Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Kapitel 186

Fortsetzung der Szene mit Sahariel, Kado, und Minerva, sie disputieren weiter über die Freiwerdung des Luzifers. Die Erlösten sind ungehalten über Minerva, sie ist leider eine in ihrer bösesten Art

Am 25. April 1850

1 Miklosch berichtet: »Spricht Kado: »Was ich mit dir effektuierte bisher, das war nicht mein, sondern dieser mächtigen Gottesfreunde Werk; wenn ich nun allein mit dir zu tun bekäme, wohin würde ich kommen, da du mir allein in jeder Hinsicht zu mächtig wärest; daher tue ich nun freudigst, was diese beiden mächtigen Gottesfreunde von mir verlangen. Es gibt nichts mehr, was dir nicht wäre gesagt worden; du hast so viel Lektionen und Witzigungen empfangen, als wie viel es der Welten im endlosesten Raume gibt, aber es war das alles vergeblich, da dir dein hochmütigster Wahn-Sinn stets lieber war, als die strahlendste Weisheit der vielen Gottesboten an dich; deine Sache ist: Alleinherrschaft über alle Himmel, über alle Materie, und über alle Höllen; du willst drei Herrscherkronen, drei Zepter und drei Schwerter, das ist und war, wie gesagt, stets deine Sache und ist für dich auch zugleich das unbesiegbare Hindernis deiner von Gott zu bewerkstelligen beabsichtigten Freiwerdung, zu der du in dieser deiner Natur wohl ewig nimmer gelangen wirst. Und nun soll ich, aus mir selbst nichts als ein ärmster schwächster Teufel, allein bei dir verbleiben, und mit dir alle möglichen bereits erschöpften Bekehrungsversuche machen, auf daß du am Ende mich verschlängest wie eine böseste Riesenschlange ein Kaninchen, was dein eigentlichster geheimer Plan ist, den ich nun nur zu gut und klar durchschaue; o siehe, dazu wird sich ein Kado nimmer gebrauchen lassen. Darum gehe ich mit diesen beiden lieben Gottesfreunden. Du wolltest ja frei sein; und sieh', diese Freiheit ist dir nun eingeräumt, und du kannst tun, was du willst; daß du nichts Gutes tun wirst, davon sind wir alle vollkommen überzeugt; aber wir sind auch davon überzeugt, daß du diesmal dir ein Grab zum ewigen Tode bereiten wirst, dieweil du uns nicht folgen wolltest, und verlangtest von uns, das wir von dir zu verlangen von Gott das Recht hatten, zu deiner Freiwerdung. Tue nun aus deiner eigenen Macht, was du willst; aber erwarte von Gott ja nimmer eine dir zugelassene Gewalt; denn diese wird dir nimmer werden.« –

2 Spricht die Minerva: »So bitte ich euch alle drei, daß ihr noch eine Weile bei mir verbleibet, und Versuche zu meiner doch noch immer möglichen Besserung machet; denn am Willen fehlt es mir ja doch sicher nicht.«

3 Spricht Sahariel: »O ja, das sicher nicht; da du nur viel zu viel Willen hast; aber was für einen? Das ist eine andere Frage. Aber wir wollen, da du es verlangst, deinem Begehren nachkommen, und noch einige Augenblicke mit dir die möglichste Geduld haben; sollen diese an dir nichts ändern, dann wirst du verlassen werden auf immer; also sei es.« –

4 Spricht die Minerva: »Nun denn, da ihr mir das Zugeständniß gemacht habt, so bitte ich euch, daß ihr euch ganz kurz und klar erkläret, was ich zu thun habe, um frei zu werden vor Gott und aller Schöpfung.« – »Spricht Sariel: »Schönste, da brauchst du gar nichts zu thun, sondern so zu bleiben, wie du nun bist; denn frei vor Gott und allen Seinen Geschöpfen warst du seit deinem Anbeginne her. Es fragt sich nur, ob du in Gott deinem Schöpfer und Herrn wahrhaft frei werden willst? Was du aber zu thun hast, um solch eine allein wahre Freiheit zu erlangen, das weißt du so gut als wir; und so kann ich dir darüber auch keinen andern Rath ertheilen, als: Handle darnach freiwillig; wolle und thue das, was wir wollen und thun, so wirst du auch das erlangen, was wir dir im Namen des Herrn verheißen haben. Willst du aber das nicht, so ist unsere Geduld an dir vergeblich.« –

