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3. Kapitel

Feindschaft zwischen Karla und dem Apostel Paulus – Der böse Subdirektor K. H. Kracht – Eine Haselnuß für dreiunddreißigtausend Mark

 

Mit Schrecken merke ich eben beim Überlesen des Geschriebenen, daß ein mir recht unangenehmer trauervoller Ton aus meinem Bericht über diesen ersten November klingt.

Das ist mir aber gar nicht recht. Trauer und Wehmut empfinde ich wohl heute, rückschauend, beim Niederschreiben. Aber an jenem Tage waren wir noch ganz ahnungslos glücklich, ich habe es ja schon gesagt: wie Kinder vor der Weihnachtsstube!

Betrübt bin ich heute, daß so selig Begonnenes so unselig ausging, aber damals hatten wir beide Herz und Hirn voll der schönsten Träume, voll unglaublicher Erwartungen – bis zu einem Markwert von Dreitausend. Und beide einen nicht zu stillenden Lebensappetit. Unser Vitaminhaushalt war sicher nicht völlig in Ordnung, aber wir hatten trotz spärlicher Vitamine die allerschönsten roten Backen – auch Hoffnungen sind Vitamine, unerläßlich einem jeden Leben –!

Ich komme nun auf den Apostel Paulus.

Neun Minuten nach zwei! rief ich vor der Tür der Vira. Kracht wird krachen!

Maxe! rief Karla dagegen. Die Mücke schläft jetzt bestimmt! Ich laufe schnell noch einmal in die Sandgasse und sehe mir das Haus an! Welches Haus –?

Ach! Aber du, Maxe! Das vom Notar Steppe natürlich! Zu denken, daß er da vielleicht oben sitzt und vielleicht schon weiß, was wir vielleicht erben werden –! Also, ich lauf ganz schnell, in zwanzig Minuten spätestens bin ich wieder bei der Mücke! – Tjüs, Maxe!

Tjüs, Kerlchen!

Sie lief schon, ihre Absätze tanzten klipp-klapp über das Pflaster. Sie drehte sich noch einmal um, sie rief: Und daß du mir dem Apostel Paulus noch nichts erzählst! Der verdirbt uns doch bloß allen Spaß mit seinem Unken!

Knapp entging sie dem Anprall gegen einen älteren Herrn, denn sie hatte von mir fortlaufend zu mir hingeredet. Sie winkte, sie wehte um die Ecke.

Ich betrat das Büro.

Fräulein Wenzel und Fräulein Wendel – diese beiden ähnlichen Namen und unähnlichen jungen Damen haben sich erst auf unserm Büro kennengelernt – saßen schon schmetternd hinter ihren Maschinen. Paulus Hagenkötter sah von seiner Kartothek hoch, nickte mir mit seinem langen weißen Gesicht ernst zu und fragte: Wieder mal das Essen nicht rechtzeitig fertig gewesen? Herr Kracht hat schon zweimal nach dir gefragt!

Doch, das Essen war rechtzeitig fertig, Paulus, antwortete ich, ärgerte mich aber und setzte mich also stumm ihm gegenüber an meine Mahnbriefe wegen rückständiger Versicherungsprämien. Paulus Hagenkötter ist mein bester Freund, ja, er ist der einzige Freund, der mir aus meiner Junggesellenzeit verblieben ist – allen Widerständen zum Trotz. Wer verheiratet ist, dem brauche ich nicht zu sagen, woher diese Widerstände kamen, nämlich von der jungen, nämlich von Frau Karla.

Ein Jüngling, wenn er jung heiratet, wie zum Beispiel ich, erlebt staunend, wie seine junge Frau ihm einen ganzen Heerbann Freundinnen in die Ehe einbringt, seine paar eigenen Freunde aber werden ihm erbarmungslos ausgetrieben. Sie verräuchern mit ihren Zigaretten die Stube, erzählen unpassende Geschichten, haben nur ihren Skat im Kopfe und eine ganz unverantwortliche Vorliebe für Gastwirtschaften und Bier. Unerbittlich werden sie hinausgeekelt. Der junge Ehemann braucht kein Wort zu sagen, von selbst kommen sie immer seltener, bleiben schließlich ganz fort. Verlegen sagt man bei zufälligem Treffen auf der Straße einander grade noch guten Tag – beide haben ein schlechtes Gewissen: der Junggeselle, daß er sich, der Ehemann, daß er ihn austreiben ließ.

Paulus Hagenkötter ist mein, richtiger Freund: er hat alle Widerstände und Prüfungen überdauert. Ich gebe zu, er hat eine etwas essigsaure, trübe Art an sich, aber die ist bloß äußerlich. Sicher ist es für Karla und ihre Freundinnen nicht angenehm, wenn Paulus mit seinen dünnen, immer blassen Lippen haarscharf flüstert: Weiber! – Komm, Max, wir setzen uns allein und unterhalten uns ein bißchen wie – Menschen!

