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Kapitel 173

Kado und Minerva führen miteinander ein Steitgespräch über die Wesenheit Minervas

Am 27. Februar 1850

1 Miklosch: »Spricht die Minerva: »Aber Kado! für so impertinent, roh und grob hätte ich dich wahrlich nicht gehalten; es haben mir's ein paar Favoritinnen meines Hofes erzählt, welch ein grober und roher Schroll du sein sollest; aber ich nahm ihre Aussagen nicht sogleich als bare Münze an, sondern wollte mich erst selbst von allem überzeugen. Aber da ich mich nun von deiner höchst inhumanen Weise, mit hohen Geistern zu verkehren, selbst überzeugt habe, wo ich dir doch gewiß nicht unartig entgegengekommen bin, so bin ich denn auch genötigt, mit dir in einem ganz anderen Tone zu diskutieren anzufangen; zuerst sollst du einer kleinen Exekution zusehen, und daraus entnehmen, wie ich mit Geistern so ganz von deinem Kaliber umzugehen pflege; und solle dich dieser Anblick für mein Herz noch nicht mürbe machen, so werde ich dann auch dich unverzüglich meine Schärfe verkosten lassen, weil dir meine Herablassung, Milde und Sanftmut nicht munden will.« –

2 Die Minerva winkt, und in einem Augenblicke werden von allerschrecklichst aussehenden Teufeln eine unübersehbare Menge von allen erdenklichen Marterwerkzeugen herbeigeschafft, und in einem weiten Kreise um die Minerva ordnungsmäßig aufgestellt. Auf einen zweiten Wink werden von anderen noch gräßlicher aussehenden Teufeln eine ungeheure Menge von noch ganz menschlich aussehenden Delinquententeufeln auf eine Weise nun aus der schauderhaftesten Grotte herbeigeschleppt, die selbst einen Stein empören müßte. Diese Delinquenten schreien und heulen nun furchtbar, und viele winden sich entsetzlich aus tiefster Verzweiflung bittend vor der Minerva, daß sie ihrer schonen möchte. Aber diese winkt nun ganz stumm den vor Martergier ordentlich glühenden Teufeln, und diese ergreifen mit wildester Hast ihre Opfer, und beginnen soeben dieselben auf das allerunbeschreiblichste zu martern und zu quälen.

3 Ach, Herr! das ist noch der allergräßlichste Anblick! Wenn diese ärmsten Teufel auch so wie wir schmerzfähig sind, so ist das etwas, worüber selbst der tiefweiseste Cherub verstummen muß. Das Martern geht nur sehr langsam und ganz planmäßig vor sich. O Herr, du ewige Liebe! erbarme dich dieser ärmsten und allerunglückseligsten Teufel, und lasse den armen Kado nicht in die vollste Verzweiflung übergehen! Ich höre von ihm nun nichts mehr und nichts anderes als: »O Gott, o Gott, o Gott! wo bist Du? Ist es denn möglich, daß Du so was ruhig mitansehen kannst? Ich bin verloren! ich bin verloren!« Er fällt nun wie ohnmächtig zusammen.

4 Nun ruft dem Kado die Minerva so ganz höhnisch gelassen zu: »No, du tapferster Held, wo ist denn nun dein Mut und dein Starrsinn? Beliebt es dir, mir etwa noch länger trotzen zu wollen? Versuche es, so du nun den Mut besitzest, und ich werde dir dann sogleich meinen Mut und meine Kraft zeigen. Wie gefällt dir dies kleine Pröbchen, das ich nun bloß nur so aus meiner Laune vor deinen Augen aufführen lasse? Nicht wahr, die Sache macht sich?« –