5 »Spricht die Min.: »Ich müßte also zuvor eine Sklavin werden, um also dann erst aus der Sklaverei in die sicher sehr geknechtete Freiheit überzugehen. O das wird sich bei mir sehr schwer thun lassen, weil in mir ein gewisses Gefühl gegen jede Erniedrigung meines Wesens sich auf das allerentschiedenste ausspricht. Giebt es denn keinen anderen Weg, als diesen, den zu wandeln ich unmöglich vermag?« –

6 »Spricht Sariel: »Wie es nur Einen Gott, Eine göttliche Ordnung und nur Eine Wahrheit giebt, so giebt es auch nur einen rechten Weg, der zu Gott und der wahren ewigen Freiheit führt; wer diesen nicht betreten und wandeln will, der bleibt ewig ferne von Gott, Seiner Ordnung, Wahrheit und Freiheit. Wer aber in der einzig alleinigen Wahrheit, die in Gott ist von Ewigkeit, nicht frei wird, der bleibt dir gleich ein elendster Sklave in Ewigkeit. Also, nun sage du aber auch und ganz kurz, bestimmt und entschieden, was du nun thun wirst. Willst du mit uns zum Herrn Jesum hin, oder willst du nicht hin?« –

7 »Spricht die Minerva: »Ich wollte, so ich’s könnte; aber ich kann das nicht, weil es mir vorderhand nun nicht möglich ist. Aber ich will mir, so ihr mir noch eine kurze Geduld schenken wollet, nun alle erdenkliche Mühe geben, euch folgen zu können; so ich euch in der möglichsten Kürze diese Sache bekannt geben werde, ob – oder nicht; dann könnet ihr denn auch sogleich thun, was immer euch eure Ordnung gebietet.« »Spricht Sariel: »Gut, gut; auch noch diesen Gefallen wollen wir dir erweisen. Mache dich daher nur sogleich an die Bekämpfung deines bösesten Hochmutes.« –

8 (Miklosch): »Aha, aha, da sehet nun einmal hin, wie die lose Min. nun druckt und schluckt, und die Augen verdreht, als wenn es ihr noch so ernst wäre, sich zu bessern. O das muß eine allerdurchtriebenst feinste Kanaille sein!« –

9 Spricht der Gr.Bath.: »Freunde, bei der ist, wie man auf der Erde gesagt hat, Taufe samt Krisam in dem Grund und Boden verdorben; bei der alten Hure schaut keine Besserung mehr heraus. Eine dreifache Krone im Herzen und im Kopfe, und dazu eine Besserung durch die Demuth. Ich bitte euch, laßet euch nicht auslachen; so wenig ich je wieder auf der Erde einen Grafen spielen werde, so wenig wird die sich einmal bessern. Ich habe doch alles vernommen, was ehedem Kado allein, und was nun alle Drei mit dieser Prima Donna der Hölle gesprochen und verhandelt haben; wie weit sind sie denn mit ihr gekommen? Auf demselben Flecke stehen sie noch, wo sie mit ihr zu verhandeln angefangen haben. Das Strahlenkleid wohl hat sie angezogen, weil das ihren Stolz und ihre unbegrenzt herrschsüchtige Eitelkeit erhöhet; aber zu etwas, das nach nur irgend einer geringsten Demüthigung riecht, werden die Drei sie nie bewegen; ich meine, daß sogar ein Papst Roms eher zu irgend einer Nachgiebigkeit zu bewegen wäre, natürlich durch sehr viel Gold und Silber, als wie diese echteste Zentralhöllenkanaille. Ich meine, man solle das Luder möglicherweise irgend wohin auf ewig fest bannen, und sich dann weiter nicht mehr um dasselbe umsehen und kümmern; denn bessern wird es sich wohl ewig nimmer.« –

10 Spricht Miklosch: »Weißt du, lieber Freund, lassen wir das dem Herrn über; Er wird es am besten wissen, was Er mit diesem sonderbaren Wesen tun wird. Mich aber interessiert nun aber die Geschichte ganz besonders; für's erste die ungeheure Geduld unsers allgütigsten, liebevollsten, heiligsten Vaters und für's zweite aber auch die wirklich mehr als merkwürdigste Art, wie sich die Pseudominerva überall und zumeist auf eine so gar bescheidene Weise durchwindet, wenn es gilt, daß sie sich umkehren solle. Sie ist wirklich eine Minerva in ihrer freilich leider bösen Art, der keine zweite in die Nähe kommen kann. Ich begreife bloß nur das nicht, wie sie bei ihrem urhäßlichsten Charakter so ungeheuer bis zum rein rasend werden äußerlich schön sein kann. Aber es gibt ja auf der Welt auch ähnliches; die schönsten Tiere sind gewöhnlich auch die bösesten, die schönsten Blumen giftig und die schönsten Weiber gewöhnlich eines sehr schlüpfrigen Charakters. Unter allen kirchlichen Anstalten auf der Erde steht die römische in der äußern Pracht und Schönheit sicher bei weitem oben an und im Innern ist sie ohne Zweifel die schlechteste. Und so scheint es mir wenigstens, daß gerade in der vollendetsten lediglich äußeren Schönheitsform der eigentliche Hauptcharakter des Höllenwesens zu suchen ist.« –

