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Kapitel 260

Eine andere Geisterszene mit ehemaligen Polizisten. Diese und die Kaiserschar. Josef und der Wortführer. Allerlei Geisterscharen. Der Herr mit den Seinen auf dem Rainerkogel in Graz

Am 5. Oktober 1850

1 Unterwegs von dem Orte Frohnleiten bis in die Nähe von Graz machten wir noch eine kleine Ruhe, allwo uns eine bedeutende Menge von allerlei bunt durcheinander gemengten Geistern unterkommt, meistens aufseherischer Art, d.h. es sind Seelen verstorbener Aufseher, Grenzwächter, Bahnwächter, auch Polizeiknechte und Gerichtsdiener. Diese stellen sich auf und wollen von uns die Pässe und Passierscheine, ansonst sie uns ergreifen möchten; denn man sei jetzt der Fremden wegen äußerst strenge. Sie könnten zwar nichts dafür; aber weil ihr Gesetz also lautet, so könnten sie bei Verlust ihres Amtes, das ihnen Brot verschafft, unmöglich anders, als das Gesetz allerstrengst handhaben.

2 Hier treten vom Rudolf von Habsburg angefangen alle Kaiser ganz als Kaiser orniert vor und sagen zur Wachmannschaft: »Reisen bei euch auch Kaiser mit Pässen und Passierscheinen?« Hier prallt die Wache zurück vor Schreck und Entsetzen; nur einer fragt ganz schüchtern: »Ja aber wie viele Kaiser regieren denn jetzt auf einmal? Um Gotteswillen! da gibt es ja schon beinahe mehr Kaiser als Untertanen, die ihnen gehorchen sollen. Ja, da ist freilich nichts mit dem Paßabverlangen, es könnte ja gar leicht der Kaiser von Rußland dabei sein und da kämen wir in eine schöne Wäsche.« –

3 Sagt ein anderer, der sich so ein bißchen von seinem Schrecken erholt hat: »Aber das kommt mir doch ein bißchen verdächtig vor, daß diese großen Herrn zu Fuß daher kommen.« – Sagt der erstere: »Dummer Kerl! sie werden die Bahnstrecke besehen wollen und gehen deshalb zu Fuß.« – Sagt ein anderer: »Ja, ja, so wird es sein! Aber wer etwa die anderen sind? Es müssen ihrer gut bei Dreitausend sein.« –

4 Sagt der erste: »Nur keine dumme Frage mehr! Es wird halt wo ein großer Kongreß sein wegen der Rebellen in Deutschland und wegen der Franzosen und Engländer; und darum kommen jetzt alle Potentaten zusammen und werden sich darüber beraten. Seid nur sogleich alle schön mäuschenstille und rühret euch nicht, sonst können wir morgen alle miteinander zwei Schuh hoch von der Erde ohne Atem in freier Luft schweben. Ich allein werde hingehen und sagen, daß die Majestäten allergnädigst allsogleich allerungehinderst weiter ihre hohe Reise fortzusetzen geruhen wollen.« – Die anderen ziehen sich nun sogleich zurück; nur der erste geht hin in der gebeugtesten Stellung und macht stotternd seine obige Anrede.

5 Kaiser Josef aber sagt zu ihm: »Also du bist bloß darum so amtsstrenge weil dir dein Amt ein Brot verschafft? Am Gesetze selbst würde dir sicher wenig gelegen sein. Ich sage dir: du bist ein schlechter Diener deines Herrn. Wer das Gute nicht des Guten wegen tut, der ist nie eines Lohnes wert. Merke dir das; in der Zukunft beobachte du das Gesetz des Gesetzes wegen und nie deines Amtsbrotes wegen, so wirst du ein rechter Diener dessen sein, der das Recht hat, Gesetze zu geben. Und nun Gott befohlen; sehe er, daß er weiterkommt!« –

6 Der Amtsdiener entfernt sich nun und holt bald seine Gehilfen ein und erzählt ihnen, was zu ihm ein sehr strenger Kaiser gesagt hat. Die anderen aber sagen: »Seien wir froh, daß wir da so gut davongekommen sind! Sie ziehen nun Gottlob weiter.« – Von diesen Geistern war auch noch keiner reif; aber durch diesen Zusammenstoß haben sie wenigstens einen geheimen Wink erhalten, der sie nachgiebiger macht, und sie ziehen sich nun auch mehr auf die Berge, wo sie zu der Einsicht gelangen werden, daß sie sich nunmehr in der Geisterwelt befinden. –

7 Nach dieser Begebenheit ziehen wir denn ganz gemach unter mannigfachen Besprechungen weiter und gelangen genau um 6.00 Uhr abends, den 4. Oktober 1850, zu dem vorbestimmten Platze, um welche Zeit ihr, Meine Freunde, euch am Schloßberge befandet und durch allerlei vorübergehende Zeichen in der Form, dann durch ein in euch gewecktes Gefühl, das euch stärkte, durch die Ruhe der Natur, durch die ehrfurchtsvolle Stellung der Wolken, wie auch durch die freundliche Beleuchtung und Reinigung des Hügels Meine Ankunft überaus gut und wohl verspürbar habet merken können.