5 Der Kado springt nun plötzlich auf wie neu gestärkt, und heulet der Minerva zu: »Satan, Grund alles Bösen! was haben diese verschuldet vor dir, daß du sie alle quälen lässest? Wenn dir nur ein Funke Weisheit innewohnt, so forsche in dir dem Grunde nach, und gebe mir ihn kund; und so er mich befriedigt, da will ich dich anbeten! Rede! oder ich zerreiße dich in Atome!« – Hier bricht die Minerva in ein gellendes Gelächter aus und sagt darauf: »O du elendster Wurm, du wagst es noch, bei all dem Gesehenen mich als die Herrin der Unendlichkeit um eine förmliche Rechenschaft anzuheulen! Warte! es soll dir sogleich die verheißene Züchtigung zukommen, und diese wird es dir sagen, aus welchem Grunde die Allmacht so manches zu tun pflegt nach ihrem launigen Belieben, ohne ein geschaffenes Wesen eher um eine Genehmigung anzubetteln.«

6 Nun winkt die Minerva ihren Büttelteufeln, daß sie den Kado ergreifen und auf eine allerärgste Martermaschine schleppen sollen, und sogleich springen eine starke Menge der grimmigsten Teufel auf ihn zu, um ihn zur Martermaschine zu schleppen. Aber da sehe man den Kado an; nein, solche Kraft hätte ich in ihm nicht gesucht. Im Augenblicke, als ihn die Teufel ergreifen wollten, warf er allergewaltigst einen Stein unter sie, daß sie dadurch wie durch einen Zauber derart auseinander zerstoben wurden, als wäre ein allergewaltigster Blitz unter sie gefahren; und es scheint keiner mehr die Lust zu haben, einen wiederholten Angriff zu wagen.

7 Als Kado nun ersieht, daß ihm ein mit Deinem Namen, o Herr, bezeichneter Stein einen so ausgiebigen Dienst geleistet hat, legt er die Hände auf seine Brust und sagt: »Nicht mehr du Judenprophet Jesus, sondern Du Gott Jesus! Du hast mir geholfen, Dir sei all mein Dank, und alle meine Achtung auch aus der Hölle, in der ich mich befinde, für ewig geweiht!«

8 Miklosch: »Mehr als überaus merkwürdig ist es aber, daß bei der Nennung Deines allerheiligsten Namens die sämtlichen Teufel samt der Minerva wie von einer Million Blitzen zu Boden geschmettert worden sind und gar keine Lust mehr zeigen, sich wieder zu erheben.« –

9 Kado aber fragt nun die zusammengekauerte Minerva: »No, du holdeste Beherrscherin der Unendlichkeit, wie geht es dir denn nun? Mir scheint, du bist ein wenig angegriffen? Möchtest denn nicht ein wenig näher zu mir dich begeben, vielleicht könnte ich dir helfen mit noch so einem Steine der Weisen!«

Am 1. März 1850

10 Die Minerva richtet sich nun wieder auf, findet aber zu ihrem großem Leidwesen, daß ihre Lanze gebrochen und ihr Zepter sehr beschädigt ward, sie betrachtet nun solche ihre Herrschinsignien eine Weile und sagt: »Das ist sehr übel für meine Herrschaft! denn es sagte einst das mächtigste Fatum zu mir: Minerva! du weiseste und mächtigste Königin über alle Sterne, gebe acht auf deine Lanze und auf deinen Zepter! So es je geschehen solle, daß dir deine Lanze gebrochen, und dein Zepter beschädigt würden, dann wird es mit deiner Herrschaft auch ein baldiges Ende nehmen, und du wirst verabscheuet werden ärger den ein Aas. Ja, ja, das Fatum, das unerbittliche Fatum hat wahr gesprochen, Kein Engel der Himmel konnte je meine Macht brechen. Aber einem niedrigsten Teufel, der doch in aller Bosheit ein dümmster Teufel war, wurde es vom Fatum vorbehalten, daß er mich stürze.« –

