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Fünfundsiebzigstes Kapitel

Der Morgen des ersten Tages, den der Besitzer von Liebenau als solcher daselbst zubrachte, war dem Empfange seiner Gespielen gewidmet. Pastor Julius Karich, und Verwalter Robert Karich, samt ihren Ehehälften »Miez und Linz«, stellten sich dienstbeflissen und ergebenst ein. Anton zitterte vor dieser ersten Besprechung; es war ihm ebenso peinlich, als es ihm noch immer unbegreiflich blieb, daß er, der Korbmacherjunge, die Töchter des gefürchteten Onkel Nasus in seinem Schlosse als schlichte Bürgerfrauen bei sich sehen sollte.

Er ging ihnen bebend entgegen, voll Furcht, seiner unverstellten Herzlichkeit könne Bitterkeit oder Hohn das Wort im Munde ersticken. Doch nichts dergleichen. Die Gesinnung beider Frauen tat sich in demütiger Artigkeit kund. Puschel und Rubs stellten sich sehr zu ihrem Vorteil verändert dar. Die Männlichkeit ihres Wesens kleidete sie wohl, und es war über beide, besonders aber über den jungen Prediger, eine milde, teilnehmende Freude verbreitet, die in ihrer wortkargen Innigkeit lebhaft an den verstorbenen Vater, Antons unvergeßlichen Lehrer, erinnerte. Er ließ ein schnellbereitetes Mahl auftragen, wozu er sie als Gäste einlud.

Kaum hatten die ersten Gläser das Gespräch belebt, als auch schon »Tiletunkes« Name von den Schwestern genannt wurde, offenbar in der Absicht, zu erfahren, was »der Herr« für seine Jugendliebe noch fühle oder nicht mehr fühle. Dabei verhehlten beide durchaus nicht, daß sie mit Ottilie auf feindseligem Fuße lebten, seitdem diese sich ihrer Verheiratung offen entgegengestellt, auch nachher den Umgang mit ihnen förmlich abgebrochen. Sie gestanden ihrerseits Abneigung gegen die »stolze Person« ein, und es bedurfte nur geringer Kenntnis des menschlichen, vorzugsweise des weiblichen Herzens, um zu durchschauen, daß ein Schwager, wie Anton jetzt war, ihren Neid erregen werde, daß sie den Gutsherrn der »alten Jungfer«, wie sie Ottilie ein für allemal nannten, nicht gönnten. Durch diese Richtung des Gespräches verschwand die Heiterkeit der kleinen Tischgesellschaft, der Pastor wie der Verwalter eilten, dies empfindend, zu ihren Berufsgeschäften und nahmen natürlich die Frauen mit.

Anton blieb wieder allein, den Nachklängen dieser peinlichen Unterhaltung anheimgegeben. Er ging länger als eine Stunde auf und ab, die großen Räume mit großen Schritten durchmessend; bald sprach er laut, bald versank er in Sinnen, dann riß er die Fenster auf und starrte ins Grüne; endlich lief er hinaus in die Wildeweinlaube, stellte sich auf den Fleck, wo er vor Carino gegeigt, blickte nach der Haustür, hinter welcher sie stand, als sie ihm die Kußhand nachschickte. Sodann begab er sich wieder in sein Wohnzimmer, warf sich in einen Lehnstuhl, bedeckte sein Gesicht mit den Händen und seufzte laut: »ach, daß doch Gräfin Julia hier wäre, daß ich mit ihr sprechen, daß ich ihre Meinung hören könnte! Die Schwestern erwarten's. Sie erwarten's mit grollendem Neide, aber gerade, daß sie diesen nicht verbergen konnten, daß sie mir ihn zeigten, zeigt mir auch meine Pflicht. Ich habe sie geliebt; sie liebt mich noch. Sie lebt ja nur dieser Liebe. In meinem Hause wohnt sie, verkehrt mit keiner Seele, die ausgestopfte Turteltaube ist ihr Umgang, der Käfig, den ich geflochten, ihr Altar, meine kindischen Verse ihr Evangelium; sie treibt Abgötterei mit ihrer Jugendliebe. Und diese hat sie dem armen Knaben treu bewahrt, von dem der Stolz sie doch trennte und fernhielt. Der arme Knabe ist ein reicher Mann geworden; er hat sie vergessen, verraten, während sie ihm treu blieb; – was kann er jetzt anderes tun, als hingehen, um ihre Hand zu werben! Die Schwestern erwarten's, ... um wie viel mehr muß sie' s erwarten. Sie hält mich für edel; hielt sie mich doch dafür, wie ich Körbe flocht ums Geld. Ich habe zu bewähren, daß ich es blieb trotz allem Wechsel der Zeit und der Umstände. – Und ich liebe sie auch noch. O, keine Frage, ich liebe sie noch. Wie sang doch jener französische Sänger in der Pariser Komischen Oper:

