: »Dummes Luder von einem Beduinen-Häuptlinge, wenn sich die Sache so verhält, warum hast du mir denn das nicht gleich anfangs gesagt? Hinten drein, wenn sich eine Sache einmal von selbst durch die Umstände gestaltet hat, kann ein jeder daran beteiligte Esel sagen: Siehe, das war mein wohlberechnetes Werk! Ich will dir's aber in Rücksicht dessen, daß du denn doch mein Schwiegervater bist, in allen Teufelsnamen für jetzt gelten lassen, und halbwegs annehmen, daß es also sei; aber wehe dir, so ich nur irgend je dahinter komme, daß du mich nun, nur um dich vor mir zu schützen, also beredet hast; dann sollst du's mir millionenfach büßen! Verstehest du diese meine allmächtige Sentenz? Aber nun sage mir, wie der Ort heißt, wo wir uns nun befinden, und ob es hier keine Burgen, und keine reichbeladenen Karawanen gibt, die man so um etwas leichter machen könnte. Denn unser irdisches Handwerk werden wir hier ja etwa doch nicht aufgeben müssen.« –

6 Cyprian fährt wieder fort: »Schönes Vorhaben! dieser zwei Kerls, wie sie nur in der untersten Hölle ausgeheckt werden könnnen.« Der Prinzipal bedenket sich nun ein wenig, und sagt dann mit einem mysteriösen Pathos: »Freund! auf der Erde waren wir nur pure Mückenfänger, weil wir Fledermäuse waren; hier aber sind wir zu mächtigen Löwen herangereift; daher hat's da denn auch mit dem verächtlichen Mückenfangen ein Ende, da uns ganz andere Pläne durchzuführen vorgesteckt sind. Du weißt es, daß bis jetzt noch immer die alte Gottheit die drückendst tyrannischeste, aller Freiheit barste, Obergewalt ausgeübet hat, und hat diese durch ihre Menschwerdung neuerlich noch mehr befestigt; wir ersten Geister dieses großen Reiches der unbegrenztesten Freiheit aber haben mit unserer scharfsinnigsten Weisheit die sehr verborgenen allerbedeutendsten Schwächen dieser alten Gottheit aufgefunden, und werden sie nun in aller Kürze von ihrem alten Throne stürzen, und mit ihr machen, wie du ehedem mit diesen deinen Peinigern getan hast; dann werden wir die ganze alte urzopfigste (überholte Einrichtung) Schöpfung zerstören, und an ihre Stelle eine neue und allerfeinste setzen. Wie gefällt dir dieser Plan?« –

7 Kado zuckt hier mit den Achseln, und sagt nur: »Der Plan wäre wohl unser würdig; aber ich zweifle sehr, daß er uns je gelingen wird; denn die alte grausame Gottheit ist stets von größter Schlauheit, und sieht da am besten, wo wir an ihr eine Blindheit zu gewahren wähnen; daher meine ich, daß es mit der Ausführung dieses großartigen Planes schon durchaus nicht gehen wird.« –

8 Spricht nun wieder der Prinzipal: »Du bist hier ein Anfänger, und redest, wie du mit deiner noch sehr beschränkten Einsicht die Sache auffassest; du hast noch zu irdisch mysteriöse Ansichten von der Gottheit, und unterstellest ihr noch jene Providenz und unbegrenzte Macht, die du als ein Hirtenknabe an der Brust deiner schwachen Mutter eingesogen hast. Du siehst die Gottheit noch immer als ein ungeteiltes, und ungeschwächtes allwaltendes Wesen, das nur zu wollen braucht, um eine Myriade neuer wohlbestellter Welten aus sich in ein mächtiges Dasein zu rufen. Das kann sie zwar, und tut es auch immer fleißig, weil das ihr höchstes Vergnügen ist; aber wir kennen das, und wohin solch eine Lust die Gottheit mit der Zeitenfolge bringen muß, so wie ein jeder nur einigermaßen gewandte Politiker, der auch einem sich vom höchsten Luxus und unbegrenzter Prachtliebe hinreißenlassenden Könige es an den Fingern vorzählen wird, wie lange es mit ihm noch währen wird, und wie solch eine unbegrenzte Prachtliebe eines Fürsten seine Hauptschwäche ist, die ihn vom Throne am allerehesten herabfallen machen wird. Sieh' Freund, gerade so verhält es sich auch mit der alten schwach gewordenen Gottheit; sie ist bettelhaftkindisch geworden; ihre Sache ist nur immer erschaffen und erschaffen, gehe es, wie es auch immer gehen mag. Hast du denn auf der Erde nicht schon oft bemerket, wie dann und wann der Gottheit der Zwirn ausgeht? Sie überhäuft die Bäume mit zahllosen Blüten, und hat am Ende zu wenig Stoff, alle Blüten zu einer Frucht zu ernähren, so setzt sie Menschen auf Menschen in die Welt, geht ihr endlich der Erhaltungsfaden aus, so muß sie ihre Lieblinge wieder wie die Fliegen dahinsterben lassen, und in allem und jedem wirst du sicher ähnliche göttliche Verlegenheiten bemerket haben, aber freilich leider nicht ahnen können, worin davon der Grund liegt; wir aber wissen das nur zu gut, und sehen es klarst, wie die Gottheit schwächer und schwächer wird, und samt ihrer großen Haushaltung am Ende auf den Hund kommen muß; und so ist es uns auch möglich Pläne zu entwerfen, die ihren Untergang notwendig befördern müssen.« –


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