8 Gleich bei Meiner Ankunft fingen Massen von Geistern aller Art an, sich an den Hügel zu drängen; viele darunter ganz böser Art; diese wurden jedoch schnell gegen Abend hin gedrängt. Die Verdunklung des Plabutschberges durch schwarze Dünste benachrichtigte eure Sinne sogar davon; ja sogar Satana war unter diesem Auswurfe. – Mehr um den Fuß des Hügels lagerten sich bessere Wesen und baten um eine Verbesserung ihres Loses, die ihnen auch gewährt ward. Nach der Gewährung zogen sie dankbar ab.

9 Darauf kam vom Schöckelberge her eine ganze Legion Geister, noch sehr dem Naturreiche angehörend. Ihre Ankunft mochtet ihr durch eine Feuerröte an der rechten Seite gegen dreiviertel auf 7.00 Uhr recht deutlich ausnehmen. Diese verlangten ganz ungestüm die volle Erlösung vom beschwerlichen Bergdienste; sie wurde ihnen zum Teile gewährt und sie gaben sich zufrieden, was ihr durch das Verschwinden dieser Helle habet abnehmen können. –

10 Darauf kam eine Menge Geister von allen Gegenden der Umgebung dieses Ortes und sie baten um die Segnung dieser ganzen Gegend; sie wurde ihnen auch noch vor der siebenten Stunde gewährt. Ihr habet diese Segnung mitempfangen und habet sie durch einen regenbogenfarbenen Lichtausguß über's flache Land sehr wohl merken können.

11 Der Freund Andreas Hüttenbrenner Wortwillig hat auch in Gestalt von Sternchen die Anwesenheit der vielen Monarchen gesehen, die sich gegen Süden hin am Berge gelagert haben. Du, Mein Knecht, aber hast gegen Osten hin ganz auf der Höhe einen weißen Lichtschimmer gesehen; das war Ich zwischen den vier Quartiermachern und den drei Aposteln. –

12 Durch die Nacht hin ist noch eine Menge unzufriedener Geister beruhigt und abgefertigt worden und sie haben sich mehr zur Ruhe begeben, was auch bald die für euch sichtbar heitere Nacht zur Folge gehabt hat, wie auch den heutigen reinen Morgen und darauf folgenden Tag. – Es werden sich zwar immer Wolken zeigen, das sind Geister, die noch immer etwas mehr wollen, als sie schon empfangen haben; aber ihre Liebe ist noch schwach, daher auch ihr Gewinn nicht stärker.

13 Und heute, den 5. Oktober 1850 um halb 10.00 Uhr, kam eine Schar starker Geister durch die Luft, gab Mir Ehre, Lob und Preis, und errichtete Mir schnell ein erhabenes Wohnhaus, denn, sagte ihr Anführer: »Es ist nicht fein, den Herrn der Herrlichkeit am schmutzigen Erdgrunde weilen zu lassen.« –

14 Ich aber sagte zu ihnen: »Lasset ab von eurem Eifer; Ich weiß, warum Ich also handle und warum Ich nun die Erde berühre mit Meinen Füßen. Ziehet ein dies Gezelt! – Wollte Ich eine Wohnung, so stünde sie sogleich Meiner würdig da. Erbauet aber dafür lieber in eurem Herzen Mir ein rechtes Haus, das werde Ich dann schon zur Wohnung nehmen; aber dieses luftige Taubenhaus ist Mir durchaus nicht anständig, daher reißet es nur alsogleich wieder ab, wie ihr es errichtet habet!« –

15 Diese Geister taten, wie Ich es ihnen geboten habe, und fuhren dann wieder etwas unvergnügt ab. Du, Mein Knecht, hast es auch gesehen und schlechtweg schnell aufgezeichnet. – Die violetfarbigen Wölklein zu beiden Seiten dieses Taubenhauses waren eben die besprochenen Geister, die darauf bald verschwanden oder besser gesagt, sich zurückzogen.

16 Robert macht soeben die Bemerkung, daß es ihn hier sehr befremde, daß sich hier solche Massen von allerlei Geistern fortwährend an den Hügel hindrängen, während man in Wien sie eigens habe aufsuchen müssen, um mit ihnen irgend eine Verhandlung vornehmen zu können; woher denn das komme; warum also hier, und warum in Wien nicht?

17 Ich aber sage zu ihm: »Siehe, das ist ein Gebirgsland. Geister, die auf den Höhen der Berge sich lagern, haben schon eine hellere Sehe und wissen woran sie sind und kommen daher scharenweise zu vielen Tausenden und bitten um eine baldige Verbesserung ihres Bestandes; aber es ist noch in manchen eine tüchtige Portion Selbstsucht, daher darf man ihnen auch nur so viel tun, als es gerade zu ihrem Heile unumgänglich nötig ist. Würde man ihnen zu viel tun, so würden sie darauf übermütig und fingen allerlei Spektakel an. So aber, so sie mehr in der Dürftigkeit gehalten werden, bleiben sie nüchtern und reifen der Vollendung schneller entgegen. Da wirst du noch so manches in aller Kürze erfahren, was dir bisher noch ganz fremd war. Nun nur wieder ruhig; es kommen schon wieder neue Scharen an!«


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