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Einunddreißigstes Kapitel

Als nach einigen Wochen durch allabendliches Erscheinen und stets wachsenden Beifall Antons Eitelkeit befriedigt, sein Ehrgeiz abgestumpft war, fing er an, die leere Nichtigkeit dieses Seins und Wirkens zu ahnen. Solange noch ungläubiger Zweifel von seiten der Reiterschar und eigene Sehnsucht nach Selbständigkeit ihn zu riesenhaften Anstrengungen ermuntert und darin gekräftigt, hatte er nur das Ziel selbst, nicht dessen Bedeutung vor Augen gehabt. Dieses Ziel war nun erreicht, und nun durchschaute sein richtiges Urteil erst, wie verzweifelt wenig dahinter stecke. Man wiederholte ihm stündlich als eine Hauptregel des »Metiers«, daß der »Artiste«, um ein berühmtes und in Europa gesuchtes »Sujet« zu werden, sich vorzugsweise auf ein Stück richten und es in diesem allein zur möglichst großen Sicherheit und Vollendung bringen müsse. Das Hin- und Hersuchen, Versuchen, Streben – zersplittere die Kraft und bringe zuletzt Leute hervor, die bei kleinen, schwach besetzten Truppen als »vielseitig brauchbar« sich kümmerlich durchschlagen müssen, während dem Meister, der durch eine vollendete Leistung seinen Ruf begründet, Paris und London offen stehen. Dies fand auf ihn um so mehr Anwendung, weil die Rücksicht fürs Violinspiel ihm nicht gestattete, durch eigentlichen Kraftaufwand und heftige Bravouren sich abzuarbeiten; denn er hatte seine Muskeln und Nerven zu schonen und sich in Ruhe zu halten, wenn er ein Adagio geigen wollte. So blieb ihm also die Aussicht, ein ganzes Leben hindurch auf das zu verwenden, was er, während er es ausgeübt, nur für eine Stufe zu anderen, größeren Versuchen betrachtet hatte. Das war nicht denkbar, dabei konnte er nicht ausdauern. »Es ist nur Brotneid, der sie so sprechen lehrt«, sagte er; »ich will schon etwas Neues herausgrübeln und sie alle zuschanden machen.«

Und nicht nur jene Langeweile, welche sein öffentliches Auftreten und der mit demselben verbundene gleichförmige Beifall ihm erregte, mehr noch die Abhängigkeit, in welcher sein Verhältnis mit Laura ihn festhielt, drückte den ursprünglich heiteren, freien Sinn danieder. Er nahm, wie uns bekannt, noch nichts ein. Madame Amelot bestritt seine Existenz, denn sie wollte nicht einmal, daß er bei Guillaume wohne oder speise, wo Madame Adelaide die Honneurs machte. Da sie nun ebenso unziemlich fand, mit ihm gemeinschaftliche Wohnung zu haben, so stiegen die Ausgaben doppelt. Mochte sie immerhin lächelnd versichern, ihr kleiner Schatz sei groß genug, um nicht so bald erschöpft zu werden, – immerhin blieb sie es doch, welche gab; – und das fand Anton im Grunde seiner unwürdig. Möglich, daß er es nicht so streng mit dieser seiner männlichen Würde genommen hätte, wären nicht bereits einige Auftritte vorgefallen, die ihn darauf hinwiesen, daß Laura bei all ihrer scheinbaren oder wirklichen Gleichgültigkeit gegen Mein und Dein doch recht wohl wisse, wie sie es sei, die durch ihrer Börse Gewicht die Oberherrschaft behaupte.