mais on revient toujours
à ses prémières amours!

Freilich, freilich on revient toujours. Ich bin wieder heimgekommen und habe auch meine erste Liebe wiedergefunden. Und sie ist auch noch recht hübsch. Recht hübsch! daß sie ein wenig älter geworden seitdem, dafür kann sie nicht; wir werden alle älter. Und daß Hedwig jünger ist und schöner als sie, ist auch nicht Ottilies Schuld. Wer heißt mich denn überhaupt an Hedwig denken! An Hedwig, – wo ich an Ottilie denken soll? Zwischen mir und ihm hieß der alte Rittmeister sie wählen, und sie wählte den Vater. Sie tat recht! Ich will auch recht tun. Ich gehe zu Tieletunke und werbe um ihre Hand. Die Tochter des Onkel Nasus hat die erste und vornehmste Anwartschaft darauf, Gebieterin zu werden in diesem Schlosse!«

Anton ahnte wohl, wie notwendig es sei, diesen Entschluß rasch auszuführen, wenn die Ausführung nicht an wiederkehrender Unschlüssigkeit zuschanden werden, wenn sich Hedwigs Lockenkopf nicht noch einmal zwischen ihn und die Braut seiner Pflicht drängen sollte. Er machte Anstalt zum Gehen, da meldete man ihm den alten Korbmacher, seinen Feind, seinen Brotneider; den gefürchteten Kurator, den er im Taumel der Begebenheiten schon ganz vergessen hatte.

Dieser stellte sich ein, Rechnung zu legen. In der Linken hielt er ein leinenes Säckchen mit großen und kleinen Geldstückchen angefüllt, in der Rechten ein Paket Rechnungen; seinen Hut hatte er demütig auf der Türschwelle in eine Ecke geschoben. Er holte Atem zu einer langen, winselnden Anrede.

Anton unterbrach ihn und schnitt ihm das Wort ab. »Mein bester Herr Kurator«, sagte er zu ihm, »der Gerichtshalter hat mir bereits mitgeteilt, daß alles in Ordnung ist. Ich quittiere in bester Form über Eure Rechnungen. Was die Mühewaltung betrifft, die mein kleines Eigentum Euch gemacht, so nehmt als Bezahlung den Ertrag der vergangenen Jahre an. Behaltet den Überschuß, den Ihr mir einhändigen wolltet; Ihr könnt ihn gebrauchen, denn ich weiß am besten, wie wenig ein Korbmacher in Liebenau erwirbt, und ich glaube nicht, daß jetzt besser und prompter bezahlt wird, als vor sieben Jahren.«

Damit entließ er den Neidhart, der nun auf einmal sein größter Verehrer und Lobredner wurde. »Ich habe es immer vorhergesagt«, äußerte der alte Esel dann im »Kretscham«, »daß in dem Korbmacherjungen etwas mehr steckte; schon wie er fortlief, sprach ich, ihr sollt sehen, der kommt wieder, – und wie!«

Gegen Abend pochte Anton bei Tieletunke leise an. Mit fester Stimme rief sie »Herein!« »Ich habe Euch erwartet, Anton Hahn!«

»Erwartet, Fräulein Ottilie?«

»Erwartet. Setzt Euch und sagt mir, was Ihr zu sagen kommt. Ich bin begierig, es zu hören.«