11 Spricht der Graf Bathianyi: »Ja, ja, da hast du ganz recht, es ist also; die schönsten Länder der Erde werden gewöhnlich von den schlechtesten Menschen und bösesten Tieren bewohnt und das Unkraut wuchert ungeheuer. In den schönsten Palästen wohnen zwar äußerlich gewöhnlich die schönsten und üppigsten Menschen; aber welches Geistes Kinder sind sie zu allermeist? Was äußerlich zu sehr glänzt, das ist meistens des Teufels.« –

12 Spricht auch der nebenstehende General: »Ja wohl wahr, wohl wahr; je mehr Orden auf dem Rocke, desto mehr Menschen muß man umgebracht haben, und Tausende zu Sklaven und zu Bettlern gemacht; das weiß ich aus Erfahrung. Die Orden stehen zwar gut; aber unter den Orden das Gewissen stehet schlecht, so noch eins da ist; und das ist auch Satan in deutlichster Art, nicht wahr, liebe Freunde und Brüder im Herrn.«

Am 28. April 1850

13 Spricht der Graf Bathianyi: »Ja, ja, es ist hie und da auch manchmal etwas daran, aber freilich nicht allezeit, da es doch auch Männer gibt und gab, die ihre Ehrenzeichen sich auf die redlichste Art von der Welt erworben haben; ich habe zwar auf Orden nie etwas gehalten, und war da ein reiner Nordamerikaner; aber dessen ungeachtet gibt es neben den freilich vielleicht auf eine unrechtliche Art erworbenen Orden auch recht viele Verdienstorden, deren Besitzer rechtliche und biedere Menschen sind, und somit auch auf dem rechtlichsten Wege zu solch ihren Namen und ihre Taten ehrenden Auszeichnungen gekommen sind; und so ist nicht anzunehmen, daß unter jeder mit Orden geschückten Brust ein schlechtes oder gar kein Gewissen zu Hause sei; da hast du Bruder ein wenig zu viel gesagt. In Medio beati, bleiben wir daher schön in der Mitte, so werden wir vor dem Herrn sicher am besten bestehen können.« –

14 Spricht der General: »Du hast in deiner Weise ganz recht, aber ich in meiner auch; denn ich verdamme ja auch nicht jede geschmückte Brust; aber der erste Schmuck jeder Brust ist und bleibt ewig die reinste und wahrste Liebe zu Gott und zu dem Nächsten; wo diese einer noch so rechtlich geschmückten Brust mangelt, da gelten bei mir alle andern noch so rechtlich erworbenen Ehrenanhängsel nichts. So aber der Herr Selbst sagte: So ihr alles getan habt, so bekennet es in euch, daß ihr pur unnütze und faule Knechte waret; wie solle da ein wahrer Nachfolger Christi des Herrn sich ein ehrendes Verdienstzeichen auf seinen Rock können anhängen lassen. Ich meine, gegen den wird doch niemand etwas einzuwenden haben; denn das ist Gottes Wort.« –

15 Spricht Graf Bathianyi etwas, wie man so zu sagen pflegt, touschiert: »Ja, ja, und noch einmal ja, ja, ja; du hast recht; denn Recht bleibt Recht; und es versteht sich von selbst, daß es ohne die Liebe kein Recht, und ohne das Recht auch keine wahre Liebe gibt und geben kann.« –

16 Spricht Miklosch: »Brüder, wie ich's merke, so kommt ihr vor dem Herrn und allein ewig wahren Richter in eine Art Rechtskampf wegen nichts und wieder nichts. Höret, da, wenige Schritte zu eurer Rechten stehet der Herr voll Liebe, Güte und Sanftmut; das ist der allein wahre und vollkommene Richter; Ihn fraget um den rechten Bescheid; und ihr werdet dann sogleich erfahren, wer aus euch das vorzüglichere Recht hat. Wer aber wird hier im Gottesreiche vor dem Herrn Selbst einen irdischen Ordensstreit beginnen wollen, der gerade jetzt bei diesen vielleicht für die ganze Ewigkeit wichtigsten Betrachtungen der Erscheinung dort im Norden eben so am ungeeignetesten Platze ist, wie die Faust eines Riesen auf dem Auge eines zarten und augenkranken Kindes.«


 << zurück weiter >>