Durch ihr entschiedenes Ein- und Auftreten in die Garderobe, wie wir es am Schlusse des vorigen Kapitels schilderten, war Anton, obwohl er die Aufdringlichkeit der Frau Adelaide keineswegs löblich, ja für sich nicht einmal schmeichelhaft fand, doch verletzt worden, hatte seiner Freundin auch unumwunden eingestanden, daß sie ihn damals behandelt habe wie einen Schulknaben. Noch schlimmer jedoch drohten sich jene Zerwürfnisse anzulassen, welche durch vielerlei an ihn ergehende zärtliche Zuschriften herbeigeführt wurden. Manche derselben trugen zwar unverkennbare Spuren niedriger Herkunft, weshalb sie nicht einmal zur oberflächlichen Eifersüchtelei Anlaß boten; dagegen wieder verleugneten andere um so weniger die Berechtigung ihrer Absenderinnen, recht reiche Wappen zu führen, als sich letztere, in feinstem Lack abgedrückt, rein und lockend auf den Briefhüllen zur Schau stellten. Gewöhnlich in französischer Sprache abgefaßt, – denn wer sollte in anderer mit »Monsieur Antoine aus Paris« anknüpfen wollen? – sprachen sie den Wunsch aus, die nähere Bekanntschaft eines jungen, liebenswürdigen Künstlers zu machen, der ... und so weiter. Da Madame Amelot nicht zur Truppe gehörte, mochte ihre Existenz den meisten Schreiberinnen ebenso unbekannt sein, als Antons Stellung zu ihr. Er galt für frei! Madame Amelot hatte sehr schlaue Vorkehrungen getroffen, damit jedes an Anton gerichtete Schreiben ihr zukommen möge. Er erfuhr den Inhalt der süßen Blätter immer erst aus den bitteren Worten, in welche die Verliebte ihn kleidete. Auch ließ sie die nähere Bezeichnung jener Orte, wo man ihm zu begegnen hoffte, stets ein Geheimnis für ihn bleiben. Es währte nicht lange, so galt der schöne Antoine bei gewissen galanten Damen von Stande für einen ausgesprochenen Weiberfeind. Dies und die Neckereien seiner Genossen, welche ihn spöttisch bedauerten, daß Lauras Aufsicht gar zu streng sei, ihm gar keine Freiheit gönne, verbunden mit dem eigenen Bewußtsein von unauflösbarer Abhängigkeit, wurde ihm gar bald zur schweren Strafe für eine leichtsinnig eingegangene Verbindung. Seine Zärtlichkeit erkaltete, und das trug dazu bei, die Freundin argwöhnischer zu machen, ihre Eifersucht zu steigern. Bald wurde ihm ein Joch, was im Beginn ein Blumenkranz gewesen.

Doch sein Schutzgeist wollte nicht, daß er zum lügnerischen Heuchler werde, daß er, die liebliche Freundin durch falsche Worte täuschend, sich innerlich ganz von ihr abwenden, daß er Zerstreuung und wilden Trost im Betruge suchen solle. Was ihn retten konnte, lag nahe: die Trennung ohne seine Schuld. Eingeleitet ward sie durch ein Ereignis, welches seinem Herzen nur Ehre macht, und welches wir folglich mitteilen werden. Vollendet ward sie durch Dazwischenkunft eines dritten, der auch schon unterwegs ist.

Wie stets geschieht, wo Kunstreiter in großen Städten längeren Aufenthalt machen, hatte sich auch in B. eine Anzahl täglicher Besucher gesammelt, die Teilnahme für die Reitkunst, Passion für Pferdedressur, Bewunderung für dieses oder jenes Frauenzimmer, Müßiggang, Gewohnheit, wohl gar ein poetisch-romantischer Hang dahin zieht, wo die nüchternste, niedrigste Prosa sich hinter gleißende Gewänder, fremde Sprachen, drohende Gefahr und Sinnenreiz oft so glücklich zu verbergen weiß, daß nur ein scharf geübtes Auge sie herauszufinden vermag.