»Hier, in diesem Zimmer, gnädiges Fräulein, ist meine Großmutter gestorben. – Kurz vor ihrem Tode sind Sie gekommen, die alte Frau zu besuchen, ihr ein Labsal zu bringen, Abschied von ihr zu nehmen. Beim Weggehen hat es sich gefügt, daß Sie meine Turteltaube lobten, das Tierchen zu besitzen wünschten; dann wieder hat es sich so gefügt, daß Ihr Herr Vater, der Baron, und meine Großmutter, die Kantorswitwe, in einer und derselben Stunde zur Ruhe bestattet wurden. Am Grabe meiner Wohltäterin haben Sie mir Lebewohl gesagt. Seitdem haben wir uns nicht wiedergesehen. Wie ich Liebenau verlassen mußte, trug ich Ihnen die Taube aufs Schloß mit ein paar gereimten Zeilen – dann lief ich fort. Da sind denn Jahre vergangen, ich habe vielerlei erlebt, Gutes und Schlimmes; vielerlei getan, – leider mehr Schlimmes als Gutes ... aber im Herzen bin ich eigentlich unverändert geblieben; bin immer noch der Anton von damals. Also hat mich's denn auch wieder hierher getrieben, nach meiner Heimat, wo mir der Friede blühte, wo meine Kinderträume wandeln, wo meiner Jugend erste Liebe aus jedem Strauche guckt. Hierher! Und da treffe ich nun ein, matt und müde, – ach, Fräulein Ottilie, so müde! ... und das erste, was mein Auge sieht, in jener Kammer drin, wo ich so oft um Sie geweint, das ist meine Taube, mein Käfig, meine Reime.

Nehmen Sie mir's weiter nicht ungnädig; wie ich das erblickte, dachte ich bei mir: sie hat dich lieb gehabt ... und sie hat dich noch lieb! Doch ich war der arme Vagabund, der zu Ihnen von solchen Dingen nicht reden durfte; dem Sie den Mund versiegelt hatten mit Ihrem Abschiedskusse auf der Mutter Grab ... Folglich tat ich wie Unverstand und ging wieder. Nun schüttet der Himmel ein ganzes Füllhorn reicher Gaben über mich aus, daß ich verdutzt um mich her schaue; und Gräfin Julia führt mich in Onkel Nasus' altes Schloß, spricht zu mir: ich bin deine Mutter, und dies Schloß ist dein! – Fräulein Ottilie, da war's, wie wenn die Turteltaube noch einmal auflebte und gurrte: ›Tieletunke!‹ – So bin ich also hierher gekommen, zu fragen, ob ich mich nicht getäuscht habe; zu fragen, ob – die Taube recht hat, und ob Ottilie Liebenau für ihr Eigentum und seinen gegenwärtigen Besitzer mit in den Kauf annehmen will?«

