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Kapitel 184

Fortsetzung der Szene mit Kado und Minerva, Robert Uraniel und Sahriel. Sahariels Rede über das »Amen«. Minerva-Satanas Liebesantrag an den Sahariel und dessen weise Antwort. Gleichnis von den zwei Brunnen. Kado enthüllt die Schlange

1 Miklosch: »Tritt hinzu der Sahariel und sagt: »Höret! auch mir stehet ein Recht zu, über irgend etwas ein gar kräftigstes Amen auszusprechen; aber ich tue es dennoch nicht, weil hinter einem jeden Amen irgend ein Gericht steckt. Ich rate euch daher, eure Amen zurückzunehmen; denn es stehet niemanden ein Recht zu, über irgend etwas, das da mit der göttlichen Ordnung nicht in der Übereinstimmung stehet, aus sich heraus ein Amen auszusprechen; wohl aber darf und kann ein jeder Geist in dem ein ewiges Amen in sich tragen, was da betrifft die göttliche Ordnung und den Willen Gottes. Dies Amen ist das Urleben aller Wesen, ist ihr Wert und ist ihre höchste Freiheit, so sie es sich aus sich heraus vollends zu eigen machen; jedes andere Amen aber ist Gericht, Tod und Hölle und erzeuget Hochmut, Stolz, Verachtung, Geringschätzung alles Wahren, Guten und Göttlichen, und baut Kerker, Gefängnisse, schmiedet Ketten und fachet an das Feuer alles Verderbens. Also nehmet darum euer Amen zurück und begebet euch in ein wahres und ewiges Gottes Amen, dann werdet ihr beide am ehesten frei werden von der Hölle, die nun noch recht stark in euren Herzen tobet und pochet, wie das Feuer eines feuerspeienden Berges. Gehet und befolget diesen meinen Rat und ihr werdet wahrlich nicht schlecht fahren.« –

2 Spricht die Minerva zum Kado gewendet: »Hast du's vernommen? du eingebildeter Weisheitspinsel und äußerst dummer Tropf! Das sind Worte voll echter himmlischer Salbung, auf die man bauen kann; aber auf deine Worte, die keinen Anfang und kein Ende haben, kann man ja nicht einmal ein allerelendestes Kartenhaus setzen. Siehe, ich bin deinen Worten wohl gefolget, weil es sich in denselben zeigte, als wäre dahinter wirklich ein guter Zweck verborgen; aber je mehr ich sie in eine tiefere Erwägung zog, und je näher ich dir kam, desto klarer wurde es mir hernach auch, daß du bloß nur so ein blinder Abenteurer bist, der zwar irgend eine Macht besitzt, sie aber bloß dazu verwendet, um damit zu einem sogenannten Gauklertriumpf zu gelangen, hinter dem aber freilich nichts ist, als die leerste Schalheit. Packe nur ein mit deinen Machtsätzen und Weisheitssätzen; auch diese deine Davidssteine kannst du dir zum ewigen Angedenken aufbewahren; denn nicht deine Steine, sondern diese beiden haben mir die Lanze gebrochen, und mein ewiges Zepter zerschlagen; daher gebührt auch nur ihnen, nicht aber dir der Ruhm und der Preis. Sahariel! Nehme mich hin; ich will dir ein Preis sein; denn du hast dich um mich verdient gemacht.«

Am 17. April 1850

3 Spricht Sahariel: »Holdeste aus aller äußeren Schönheitsmitte! mir wie auch meinem Freunde Uraniel gebührt ebensowenig ein Preis, als wie dem Freunde Kado; denn wir sind nur Diener nach dem weisesten Plane des Herrn, Werkzeuge in Seiner Hand; und so wir alles auf's genauste getan haben, so sind wir darob dennoch vor Ihm nichts, als eitel unnütze Knechte. Denn so wir auch etwas tun, das da aussieht, als täten wir es, so ist aber das dennoch nur ein Schein; indem doch nur Er es ist, Der da alles tut und vollbringet. Wie würde ich vor dem Herrn bestehen, so ich für meine nichtigen Taten gleich mir einen so hohen Preis aneigenen würde! Was daher dem Herrn wohlgefällig ist, das geschehe! Du, wie wir alle, sind des Herrn, und sind nach dem Grade unserer Demut vor Ihm und Liebe zu Ihm ein Preis, der allein Ihm gebührt; uns aber gebührt nichts, als was uns Seine große Liebe, Gnade und Erbarmung bietet. Du mußt dich darob aber etwa ja nicht betrüben, daß ich dich als einen zu hohen Preis meiner zu nichtigen Mühe nicht annehmen kann, indem du allein dem Herrn Gott Jesus Jehova Zebaoth angehörst; sollte aber der Herr selbst dich mir aus Seiner zu endlos großen Liebe heraus an mein Herz binden, dann werde ich dich aber auch mit der höchsten und liebedankbarsten Würdigung annehmen für ewig! Ist dir, du gestaltlich schönste Lichtträgerin, das recht und genehm?« –

