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Kapitel 177

Kados Klugheit bringt Satana der Erlösung näher. Gleichnis vom ehelichen Verhältnis, noch einen Schritt näher, die nackte Satana in ihrer Urgestalt verlangt ein Kleid, die weibliche Neugier möchte wissen was in dem roten Bündel ist und Miklosch möchte wissen wie es künftig auf der Erde zu geht.

Am 20. März 1850

1 Miklosch: »Spricht die Minerva: »Freund Kado! Wahrlich, ich liebe dich; es ist wohl die erste wahre Liebe, durch die mein Herz noch ehedem bewegt ward; aber so du mir zuliebe denn schon gar nichts tun willst, so tue mir doch den Gefallen, und erkläre den Grund von solcher deiner Hartnäckigkeit gegen mich! Denn es muß da ein großer und zugleich allerfeinster Plan zu Grunde liegen. Man hat mit mir was vor von der allerhöchsten Seite, und du bist deren verkapptes Werkzeug, entweder dir bewußt oder möglicherweise dir auch unbewußt. Der Plan muß mir enthüllet werden, sonst bringst du mich ungezwungen nicht um ein Haar breit weiter von dieser wenn schon höchst lockeren Stelle. Was wird es dir auch nützen, an mir selbst Gewalt aus zu üben? So du dir mein Herz und meinen Willen nicht frei aus mir selbst dienstbar und innigst geneigt machen kannst, so hast du mit all deiner Gewalt an mir wenig oder nichts gewonnen. Denn du weißt, welch einen unbesiegbar hartnäckigsten Trotz ich der Gottheit selbst bieten kann und geboten habe; um wie viel mehr dir! Die Gottheit ist endlos mächtig, und kann aus mir machen, was sie will, aber nur durch ewigen Zwang; aber das Herz und der Wille sind mein und verstehen jeder Macht zu trotzen, und – verstehe! Auch der deinigen, obschon du der einzige bist, der meinem Herzen seit meinem Urbeginne am allernächsten gekommen ist; und wäre es nicht also, so hättest du statt dieser meiner wahren Urgestalt schon lange ein allerhäßlichstes Scheusal vor dir! Nun weißt du, wie ich bin und sein kann; daher gebe mir den verlangten Grund an, warum du, bei aller meiner ersichtlichen Aufrichtigkeit gegen dich, mir gegenüber so unbeugsam bist!« –

2 Spricht Kado: »Was verlangst du von mir das, was ich dir schon sonnenklar dargetan habe frei, ohne daß du mich dazu aufgefordert hast! Ich kann und darf aber in nichts eingehen, was du willst, weil ich dich dann nimmer freimachen könnte. Du mußt zuerst frei und ungezwungen dich in meinen Willen begeben und mußt ihn zu dem deinigen machen; so du das getan haben wirst, dann werde ich auch alles tun, was du aus dir selbst wollen wirst.«

3 Spricht nun die Minerva: »Ja, ja, das ist gewiß, so ich nur das will, was du willst, dann wirst du freilich meinem Willen leicht nachkommen. Aber wo ist denn dann meine höchst eigene Willensfreiheit?« – Spricht Kado: »In dem, daß du frei das willst, was ich will, und sonach deinen Willen mit dem meinigen zur Einheit machst; denn ohne diese ist ewig an keine höhere wahre Wirkung zu denken.« –

4 Spricht die Minerva: »Das ist mir zu dunkel, ich verstehe dich nicht; erläutere die Sache genauer!« – Spricht Kado: »O du sonderbare Trägerin alles Lichtes und Leuchtens, was da ausgegossen ist durch alle endlosen Räume! So du solche Dinge nicht fassest, die doch so klar sind, wie wirst du denn dann Tieferes aus dem ewig unversiegbaren Borne der rein göttlichen freiesten Weisheit zu erfassen imstande sein? Höre denn! So zwei Ehegatten miteinander in einem fortwährenden Hader sich befinden, und das Weib nimmer in den Willen des Mannes eingehen will, so wird solch eine Ehe wahrlich nie zu einer lebendigen Nachkommenschaft kommen. Mann kann da freilich auch sagen: Ja, dasselbe kann ja auch vom Manne gelten! Das ist richtig, so der Mann nachher stutzig würde, und sagen zu seinem Weibe: Ich erkenne meinen alleinigen Willen in deinem Begehren; aber weil er auch nun dein Wille ist, so will ich ihn nicht. Siehe, das wäre eine große Torheit von Seite des Mannes, und das Weib hätte dann das vollste Recht, dem Mann keines seiner Begehren zu erhören. Aber da das Weib schon gleich anfangs der Ehe in das Begehren des Mannes eingehet, ohnedem es nie eines Mannes Weib werden könnte, und dadurch des Mannes Willen zu dem ihrigen macht, so hat dann im Stande der Ehe auch das Weib aus dem vom Manne in sich aufgenommenen Willen das vollste Recht, auch aus ihrem eigensten Willen etwas zu verlangen, was ihr dann ein weiser und redlicher Mann auch sicher gewähren wird, wenn das Verlangte nur irgend mit seinem Willen in einem harmonischen Einklange steht; es müßte des Weibes Verlangen nur an und für sich ganz das Gegenteil wollen von dem, was sich in der Ordnung des männlichen Wollens ausspricht, wo dann der Mann freilich, um sich selbst nicht zu vernichten, nicht dem Begehren des Weibes nachkommen könnte. So ein Begehren des Weibes aber wäre dann auch der alleroffenbarste Ehebruch, durch den der schwächere Teil offenbar dem Gerichte aus ihm selbst verfiele, weil keine Kraft für sich ganz allein sich als wirksam erhalten kann; und so sie erhalten werden solle, auch in eine Gerichtskammer eigesperrt werden muß, wie es mit dir nun schon nahe eine Ewigkeit der Fall ist. Denn wäre über dich nicht sogleich ein hartes Gericht verhängt worden, so beständest du schon ganz entsetzlich lange nimmer.