»Ich habe Sie erwartet, Anton. Auch diesen Antrag habe ich erwartet. Wie ich vernommen, was gestern auf dem Schlosse geschehen, wußte ich, daß Anton Hahn kommen würde, mir seine Hand zu bieten. Ich würde mich auch betrübt haben, – um seinetwillen, wenn er es nicht getan. Denn es ist seines guten, edlen Herzens würdig; ist des Antons würdig, den ich liebte seit meinen Kinderjahren, den ich heute noch liebe, unverändert, wie ich ihn lieben werde bis zum letzten Lebenshauche. Mein Gott, wie sollte ich's anfangen, dich nicht zu lieben, Anton; dich, du Wonne und Schmerz meines ganzen traurigen Lebens? Ja, ja, so wahr ich lebe, ich liebe dich! Aber, so wahr ich lebe, du liebst mich nicht. Ich war deiner Knabenzeit Morgentraum, ... der Mann hat ausgeträumt. Du hast gelebt draußen und geliebt, und vergessen und wieder geliebt ... wie könnte es anders sein? Ich mußte dir gleichgültig werden. Nun kommst du heim, da regen sich die begrabenen Erinnerungen im Schoße der Erde, säuseln herauf durchs Gras, daß die dünnen Halme zittern und kleine Angerblümchen weinen. Die sanfte Abendmelodie rührt dich – du nimmst Vergangenheit für Gegenwart ... Aber du liebst mich nicht. Was auch solltest du an mir lieben? Die stolze Tochter des Barons, die dich von sich wies; die, mit ihrer heißen Leidenschaft für den armen Korbflechter in der Brust, sich kalt und vornehm von der Welt zurückzog, von den Ihrigen, und hier in deiner Hütte verkümmerte, verblich, alt und häßlich wurde vor der Zeit? Mitleid konntest du für sie haben, Mitleid, Teilnahme, Großmut, aber keine Liebe! Da bist du, guter Junge, und willst das dürre, verkommene Bettelfräulein heimholen auf ihrer Väter Schloß, damit sie an dir und deiner Jugend und deinen Lebensfreuden hänge wie ein Totengerippe. Wo hast du deine fünf Sinne, daß du nur eine Sekunde lang wähnen mochtest, deine ›kleine Tieletunke‹ werde sich so sehr verleugnen, werde ein Ehebündnis eingehen, zu welchem Rechtlichkeitsgefühl, kindliche Anhänglichkeit dich leiten? Ich habe dich zu lieb, Anton, um deine Frau zu werden! Und ehrlich gesagt, ich bin zu stolz, um dich jetzt zum Manne zu nehmen, wo du ein reicher junger Herr bist, ich eine verblühte arme Jungfrau. Stolz und immer Stolz! wirst du ausrufen. Mag sein. Der Stolz ist mein Erbteil, und in meiner Armut ist er mein Reichtum! Ich danke dir, Freund aus der Kindheit, Jugendgespiele, lieber, lieber Anton! Ich danke dir für deinen redlichen Willen, für deinen treuen Sinn. Damit du siehst, daß die arme Tieletunke nicht hochmütig ist in ihrem Stolz, will sie eine Bitte an dich richten. Du bist der einzige Mensch auf Erden, den ich jemals um etwas bat. – Ich bitte dich, mir deiner Großmutter Häuschen zu schenken – vielmehr es mir zu lassen, damit ich es bewohne, bis ich sterbe! Gestern hätte ich diese Bitte nicht gewagt, denn gestern noch hattest du selbst nichts, wo du dein Haupt hinlegen konntest. Heute hat sich das geändert. Du bewohnst die Mauern, in denen ich aufwuchs; – lasse mich dagegen die kleinen Räume bewohnen, die deine schönsten Jahre umschlossen. – Nein, Anton, das Glück der Kindheit kehrt uns nie mehr wieder!

Und wenn's dem Herrn von Liebenau danach zumute ist, mag er seinen Weg manchmal nehmen nach dem Hause der Mutter Goksch. Eine liebende Großmutter wohnt nicht mehr darin, aber eine treue, aufrichtige, uneigennützige Freundin wird er hier finden, so lange die alte Jungfer lebt. Ja, auch dann darf er mich besuchen, wenn er verheiratet ist. Ach, mein Spiegel sagt mir wohl, daß eine junge schöne Frau auf mich nicht eifersüchtig werden wird, wir können's ihr leicht gestehen, daß ihr Herr Gemahl mein Liebhaber, daß ich sein Bräutchen war, als er noch keine Strümpfe trug und Stiefel für Luxus hielt. Ja, er wird kommen, sie wird kommen, mein kleines Nonnenkloster mit ihren fröhlichen Gesichtern zu schmücken; und ihre Kinder werden sie mir bringen; die werden mich Tante Tieletunke nennen, werden alle Blumen im Gärtchen abreißen, alle Früchte von Zweig und Strauch schütteln, werden das ganze Haus umkehren, und ich werde sie niemals auszanken, denn es sind Antons Kinder. Und wenn ein Mädchen darunter ist, heißt es Ottilie, denn ich habe es über die Taufe gehalten, habe es mit meinen Tränen noch einmal getauft, doch es sind Freudentränen. Und ihr alle werdet mich lieb haben, und ich euch! Nicht wahr, Freund Anton? Es wäre alles vorhanden, was wir brauchen zum häuslichen Glücke ... wo ist die junge Frau?«

Anton schlug die Augen nieder.