4 Spricht die Minerva: »Schönster Sahariel! deine Demut und nahe unbegrenzte Bescheidenheit nötigt mir ein gerechtes Erstaunen ab, und deine Rede fordert mein Herz zur wahren und vollsten Bewunderung auf; denn wie Milch und Honig floß deiner himmlischen Rede Süße in meine tiefbewegte Brust, und ich atme nun nur Liebe über Liebe für dich, du mein göttlich schönster Sahariel! Welch' ein schöner, göttlich freundlicher Ernst strahlt aus deinem ewig jugendlich zarten Jünglingsgesicht, welch' ein himmlischer Adel durchweht dein ganzes Wesen, und welch' eine sanfteste Rundung und himmlisch ästhetische Harmonie leuchtet gleich einem Morgensterne aus allen deinen Gliedern! Ich muß es dir gestehen, daß ich dich liebe über alle Maßen. Und so du mir nicht eine Gegenliebe gibst, da bin ich das unglücklichste Wesen in der ganzen Unendlichkeit! Sieh' mich doch recht an! Sieh', ich bin ja auch schön! Gut, freilich bin ich leider nicht! Aber wer weiß es denn, ob ich eben durch dich nicht auch so gut werden kann, als ich nun schön bin. Gerne möchte ich dir das beste und reinste Herz bieten, so ich's hätte; aber nehme es an, wie es ist, und wie ich dir's biete! Vielleicht wird es an deiner Seite auch edel und rein werden. Verschmähe diesen meinen Antrag nicht; denn er entstammt der ersten Liebe meines ewigen langen Seins.«

Am 18. April 1850

5 Spricht Sahariel: »Meine allerschönste und strahlend holdeste Minerva! dein Sein ist wohl schon, der irdischen Zeit nach gerechnet, ein recht sehr langes, aber kein ewiges, vom Anfange her ist es nicht. Gott allein ist ewig; alles andere aber hat aus Ihm heraus einen Anfang genommen. Wir alle Zahllosen aus Ihm werden nun wohl ewig fortdauern, aber ewig wie Gott bestehen wir nicht; ob auch jemand aus uns gerade um einige Dezillionen von Erdjahren länger besteht, so ist er aber deshalb noch lange nicht ewig. Du hast dich in deinem Eifer zwar ein wenig verstiegen, aber das macht nichts; wenn du nur sonst eine wahre Liebe zu mir in deinem Herzen verspürest, woran ich zwar noch ein wenig zweifle, so kann ich über solch bloß poetische Übertreibungen schon ganz ruhig hinausschauen. – Du hast mir deine Liebe und dein Herz angetragen, und ich nehme diesen Antrag an. Aber nur eine einzige kleine Bedingung knüpfe ich daran, und diese besteht darin, daß du mir folgest zum Herrn willig und fröhlich und den Freund Kado mitnimmst. Kannst du das tun, so sind wir quitt.« –

6 Spricht die Minerva: »Freund! das ist keine kleine, sondern eine unendlich große, für mich so gut wie rein unausführbare Bedingung. Was denkst du dir? Ich zum Herrn der Unendlichkeit mit dir hinziehen, und den mir nun über alles verhaßten Kado auch dazu mitnehmen? Freund! das tut sich wohl nicht. Alles andere, nur das nicht, weil es mir nun so gut wie unmöglich ist. Du mußt mit mir eher noch sehr (viel) Mühe haben, mußt reinigen und edeln zuvor mein Herz; dann erst kannst du mir mit solchen Bedingung kommen. Es wäre die sogleiche Erfüllung von solch einer Bedingung ja auch für dich keine Ehre vor Gott, da es entweder von einer zu geringen Achtung vor der allmächtigen Gottheit dir ein Zeugnis gäbe oder so das nicht ist, so doch von deiner Dummheit, deren du, wie ich dich bisher kenne, wohl kaum fähig sein dürftest. Ich sage dir, nehme mich unbedingt an; kaufe die Katze im Sacke und du wirst damit keine schlechte Fahrt machen.«