Die aus den verschiedensten Lebensaltern durcheinander geworfenen Habitués – (ich finde kein so bezeichnendes deutsches Wort) – vom Greise bis zum Knaben herab durften der Mehrzahl nach für Nebenbuhler des Bajazzo erklärt werden. Sie vereinten sich in Bewunderung für die Persönlichkeit von Madame Adelaide. Doch konnte diese Bewunderung nicht hindern, daß jeder Kenner der Sache in Demoiselle Adele Jartour die bessere, elegantere Reiterin, die sinnige Darstellerin ihrer kleinen Sattelszenen, die Grazie im allgemeinen erkannte, wo Madame Adelaide mehr durch üppige Schönheit glänzte. Diese aber war die Frau nicht, andere Göttinnen neben sich zu dulden; sie hatte dem unter ihrem Pantoffel gleichmütig dahin wandelnden und dirigierenden bon homme von Gatten das Engagement der Jartour lediglich gestattet, weil diese ihr an Teint, Fülle, Koketterie leicht besiegbar schien, und weil sie der Hoffnung lebte, sie werde der Bescheidenen den Siegeskranz ebenso leicht vom Haupte reißen, als sie aus der gleichnamigen, volltönenden »Adelaide« bereits eine demütig klingende »Adele« gemacht. Auch gab man der Armen schlechte Pferde, placierte sie unvorteilhaft, gestattete ihr nicht darzustellen, was sie wünschte, kurz, legte ihr jedes Hindernis in den Weg, wodurch man aber dennoch nicht dazu gelangte, sie in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Während die Partei der Madame Adelaide sich bei deren erquälten und einförmigen Attitüden die Hände wund klatschte, blieb die Mehrzahl der Zuschauer kalt. Dagegen bei der Jartour, wo niemand aus dem Direktionswinkel das Zeichen gab, erhoben sich alle Unbefangenen zu lautem vielstimmigen Lobe.

Das ärgerte die Prinzipalin. Wäre etwas imstande gewesen, sie abzumagern, dieser Ärger müßte es auf die Länge getan haben. Sie jedoch war sich am besten bewußt, daß ihr Fleisch sie zu dem machte, was sie ihren Verehrern galt; sie wollte es á tout prix konservieren, und deshalb sollte nun die Jartour vertrieben werden. Händel mit ihr zu beginnen, einen Zwist herbeizuführen und dann den Gemahl zu zwingen, daß er sie entlasse – das war unausführbar. Wer konnte dieses sanfte, nachgiebige, duldsame Geschöpf – auf dem Rosse eine Löwin, auf dem Boden ein Lamm – dazu verleiten, in einen Skandal einzugehen? Hätte Madame ihr ohne Ursache eine Ohrfeige auf die rechte Wange gegeben, Adele würde in Demut die linke auch dargeboten haben. Folglich wurde beschlossen, das Engagement ihr zu verleiden, sie sollte kündigen, sie sollte erklären, daß sie scheiden wolle!

Dazu benützte Madame Adelaide ihre dienstwillige Clique und Claque; blieb, um dieselbe aufzumuntern, schon acht Tage vor Ausführung der verächtlichen Kabale stundenlang im Gedränge ihrer albernen Courmacher stehen, jeder Zudringlichkeit Stich haltend, zum großen Ärger Bajazzos, der verschiedene Male, wie aus Versehen, seine spitze, graue Hanswurstmütze, einem Donnerkeil ähnlich, dazwischen schleuderte. Während dieser acht Tage vernahm man jedesmal, wenn die Jartour, den Zirkus verlassend, ihre Verbeugung machte, anhaltendes Zischen und Pfeifen von den hinteren Plätzen, welches bisweilen so anhaltend wurde, daß die Beifallspendenden sich einschüchtern ließen und verstummten, worauf dann die Erstaunte verlegen und beschämt nach Hause wandern mußte.

Anton, der sich unverhohlen über diese vollkommen ungerechten Feindseligkeiten ausgesprochen und sich, darüber empört, erklärt hatte, weil er die Jartour und ihr Talent achtete, legte sich jetzt aufs Beobachten und geriet bald auf den Zusammenhang des Komplottes. So bemerkte er zuerst, daß ein junges Herrlein, wie ihm schien, um mehrere Jahre jünger als er selbst, den Zischern im dritten Range öfters Zeichen und Winke gab. Einer derselben war es denn auch, der eines Abends mitten in den Tumult hinein nach der Reiterin einen Blumenstrauß warf, wie sie eben vom Pferde stieg. Sie blickte schüchtern auf die unerwartete Gabe, zögernd, ob sie wagen dürfe, sich derselben zu bemächtigen. Doch als sie es endlich tat und eine große Anzahl von Zuschauern Beifall dazu klatschte, erhob sich das böswillige Gezisch mit solcher Energie, daß kein Zweifel blieb, die Blumenspende war nur angeordnet gewesen, damit sich eine neue Schmach daran knüpfen lasse.