»Er liebt!« rief Ottilie aus, indem sie freudig ihre Hände zusammenschlug; »er liebt! ich sehe es an diesem verschämten Schweigen. Er liebt eine andere, und er kam, seine Hand mir anzubieten! Da ist die Luft nicht rein; da hängen graue Wolken! Geschwind, Anton, heraus mit der Sprache; öffne mir dein Herz. Sieh', guter Freund, der Herbst ist vor der Tür, der Winter folgt ihm, und die arme Tieletunke braucht einen Kuppelpelz. Ich möchte ihn mir verdienen; – soll ich? Mut, Anton, Mut und Vertrauen? Denke, ich wäre die alte Mutter Goksch; rede mit mir, wie du mit ihr reden würdest, wenn sie an meiner Stelle säße. Entdecke mir, was dich bekümmert. Wozu hat man denn sonst seine Freunde? Und tust du's nicht, so denke ich, du willst mir die Freundschaft aufkündigen.«

In diesem Augenblicke läuteten sie auf dem Kirchturme die Abendglocke. Diese Töne drangen mit ihrem alten Zauber in Antons Herz. Eine unwiderstehliche Rührung bemächtigte sich seiner. Fast willenlos sprach er Hedwigs Namen aus.

»Hedwig heißt sie?« entgegnete Ottilie; »das ist recht schön, doch mir nicht genug, ich will mehr wissen.«

Und Anton fing an zu erzählen ...

*

Es war tief in der Nacht, als er aufs Schloß zurückkehrte.

*

Was Fräulein Ottilie über diesen zarten Gegenstand weiter mit ihm verhandelt und besprochen, ich weiß es nicht. Im Tagebuche findet sich darüber nichts Näheres verzeichnet. Ich weiß nur, daß Anton am anderen Morgen sogleich Peterl herbeirufen ließ, welcher kleine Pferdefreund sich nach Schkramprls Abmarsch im Stalle heimisch zu machen gewußt.

»Peterl«, fragte er ihn, »weißt du Schloß Erlenstein?«

»Bin ich doch oft genug dort gewesen!?«

»Traust du dich den Weg zu finden?«

»Bei Nacht!«

»Peterl, traust du dich, den Weg von Erlenstein nach Sophienthal zu finden?«

»War auch in Sophienthal!«

»Peterl, traust du dich, durch Nacht und Nebel nach Erlenstein zu reiten und von dort, wenn die Gräfin nicht mehr daselbst weilte, nach Sophienthal? Ohne Aufenthalt?«

»Ich trau mich's!«

»Kannst du reiten, Peterl?«

»Ja!«

»Hast du schon geritten?«

»Nein!«

»So wirst du vom Pferde fallen.«

»So steige ich wieder hinauf!«

»Und wenn's dir wegläuft?«

»Ich halt's fest!«

»Wir wollen's versuchen.«

»Meinetwegen!«

Anton begab sich mit Peterl in den Hof und ließ ein gutes Pferd satteln. Unterdessen hatte Peterl sich reisefertig gemacht und bat um Geld zur Zehrung für sich und das Pferd. Dann schwang er sich hinauf, wie ein Affe so rasch, machte einige Volten im besten Reiterstil, sprengte dann im kurzen Galopp vor den Herrn und fragte:

»Wird's gehen?«

»Schlingel, du hast schon geritten!«

»Herr Schkramprl hat mich von den Reitern genommen.«

»Warum lügst du?«

»Ich wollte dem gnädigen Herrn eine Überraschung machen.«

»Du bist ein braver Kerl, Peterl. Hier ist Reisegeld; hier in diesem ledernen Täschchen ist ein Brief an Gräfin Julia Erlenstein in Erlenstein oder Sophienthal. Auf diesen bringst du mir eigenhändige Antwort der Gräfin! Und bis wann?«

»Darf ich das Pferd zuschanden reiten?«

»Pfui, Peterl; wenn wir gute Freunde bleiben sollen, darfst du mir solche Fragen nicht tun. In meinem Dienste soll niemals ein Pferd zuschanden gejagt werden.«

»Desto besser; so schone ich meine Sitzgelegenheit. – Jetzt ist's acht Uhr; – heute – morgen – übermorgen um diese Zeit! He, heppla, heidonc!«

Die Stalleute und Pferdeknechte schlugen ein lautes Gelächter auf über den kleinen Peterl, der da auf dem großen Rosse zum Tore hinausflog.

Anton kehrte nachdenklich in sein Schloß zurück und wiederholte mehr als zwanzigmal: »Ich bin sehr neugierig, was Gräfin Julia mir antworten wird!«


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