11 Nach diesem Monologe wendet sie sich nun an den Kado und sagt: »O du dümmster aller Teufel, wie ist es dir denn nun, daß du mich so schmählich hintergangen hast; wirst du nun als das Symbol der rohesten Dummheit die Welten, Sonnen und alle Elemente lenken? Wirst du sie aufhalten, so sie nun bald, da ich sie nicht mehr erhalten kann, über dich hereinstürzen werden? Meinst du, auch eine ganze Welt mit aller ihrer Schwere wird sich im Falle von deinen allerschmutzigsten Steinen aufhalten lassen?« – Spricht nun Kado: »Wenn du als allmächtige Beherrscherin der Unendlichkeit dich vor meinen Steinen nicht schützen konntest, wie werden sich dann deine miserablen Werke schützen vor ihnen? Wer so eine saubere Gottheit, wie du eine, besiegt, für den werden wohl ihre Werke auch nicht unbesiegbar sein! Kümmere dich dessen nicht; da weiß es schon eine andere Gottheit als wie du, was sie aus deinen seinsollenden Werken machen wird. Sage mir aber lieber, wie viele so arme Teufel hinter jener Grotte noch weilen, als wie diese da sind, die du nun so bloß zu deinem Privatvergnügen auf das allerscheußlichste hast martern lassen? und wie viele sind schon von jeher so und vielleicht noch ärger gequälet worden? Sage mir die genaueste Wahrheit, sonst sollst du von mir auf das allerübelste bedienet werden!« –

12 Spricht nun die Minerva: »Sieh, du blinder Tor! Alles das, was du hier gesehen, war nichts als bloß nur eine momentane Ausgeburt meiner Phantasie, also gestellet zur Probe deines Mutes; ich allein bin eine Wirklichkeit; alles andere war ja nur ein Schein und kein Sein; daher hattest du mit dem Scheine auch einen leichten Kampf zu bestehen; denn wäre dir hier eine Wirklichkeit entgegengetreten, da hätten dir deine allerschmutzigsten Steine sicher keinen Sieg verliehen; aus welchem Grunde aber an deinem Siege über mich auch nicht so viel liegt, als wie du nun etwa meinen dürftest; denn du hast nur einen Schein, und keine Wirklichkeit besiegt!« – Hier denkt die Minerva etwas nach und sagt nun nach einer Weile: »Auf deine Frage, wie es sich schon von selbst versteht, kann ich dir daher auch keine Antwort geben, was auch mein gerechter Stolz nie zugeben könnte, daß ich mich mit so einem miserabel dümmsten Teufel in eine Weisheitsberechnung einlassen möchte. Verstehst du miserabel dümmster Teufel solches?« –

13 Spricht nun Kado mit spöttisch lächender Miene: »Schau, schau, was du doch bist für eine kluge Sau! Also nur bloß den Schein, und keine Wirklichkeit hätte ich besiegt durch den Gottnamen Jesus? und doch sagtest du soeben, die du auch total geschlagen bist, von dir selbst aus, daß du eine allmächtige Wirklichkeit bist! Wenn ich mit meinem Steine – nach deiner Behauptung – bloß nur deine allergrausamsten Phantasiebilder besiegt habe, wie kommt es denn, daß du als Wirklichkeit nun auch besiegt und ganz gelähmt vor mir dich befindest? Rede nun, und mache mir diese Sache erklärlich, wie ist das?«

14 Spricht die Minerva: »Das ist auch nur ein Scheinsieg, da ich mich nur so stelle, als wenn ich besiegt wäre, um mit dir ganz aufrichtig zu sprechen; denn wäre ich wirklich besiegt, so stünde ich nicht mit aller meiner vollsten Entschlossenheit vor dir, und wäre nicht bereit, mit dir noch zahllose Male den glühendsten Kampf zu erneuern! – Ich gebrauche gegen dich, der du ein reinstes Nichts gegen mich bist, dieses Scheingefecht nur aus Schonung für dein mir leider zu wohlgefälliges Wesen, welches mein Herz mit der unverdientesten Liebe gegen dich erfüllte, und noch erfüllt; hätte ich nicht diese zarteste Rücksicht für dich, so hätte ich bloß so ein paar allerschwächste Mückengeister über dich gesendet, die alle deine Macht und Kraft rein in nichts verwandelt hätten; und so du mir viel Flausen machst, so werde ich am Ende denn doch noch mit der Wirklichkeit dir entgegenzukommen genötiget sein!« –