Doch sollte dieser Abend nur der Vorläufer eines zweiten, noch boshafter angelegten Planes sein. Anton bekam davon eine Ahnung, die noch gesteigert wurde, als er kurz vor Beginn der Vorstellung das junge Herrlein mit jenem gehorsamen Zischer vom letzten Range bei einem Gespräch belauschte. Nur die dünnen Bretterwände der Garderobe trennten ihn von dem flüsternden Paare. Er vernahm die Frage: »Habt ihr sie hier?« und die darauf erfolgende Antwort: »Sehr wohl, Herr Graf, Friedrich hat sie oben bei sich im Futtersack!« Ob er gleich den Sinn dieser Worte nicht verstand, genügten sie doch, ihn eine neue Feindseligkeit gegen die Verfolgte erwarten zu lassen; weshalb er gewissermaßen auf dem Sprunge stand, schon im voraus bereit, zu verhindern, was er etwa verhindern könne, oder zu rächen, was zu verhindern unmöglich sei.

Als Madame Adelaide heute erschien, flog ihr ein Blumenregen entgegen, und aus derselben Ecke des letzten Platzes, wo abermals jener dem jungen Herrlein vertraute Diener Posten gefaßt, schien sich ein Wolkenbruch von Sträußen und Kränzen zu entladen. Dies zu sehen tröstete Anton beinahe, denn er wurde geneigt, zu glauben, es seien eben diese harmlosen Blätter und Blüten gewesen, nach denen der verliebte Jüngling gefragt, und die seine Helfer prosaisch genug in einem Futtersack herbeigeschleppt. Mag sich das eitle Weib meinetwegen in Blumen ersticken lassen! dachte er, was kümmert's mich? Wenn sie nur der armen, wehrlosen Adele kein Leid zufügen!

