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Kapitel 182

Fortsetzung der Szene zwischen Kado und Minerva. Von der Buße und der Bekehrung. Gleichnis vom Fruchtbäume veredeln. Ein weiteres über die Erlösung

Am 10. April 1850

1 Miklosch: »Spricht die Minerva-Satana: »Aber es ist von der Gottheit eine Art Buße zur Vergebung der Sünden angeordnet, ohne die kein Mensch und somit noch um vieles weniger ein Teufel selig werden kann. Siehe, ich aber war und bin noch aller Sünde Grund, und ein Pfeiler des Gerichtes und des Todes; wie solle dann erst ich ohne Buße frei und endlich gar selig werden? Es müßte daher über mich wohl die größte Buße kommen, so ich im Ernste solle frei und selig werden. – Wie aber könnte ich Buße wirken in diesem Lichtgewande? Dazu gehört ein härenes Büßerkleid und Asche und Sack; verschaffe mir ein solches Büßerkleid, und ich will und werde die ernsteste Buße zu wirken anfangen.« –

2 Spricht Kado: »Du wohl du, und s‘ Buße wirken! Das ginge so hübsch zusammen; was verstehst denn du, was da wahre Buße wirken heißt? Meinst denn du: ein härenes Kleid, Asche und Sack machen die Buße aus? Oder glaubst du etwas nach römischer Art tun zu müssen, um zur wahren Sündenvergebung zu gelangen? Möchtets du nicht etwa eine Generalbeichte ablegen, 1.000 Messen zahlen, kommunizieren, auf daß in dir dann alle deine Sünden krepieren? Auf der Erd' unweit meines großen Raubgebietes war ein sogenanntes Franziskanerkloster, sehr schlecht gebaut zwar, aber dennoch tauglich zur Aufnahme von ein paar Dutzend ärgerlichster Müßiggänger, die sich Patres und Fratres nannten; aus derer Munde habe ich solch einen Unsinn von einer wahren der Gottheit wohlgefälligen Buße vernommen, ohne die niemand selig werden könne. Ich aber habe an diesen Kerlen bei guter Gelegenheit eine ganz neue Art Buße ausgeübt, und ich meine, daß sie eben für diese Geistestotschläger wirksamer war, als die, welche sie den armen Teufeln aufdringen wollten, und auch vielfach aufgedrungen haben. Ich, wenn schon gleich dir der Gottheit gegenüber ein Teufel, halte das für die wahre Buße, so man das Schlechte, als das der Gottesordnung widrige, eigenwillig verläßt, und seinen Willen fest und unerschütterlich unter das Panier der ewigen Gottesordnung stellt, und dann selbst das unerschütterlich fest will, was man als solcher göttlichen Ordnung gemäß erkennt. So du so handeln wirst, aus deinem neuen in der Gottesordnung geregelten Willen, dann wirst du auch eine rechte Buße wirken; aber ein härenes Gewand, Asche, Sack, Generalbeichte, Kommunion und wegen meiner eine Million Messen gehören ins Fach der größten Menschentorheiten, weil sie den Menschen nicht besser, sondern nur schlechter und schlechter machen. Nur durch meinen Willen allein kann ich besser werden; alles andere gehört in einen Leibstuhl (Klo), und hat keinen Wert, weder vor besseren Geistern, noch vor Gott.

3 Du weißt es, und siehst es auch ein, was ein jeder Geist durch seine höhere Weisheit genau ersehen kann; wolle sonach nichts aus dir heraus, sondern bloß aus mir heraus oder was ich will, so wirst du deines höchst eigenen Kerkermeisters alsbald loswerden; so lange du aber noch mit deinen eigenen Willenbrocken mir entgegenkommen wirst, da wird es mit dir noch sehr lange nicht besser werden. – Sieh', an der Weisheit, und an einer gediegenen Erkenntnis hat es dir nie gemangelt; aber an einem neuen guten Willen, und darum bist du zum Grunde alles Schlechten und Bösen geworden. So ein Wesen aber gut werden will und edel, da muß es mit seinem ersten wilden Willen dasselbe Experiment machen, als was da macht auf der Erde ein Gärtner mit einem Wildling; er schneidet ihm die Krone ab, spaltet dann den Rumpf, und setzt einen edlen Zweig hinein, und es wird dann ein neuer edler und guter Fruchtbaum daraus. So mußt auch du, wie gesagt, es mit deinem alten Wildling von Willen machen. Wenn es dich auch darauf eine Weile genieren wird, da du die alte Krone dir mußt völlig nehmen lassen, so mache dir aber dennoch nichts daraus; denn du wirst dafür zu einer herrlicheren, besseren und edleren Krone gelangen.« –

