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Kapitel 208

In der Gruft des kapuziner Klosters. Die Reden des Paulus an die Dynasten. Vom Verhältnis der Dynastie zu Gott und Volk. Leget ab euren Herrschersinn und werdet Lämmlein Gottes!

Am 25. Juni 1850

1 »Ich, Paulus, ein wahrer Knecht des Herrn Jesus, sage es dir und euch allen: Vor Gott dem Herrn sind alle Throne und Dynastien ein Greuel. Aber so die Dynastie den Willen des Herrn achtet und handelt nach solchen Grundsätzen, die aus dem Worte Gottes und aus Seiner Liebe und Erbarmung abgeleitet sind, dann ist die Dynastie über dem Thron, und dem Herrn recht und genehm; mit solch einer Dynastie ist dann des Herrn Gnade, Macht, Kraft und Stärke, und wehe dem Feinde, der sie angriffe; wahrlich, er wird zu Staub und Asche zermahlen werden. Merket euch das, ihr alten, selbst in eurem Geiste tiefst eingefleischten Dynasten! Keine Dynastie ist an und für sich etwas, und kein Thron hat einen Wert und einen Bestand, so da nicht jemand hauptsächlich von Gottes Gnaden darauf sitzet.

2 Eine Dynastie, die der Herr aber – wie die Habsburger – so lange auf dem Throne beläßt, muß dem Herrn im allgemeinen doch recht sein, ansonst sie schon lange gleich anderen Dynastien sich auf keinem Throne mehr befände. – Ihr aber seid eben deshalb hier so lange in eurer Nacht und Blindheit, weil ihr in euren Herzen die Dynastie als etwas ansehet und für etwas haltet, das da auf der Erde und auch noch in der Geisterwelt das Allerhöchste sei, für dessen Erhaltung und Befestigung der Herr alle Seine Allmacht verwenden solle. – O sehet, das ist ein großes Irrsal in euren Eingeweiden. Der Herr ist freilich wohl die alleinige Stärke und Macht jeglicher Dynastie und jeglichen Thrones, aber nicht der Dynastie und des Thrones wegen, das vor Ihm nichts ist, sondern der Völker wegen, die vor Ihm allein etwas sind. –

3 Gott der Herr tut gegenüber einer jeden Dynastie, was da tut ein Hausvater und Grundherr, der viele Weideplätze, und viele Herden hat. Wenn ein oder mehrere Schafe seiner Herde schlecht sind, so wird sie der Besitzer dennoch pflegen mit aller Sorgfalt, auf das sie gut werden mögen; aber so der Hirte faul wird und schlecht, so wird er mit dem Herrn der Herden übel zu tun bekommen; und bessert er sich nicht, so wird ihn der Herr aus dem Dienste jagen und ihm nimmer eine Herde zur Hut anvertrauen. – Wenn der Herr aber auch hundert Hirten vom Dienste hinwegtut, darum sie schlechte Hirten waren, so wird er aber dennoch nicht ein Schaf darum wegtun, weil es schlecht geworden ist, sondern er wird es behalten und pflegen, aber einen schlechten Hirten wird er nimmer behalten und pflegen, sondern ihn weidlich vom Dienste entfernen.

4 Sehet hin über die ganze Erde; die Völker sind noch dieselben; aber wo sind alle die Dynastien, die einst diese Völker beherrschten? Sie sind schlechte Hirten geworden, und somit auch ihres Dienstes verlustig. – Entfernet sonach ihr aus euren Herzen das, was da töricht ist, und überaus eitel, und nichtig vor Gott! – Ziehet aus wie ein schlechtestes Kleid eure Dynasten, und ziehet an ein neues Gewand der wahren Demut und Erkenntnis, auf daß ihr dadurch möget in die Zahl der Gotteslämmer, die da sind die wahren Gotteskinder, aufgenommen werden!

5 Ihr habet aber alle die Worte vernommen, die der feurige Reiter an euch gerichtet hat. Da hieß es auch, daß bald auf die Boten, denen ihr entgegengegangen seid, der Herr Selbst kommen wird und aufrichten eure zerstörten Vesten und zerfallenen Burgen. Ich Paulus aber sage euch noch sehr viel mehreres denn jener feurige Prophet zu Pferde:

6 Sehet, der Herr, der da nach uns kommen sollte, ist gleich mit uns da! – Dieser hier an der Seite meines Herzens ist es. Zu Diesem gehet hin und traget ihm die Anliegen eurer Herzen vor! – Er allein besitzt die Urquelle des lebendigen Wassers; – so ihr das trinken werdet, da wird es euch nimmer dürsten ewig. – Ich habe euch zwar ein gutes lebendiges Getränk dargereicht; aber es stillet dennoch nicht des Lebensdurstes heißes Verlangen. Aber das Wasser Seines Mundes stillet jeden Durst für ewig. Darum also, da Er Selbst hier ist persönlich wesenhaft gegenwärtig, so gehet hin vor (zu) Ihm! – Er allein kann und wird euch helfen; wir anderen haben keine Hilfe in unserer Macht, wohl aber die Eigenschaft unsere blinden Brüder für die Hilfe aus Gott vorzubereiten.«

7 Sagt darauf der erste Dynast Rudolf: »Vom Anfange her war deine Rede gut, und du hast uns die rechte Sache recht gezeigt; aber daß dieser hier an deiner Herzseite Christus der Herr sein solle, also Gott Selbst von Ewigkeit, das ist dumm von dir. – Wenn ein Herrscher auf der Erde kein Abzeichen, als etwa einen Hausorden und dergleichen trägt, und einhergeht wie ein geringster Stallknecht eines gemeinen Bürgers, dann mag er sich es selbst zuschreiben, so er mit Kot beworfen wird. – So aber ein irdischer König stets auch durch äußeren Glanz zeigen muß, wer er ist, um so mehr wird das wohl beim ewigen Herrscher aller Herrscher der Fall sein. Zudem heißt es ja auch: Gott wohnt im unzugänglichen Lichte.«

8 Spricht Paulus: »O ja, das ist auch also, aber nicht für jedermann. Sieh hin! gerade das Licht, in dem sich der Herr nun befindet, wird für dich und deinesgleichen wohl schier das unzulänglichste sein. Denn das Licht der Demut und der Selbsterniedrigung ist für Wesen euresgleichen wohl schier das unzugänglichste. O, ich Paulus sage es euch, wäre der Herr strahlend wie eine Sonne zu euch gekommen, so hättet ihr Ihn sogleich anerkannt; aber in diesem Kleide ist Er euch unzugänglich. Es wird euch aber fürder schwer werden, in solche Seine Nähe zu kommen. – Ihr wisset nun alles; tuet sonach, was ihr wollt; ich habe ausgeredet vor euch.«


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