Die zweite Abteilung begann. Die Reihe, sie zu eröffnen, war an Adele. Mit niedergeschlagenen, rotgeweinten Augen, denen man den Schmerz über die gestern erlittene Kränkung noch ansah, schwang sich die Jartour aufs Pferd. Anton, obgleich es nicht sein Tag war, hatte sich selbst zum Manegendienst erboten, um für alle Fälle bei der Hand zu sein, und folgte dem Stallmeister, der, die Reitpeitsche führend und den Gaul antreibend, seine üblichen kleinen Kreise beschrieb; auch überreichte er der Jartour ihre Fahne, mit der sie den großen Rundlauf zu machen hatte, und die so konstruiert war, sich durch einen Griff in zwei Fahnen teilen zu lassen, welche dann, lebhaft geschwungen, wie Blitze um die dahinfliegende Reiterin sausten. In dem nämlichen Moment, wo die Kapelle das für die Karriere bestimmte raschere Tempo einsetzte, flog eine schwarze Katze über die Köpfe der Damen, welche die vorderen Plätze einnahmen, in die Manege. Das unglückliche Tier, dessen Tod für solchen niederträchtigen Endzweck vorher gewaltsam beabsichtigt worden, hatte sich, der diesen Geschöpfen eigentümlichen Lebenszähigkeit gemäß, von der ersten Betäubung erholt, während es im bewußten Futtersack steckte, und suchte nun, schwer verletzt, aus einigen Wunden blutend, von Schmerz gequält, im wilden Todeskampfe mit seinen scharfen Krallen zu packen, was sich ihm darbot. Der Wurf, der es herübergeschleudert, war so geschickt berechnet, daß dieses gemattete Geschöpf vor der Stirn des weißen Schimmels, den die Jartour ritt, hängen blieb, wo es sich wütend mit allen vier Pfoten anklammerte, des Pferdes Augen verletzte und sich in dessen Nase verbiß. Der Schimmel, ein ohnedies ungestümes und gefährliches Tier – dank der liebevollen Fürsorge von Madame Adelaide, die ihn für Adele ausgewählt! – tat, was auch ein kindfrommes Schulpferd in solchem Falle getan haben würde! Er machte ungeheure Sätze, schlug vorn und hinten aus, stieg hoch in die Höhe, daß er sich zu überschlagen drohte, und weder Stallmeister noch Reitknecht waren rasch genug, einen entschiedenen Entschluß zu fassen. Adele, da sie durchaus nicht begriff, was vorgefallen sei, befand sich gänzlich außer Fassung und hielt, mehr erstaunt und erschreckt, als fürchtend, mit beiden Händen die Mähne fest. Dieser peinliche Zustand währte aber nur einige Sekunden lang. Schon hatte Anton eine der zu Boden gefallenen Fahnen ergriffen, mit deren Stiele die sterbende Katze herabgeschlagen, des Pferdes Zügel gepackt und sich mit solcher Gewalt daran gehängt, daß es sich auf einen Augenblick verhindert fühlte, zu bäumen oder auszuschlagen. Dieser Augenblick gab Adele ihre Fassung wieder. Sie ließ sich mit der ihr eigenen Geschicklichkeit zu Boden gleiten, kam unversehrt im weichen Sande an, erhob sich dann und schüttelte fürs erste den Staub von ihren Gewändern. Unterdessen hatte Anton das rasende Pferd sich selbst überlassen müssen, wollte er nicht von dessen Hufen zerschmettert werden. Es setzte schäumend, seiner zwiefachen Last entledigt, doch nicht seiner Schmerzen, über die ungeöffneten Türflügel der Barrieren hinaus. Nach und nach gelangten denn auch die Zuschauer aus ihrer ersten Verblüfftheit zum Bewußtsein dessen, was sich eigentlich zugetragen. Von allen Seiten wurden Stimmen laut, welche die Züchtigung des Nichtswürdigen begehrten; dieser jedoch hatte sich, wie die nächsten Nachbarn versicherten, samt seinen Kameraden beizeiten davongemacht. In das verworrene Durcheinandergeschrei rief Anton mit kräftigem Tone und in einem Deutsch, welches aus »Antoines, des Parisers« Munde in Erstaunen setzen mußte: »Meine Herren, geben Sie sich keine Mühe, einen Elenden zu verfolgen, der nur das Werkzeug dieser Infamie war, hier habe ich die Ehre, Ihnen den Urheber zu zeigen.« Zugleich schritt er, vor Wut und Zorn glühend, auf den Jüngsten von Adelaides Anbetern zu und gab ihm mit der noch blutigen Fahne einen Schlag. Lauter Beifallsruf folgte diesem Schlage. Der Getroffene wollte sich auf Anton stürzen. Mehrere von der Truppe, Furioso obenan, warfen sich dazwischen und trennten sie. Von den Herren, die in des jungen Grafen Nähe gestanden, blieb nicht einer am Orte; sie zerstreuten sich eiligst. Sicherheitsbeamte machten durch ernstliches Einschreiten Ordnung. Die Repräsentation ging, wenn auch matt und lahm, dennoch zu Ende, nachdem Anton sowohl als sein Gegner veranlaßt worden waren, den Zirkus zu meiden, mit dem Bedeuten, die Sache werde bei der Behörde anhängig gemacht und untersucht werden – eine Drohung, die später nicht erfüllt wurde, weil sich kein Kläger meldete, und man zuletzt froh war, die häßliche Geschichte nicht weiter aufrühren zu müssen.

Laura verschonte Anton nicht mit Vorwürfen über seine unberufene Einmischung. Auch knüpfte sie – echt weiblich – die Bemerkung daran, es nähme sie wunder, daß er die Fahne für eine Gegnerin der Madame Adelaide schwinge! Wahrscheinlich ziehe er ätherische, das heißt magere Gestalten den profanen irdischen vor! Und dann freilich dürfe sie neben einer Jartour, die in Fleischlosigkeit exzelliere, nicht in die Schranken treten!

Diese ungerechten Neckereien ärgerten Anton um so heftiger, weil er in Beziehung auf seine Teilnahme für Adele wirklich nicht ganz unbefangen war. Er verließ, ohne etwas zu erwidern, Madame Amelot. Und dies war seit ihrer Verbindung der erste Abend, welchen sie voneinander getrennt zubrachten.


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