15 Spricht der Kado: »Hm, hm, merkwürdig! nein, nein, du bist wirklich ein charmantes Wesen; schau, schau, so viel Herzensgüte hätte ich bei dir nicht erwartet! Daß du überaus gut sein mußt, das haben mir ja deine Phantasiebilder hinreichend bewiesen, wie auch deine schönen Gott zu enthronen beabsichtigenden Ideen, die du früher durch deine Hauptmacht, die nun unter diesem Glutmeere begraben liegt, effektuieren wolltest! – Sage mir, war etwa das auch nur bloß so eine ganz leere Spiegelfechterei? Der erste Empfang von deinen Aposteln war an mir wenigstens ganz verdammt wirklich, was ich zu einer ewigen Witzigung nur zu klar verspüret hatte. Dieselben Apostel aber sind hernach, als sie an mir scheiterten, in einer ungeheuren vermehrten Anzahl gegen die wahre allmächtigste Gottheit zu Felde gezogen, um an ihr höchst wahrscheinlich deinen uralten Plan auszuführen. Aber die liebe allmächtigste Gottheit war gleich so keck, zu öffnen die Feuerschleusen dieses Gebirges, und begrub deine Hauptmacht unter die Wogen dieses Glühmeeres. Sage mir gütigst, ob das auch alles bloß nur so ein Schein war ohne alle Wirklichkeit!« –

16 Spricht die Minerva ganz trotzig und mit zornverbissenen Lippen: »Das war leider kein Schein! Daß es aber so ungünstig für mich ausgefallen (ist), daran ist leider dein dümmster Vorfahre schuld; denn ich habe es ihm tausend Male gesagt, daß es nun noch nicht an der Zeit sei. Aber er ließ sich nicht raten, handelte eigenmächtig, und hat nun den Lohn für seine wahnwitzige Tollkühnheit. Wann wird sich wieder so eine Gelegenheit darbieten?«

17 Spricht Kado: »Ich glaube: in alle Ewigkeit nimmer! Packe daher ein mit deinem allerdümmsten Plane; Gott ist und bleibt Gott ewig, und du ein allerdümmstes Wesen, schlecht und elend genug, so du solch einen allerdümmsten Plan nicht aufgeben wirst; schau, was für ein ungeheuer schönstes Wesen wärest du, wenn du nicht so bösedumm sein möchtest; lege einmal dein uraltes stets fruchtlosestes Handwerk ab, und nehme an den Willen der Allmacht, der du ewig nimmer wirst zu widerstreben imstande sein. Ergebe dich, du sonst deiner Gestalt nach unbeschreiblich Herrliche, und ich selbst will dich mit einer Liebe umfassen, von der unter den geschaffenen Geistern die ganze Unendlichkeit kein Beispiel gesehen hat; ansonst ich dich trotz deiner höchsten Schönheit dennoch allertiefst verachten muß.«

18 Spricht die Minerva etwas weniger leidenschaftlich: »Wüßtest du, was ich weiß, so würdest du von deiner Gottheit anders reden. Aber dennoch hast du recht, daß du also zu mir redest, denn es ist auch also; aber ich kann mich ewig nimmer ändern. Denn ändere ich mich, so ist im nächsten Augenblicke außer Gott und mir kein geschaffenes Wesen mehr in der ganzen Unendlichkeit; keine Sonne und keine Erde mehr! Ich muß daher in der ewigen Qual stecken, auf daß die Geschöpfe aus mir in aller Seligkeit schwelgen können. Aber nun habe ich es satt und es muß denn doch einmal anders werden!« –

19 Spricht Kado: »O du arme Mutter der Unendlichkeit! Geh, komm her zu mir, ich werde dich zu unserem lieben Herrgott Jesus führen; nachher wird schon alles wieder gut werden!« –

20 Schreiet die Minerva: »Nur diesen Namen nenne mir nimmer! Sonst ist es gleich rein ganz aus mit uns beiden, denn dieser Name ist mir ein Greuel!« . . . – . . . (was i au glaub'.)


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