7 Spricht Sahariel: »Das wird sich etwas schwer machen, weil noch zu viel Gerichtes in deinem Herzen rastet, das nur dadurch verringert werden kann, so du Holdeste ganz unbedingt dich stets mehr und mehr unserem in Gott geordneten Wollen frei und ohne Zwang unterwirfst; wird auf diese Art dein Wille vollends in den göttlichen übergehen, dann wirst auch du von mir verlangen können, was dir nur immer belieben wird, und wir werden es dann ohne Verzug sogleich in die vollste Erfüllung bringen. Aber jetzt tut es sich noch nicht; denn täten wir nun, was du willst, so begäben wir uns selbst in dein Gericht, und würden dadurch dasselbe vermehren und härter machen, anstatt daß wir es mildern und verringern sollen. –

8 Die Sache verhält sich gleichnisweise gerade also, als wenn da zwei Brunnen nebeneinander wären, von denen der eine voll ist des reinsten Wassers, der andere aber voll Kloake; wird man das ergiebige Wasser des ersten reinen Brunnens in den zweiten unreinen hineinleiten, so wird dadurch mit der Weile der Pfützengehalt dieses zweiten schlechten Brunnens gereinigt und am Ende selbst zu einem guten Wasser werden; so man aber die Kloake des zweiten Brunnens in den ersten reinen leiten würde, da würden dann beide Brunnen schlecht und unbrauchbar werden! Würde bei solch verkehrter Arbeit wohl jemand etwas gewinnen? –

9 Siehe, du hast nun ein handgreifliches Beispiel aus meinem harmlosesten Munde erhalten, aus dem du leicht ersehen kannst, warum wir das Wasser, deines Willens in den unseren nicht aufnehmen können; aber es muß dir auch sonnenklar sein, warum du zu deinem höchst eigenen Wohle das Wasser unseres Willens in das deines Willens allerreichlichst solltest überströmen lassen! Tue sonach das, was wir wollen, und du wirst gereiniget werden, und voll edlen trinkbaren Wassers! – Hast du doch selbst den Wunsch geäußert, daß du durch mich rein und edel werden möchtest! Ja, du kannst das, so du's willst; aber da mußt du das tun, was ich im Namen des Herrn, wie im Namen aller Himmel dir zu tun vorgeschlagen habe!« –

10 Die Minerva sieht nach dieser wahrlich höchst einfach weisen Belehrung ganz wie stumm vor sich hin, und scheint nach ihren Blicken zu urteilen, darauf zu sinnen, wie sie sich von dieser ihr sehr lästig werdenden Gesellschaft loswinden könnte!

11 Der Kado scheint das auch zu merken und sagt nun zum Sahariel, wie auch zum Robert Uraniel: »Liebe Freunde! obschon ich als selbst ein Teufel nicht wert bin meine Augen zu euch empor zu heben, da ihr wahrlich voll seid der heiligen Wahrheit und Weisheit aus Gott; aber wie ich's nun merke, so werden wir mit dieser Schlange wenig oder nichts ausrichten; denn ihre hartnäckigste böseste Schlauheit übersteiget nun schon alle meine Begriffsgrenzen, die doch nach meinem Dafürhalten eben nicht gar zu enge aneinander geschoben sein dürften; ihr ist es eben so wenig Ernst, in ein besseres Sein überzugehen, als es uns je ein Ernst sein könnte, in ihr ärgstes Gericht überzugehen! Denn dies echte Schlangenwesen ist zu voll des Giftes durch und durch. Was sind ihr schon alles für allertriftigste Vorstellungen gemacht worden, deren Grund und wahre vollkommenste Weisheit sie ebensogut wie wir einsieht; aber ihr alter Satanswille bleibt dabei stets der gleiche. Sie tut wohl, als ob sie in unser Wollen eingehen wollte; aber das tut sie nur zum Scheine und wendet dabei alles an, wodurch sie am Ende uns in ihren Sack schieben könnte; da sage ich: Nichts da – Satanas! – mein Auge sieht schärfer denn das deine; uns wirst du nicht lange mehr herum foppen! – Denn wir kennen dich!!« –


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