4 Spricht die Minerva-Satana: »Kado, Kado! du bist zwar eigensinnig wie ein echter Teufel, aber dabei weise, wie ein Gott! hörst du, wie ein Gott!« – Spricht nun wieder Kado: »Eh! was nützt mir meine Weisheit, so sie außer mir niemand befolgen will? Ich predige tauben Ohren, und vor blinden Augen mache ich Spektakel, und diese merken nichts. Ich habe bis jetzt, bei Gott dem Allmächtigen, geredet zur Übergenüge; aber was nützt alles das? Du hörest mich an wie der Prophet Bileam seinen Esel, wo letzterer auch weiser war als sein blinder, tyrannischer Herr; denn dieser sah und wußte, warum er stehen bleiben mußte; während sein Herr dafür nur desto eifriger des grauen Sehers Rücken in die Arbeit nahm. Ich zeige dir, warum du dich gänzlich meinem Willen unterordnen sollst; aber du hast da stets tausend Ausflüchte, und so du schon was tust, da tust du die Sache aber dennoch nie sogleich, und auch nie ganz also, wie ich es haben will und haben muß. Warum denn das?! So du mich nun weise findest wie einen Gott, warum tust du denn dann nicht sogleich, was ich von dir verlange? Das herrlichste und kostbarste Kleid liegt vor dir, und wirft seinen mächtigsten Strahlenglanz gleich einer Zentralsonne in die weite Unendlichkeit hinaus; aber sein intensivstes Licht, das da bestimmt ist, nach dem Innern deines Wesens den Strahl zu treiben, muß sich noch vergeblich verzehren. Warum denn das? Gebe mir davon einen Grund an!«

5 Spricht die Minerva: »Ich habe dir den Grund ja schon angegeben; du aber hast ihn widerleget mit der Schärfe deiner Weisheit, der ich nun freilich nichts mehr entgegenstellen kann. Aber alles dessen ungeachtet bleibe ich doch bei dem, daß ich mich für dies zu göttliche Gewand als viel zu unwürdig fühle, um es gleich so mir und dir nichts wie einen anderen gemeinen Fetzen anzuziehen. Und das ist ein Hauptgrund, warum ich also mit dem Anziehen zögere. Einen anderen Grund kann ich dir unmöglich angeben, und so du dich darob noch ärgern solltest. Ziehe es du an, wenn du schon so viel Mut besitzest, und gebe mir darinnen ein Beispiel, und ich werde dann diesem deinem Beispiele folgen. À propos! noch etwas: Wie sieht es denn auf der Erde, und in allen anderen Welten dann aus oder wie wird es aussehen, so ich dies Kleid anzöge? Wird es besser oder etwa noch schlimmer den dort neu zu bildenden noch in die gröbste Materie verhüllten Geistern ergehen? Gebe mir davon eine begreifliche Erklärung, und ich werde dann sogleich alles tun, was und wie es du wünschest.«

6 Spricht Kado: »Ich habe es ja gewußt, daß sie richtig noch wieder eine die Sache verzögernde Ausflucht finden wird! O du ganz entsetzlich verzweifeltes Wesen! Was gehen denn uns nun die Erde und alle anderen zahllosen Welten an! Die Gottheit wird es wohl schier wissen, was sie damit machen wird. Uns aber geht weiter weder die Erde noch der Himmel etwas an, und wir haben uns darum nicht im geringsten zu kümmern. – Wie von nun an die Menschen auf der Erde oder auf der Sonne untereinander leben werden; ob kriegerisch oder friedsam, das hat für (mit) uns aber auch nicht die allergeringste Beziehung. Wir leben und handeln bloß nur für uns; alles andere sei und bleibe für uns eine terra incognita solange, als bis wir zufolge etwa eines möglichen höheren Auftrages beordert werden, uns darum zu kümmern. Ich habe dir aber ja auch schon ehedem klarst gesagt, daß du außer allen Einfluß auf die Weltkörper gesetzt wurdest, seit der Menschwerdung der Gottheit, in der ein zweiter Adam in und aus Gott alle Schöpfung, und somit auch alle ihre Übel auf die höchst eigene Schulter nahm, und nun alles also leitet und führet, wie es Seine ewigste Ordnung verlangt. Daher hast du dich von nun an um nichts anderes mehr zu kümmern, als bolß nur allein um dich selbst. Ziehe nun das Gewand an, und es wird sich dann schon sogleich zeigen, was da weiter zu geschehen hat.«

7 Spricht die Minerva-Satana: »O du lebendiges Buch du! du sprichst ja, als so du ein Jünger Salomons wärest! Aber ich sehe es nun rein ein, daß du eines Teils denn doch recht hast, und so will ich denn vor dir mich zu einer Putzgredl umgestalten, und eine recht dumm hochmütige und eitle Personage spielen, da du daran denn schon eine so große Freude hast. Dummer Lippel! wird's dir denn dann besser sein, so du mich vor lauter Glanz gar nicht anschauen wirst können? Ich ziehe es nun an; aber dann komme mir ja nicht sobald wieder mit einem anderen Begehren.«


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