5 Aber nun sollst du wieder frei werden, und deshalb in eine rechte Ordnung eingehen; und darum mußt du zuerst in meine Willensordnung eintreten, damit dadurch dann auch dein eigener Wille frei wird. Mache wenigsten einen Versuch! Behagt es dir nicht, nun, so kannst du ja immer in dein altes Gericht zurückkehren.«

6 Spricht nun die Minerva heiteren Angesichts: »Nun denn, auf diesen deinen Antrag will ich eingehen, so mir der Rücktritt, wenn mir der neue Zustand nicht behagen solle, nicht verwehret ist, dann sei es, wie du willst! Aber ich bin nackt und schäme mich also vor dich hinzutreten; schaffe mir ein Kleid, und ich werde sogleich zu dir mich hinbegeben!« – Spricht der Kado: »Auch das kann ich dir nicht eher gewähren, als bis du meinem ersten Verlangen nachgekommen sein wirst. Komme her, und sehe, soeben ist ein herrlich Gewand wie vom Himmel herab zu meinen Füßen gefallen; es ist für dich, in einer Art, wie die Himmel noch kein ähnliches gesehen haben. Also komme, und nehme es als ein würdiges Brautkleid aus meinen Händen.«

7 Micklosch berichtet: »Die Minerva stutzt nun ein wenig und richtet ihre großen feurigsten Augen nach der Stelle hin, wo nun im Ernste bei den Füßen Kados ein Gewand in ein rotes Tuch eingewickelt sich befindet; sie möchte es wahrscheinlich näher besichtigen und sehen, ob es ihrer Annahme wert sei. Sie strengt sehr ihre Augen an, um etwas vom eigentlichen Kleide zu erspähen; aber es ist so gut in das rote Tuch eingewickelt, daß darüber hinaus vom Kleide nirgends etwas zu erspähen ist; die Neugierde der Minerva wächst stark. Bin nun denn doch wahrlich selbst sehends voll Neugier, was nun dies allerstutzigste und mit allen allerbösesten Salben geschmierte Satanswesen tun wird. Herr, unser allerbester, liebster, heiligster Vater Jesus! wird dies Wesen, dieser alte Lügner sich wohl einmal bekehren für immer und wird es dann besser werden auf den Weltkörpern, besonders auf unserer Erde?«

8 Rede Ich: »Mein liebster Freund Miklosch! das wird alles die Folge zeigen; betrachte du nur den ferneren Verlauf der Szene und mache dieser Gesellschaft einen Dolmetscher wie bisher, und du wirst samt allen diesen Brüdern und Schwestern darüber ins klare kommen; daher gebe nun nur weiter acht!« äußerlich auch noch so schön, gar so entschieden dumm ist, wie kein zweites mehr in der ganzen Unendlichkeit, da wird es mit dem wahren Ansehen etwa wohl einen so derben Faden haben, als groß da sein dürfte der Durchmesser jenes Ankertaues, an dem die allmächtige Gottheit das große Schiff der ganzen Schöpfung durch die Kraft ihres allmächtigsten Willens befestigt. Rede mir daher ja nimmer von einem vermeintlichen Ansehen, das du dir selbst und sonst noch kein Wesen je gegeben hat! Bilde dir ein, was du willst; aber nur mich verschone mit derlei nahe unausprechlichen Albernheiten!«

12 Spricht die Minerva: »No, no, sei nur nicht gar so aufbrausend! Ich glaube, so ich schon gar so dumm bin, da werde ich aber ja etwa dennoch wert sein, daß du mit mir eine kleine Mühe dir nimmst und mich belehrest, wo es mir fehlet.« – Spricht Kado: »O Liebste, dir fehlet gar viel, ja dir fehlet bloß alles; da werd' ich noch vieles zu reden haben mit dir, obschon ich kein Freund des Redens bin.« –

13 Spricht nun wieder die Minerva-Satana: »No, no, habe nur Geduld! lehre mich recht und habe Geduld mit meiner Dummheit und Schwäche; denn ich meine, so ich dann selbst dir zum Lohne werde, da dürftest du für deine Mühe etwa ja doch hinreichend enschädigt sein?« – Spricht Kado: »O allerdings, so du je zu belehren bist; nimmst du aber wie bisher gar keine Belehrung effektiv an, so ist mir dann mein Hintern lieber als du, trotz aller deiner noch so unendlichen Schönheit! Solches beherzige auch; denn ich bin durchaus kein sinnlicher Teufel!«

14 Die Minerva-Satana kratzt sich nun schon wieder sehr stark hinter den Ohren, als hätte sie Läuse, simuliert ganz gewaltig, reibt sich die Stirne und scheint mit sich sehr uneins zu sein. – Kado aber wendet sein Gesicht nun gerade zu uns herüber und macht eine Miene, als ob er von uns so einen Wind hätte. Was mich aber sehr wundernimmt, ist, daß er, da er doch all die Himmelsgeister ober ihm gar wohl erschauen dürfte, die zwei neben (hinter) ihm stehenden, als den Robert Uraniel und dessen Begleiter Sahariel nicht zu ersehen scheinet; denn da macht er gar keine Miene, als nähme er jemanden hinter sich wahr.«


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