Wir gehen dann in unsere Schlafmansarde, er setzt sich auf mein Bett – immer nur auf meines! –, ich mich auf das von Karla, und er erzählt mir dann von den Erfindungen, die er machen möchte: dem knopflosen Anzug, den man mit einem Griff an- und auszieht; dem Wasser- und Landautomobil; und dem Schönsten, was er sich ausgedacht hat: der Lampe, die man am Tage anknipst, und die das Zimmer dunkel macht!

Sicher, es ist peinlich für Karla und ihre Freundinnen, daß er sie von all diesen Gesprächen ausschließt, daß er sie ein wenig wie Wesen niederer Geisteskraft behandelt. Aber Karla müßte auch nicht soviel über ihn spotten, über seine langen, knochigen, immer ein wenig kalten Hände, seine messerscharfen Bügelfalten, seine Vorliebe für spitzes Flüstern, und vor allem über seine Hartnäckigkeit, mit der er darauf besteht, Paulus, nicht Paul genannt zu werden.

Ich bin so ein Mensch, der es in seiner Umgebung am liebsten friedlich hat, und ich habe schon die wildesten Streitereien mit Karla durchgefochten – wir zanken uns manchmal schrecklich –, weil sie ewig über Paulus spottet. Schließlich wäre mein Freund vielleicht ein großer, weltberühmter Erfinder geworden, hätte er nicht seit der Volksschule am Pulte der Vira sitzen müssen. Jedenfalls ist es nicht richtig von ihr, alle Erfindungen von Paulus als Quatsch oder überspönig zu bezeichnen. So eine Nachtsonne, wie sie Hagenkötter genannt hat, wäre eine herrliche Sache. Ich wäre nie auf so eine Idee gekommen, aber Karla hat gar keinen Respekt vor Ideen, sie fragt ihn einfach: Wann wirst du eigentlich Abteilungsvorsteher, Paulchen? Du bist doch schon bald dreißig –?

Dann kneift Paulus seine dünnen Lippen fest zusammen, weil er sich nämlich sehr ärgert, und sagt dann flüsternd: Liebe Karla, nimm drei Eiweiß, schlage sie zu Schaum, tue sie deiner Freundin Sigrid in den Verstandeskasten statt des Hirns – und nicht einmal Sigrids Freund wird die geringste Veränderung an ihr bemerken.

Sigrid hat gar keinen Freund! hatte Karla zornig gerufen. Oh, was bist du gemein, Paul, mit deinen Verdächtigungen!

Diesen Streit zwischen den beiden hatte es grade am Abend zuvor gegeben. Aber ich war natürlich auch nicht still gewesen und hatte es mit Schimpfen und Zureden dahin gebracht, daß die beiden sich wieder ausgesöhnt und versprochen hatten, von nun an Frieden zu halten – weil sie mich doch beide gerne mochten. Darum ärgerte ich mich ja auch so über Paulus, daß er nun gleich Karla verdächtigte, wieder einmal mit dem Essen unpünktlich gewesen zu sein.

Eine Weile arbeiteten wir schweigend einander gegenüber. Dann fühlte ich, daß Paulus mich ansah. Ich sah sofort zu ihm hoch, denn ich bin kein Muckscher. Seine Augen glänzten, wie immer, wenn ihn eine schöne Idee überkommt.

Er streckte mir die Hand über unsern Tisch hin – ich ergriff sie natürlich gleich – und sagte: Du, Max, was mir eben eingefallen ist. Man müßte einen fahrbaren Staubsauger konstruieren, mit einem Saugmundstück genauso breit wie die Fahrbahn der Straßen. Dann brauchte man nur einmal die Straßen lang zu fahren und hätte sie blitzblank. – Wäre das nicht schön?

Großartig! rief ich. Und flüsterte: Du, Paulus ... Es ist aber noch tiefes Geheimnis ... Du sollst es eigentlich noch gar nicht wissen ... Ich glaube, wir erben ...

Paulus ließ meine Hand los, kniff die Lippen zusammen, sah mich prüfend an und flüsterte: Dein Onkel Eduard? Gestorben –?

Ich weiß noch nichts ... Nur ... Herr Notar Steppe war heute bei uns ...

Steppe? Justizrat Steppe aus der Sandgasse? Den kenn ich vom Sehen! Einen bösen Blick hat der Mann ... Trau ihm nicht, Maxe, laß dich nicht mit dem ein, der zieht dir bestimmt das Fell über die Ohren! Geh lieber zu Rechtsanwalt Mehltau ...

Aber Paulus! Herr Steppe hat doch nur gesagt ...

Nun, meine Herren? Eine kleine Privatunterhaltung, wie? Wir kommen zwar nicht rechtzeitig auf das Büro, kürzen uns aber immerhin gerne die verhaßte Arbeitszeit durch muntere Gespräche, ja?

Auf Gummisohlen herangeschlichen stand der Subdirektor der Vira, Herr K. H. Kracht, neben uns. Sein rundes Mondgesicht glänzte ölig.

Ja, mein lieber Schreyvogel, was haben wir denn diesmal zu unserer Entschuldigung vorzubringen?

In Kürze sollte ich Gelegenheit haben, Herrn Direktor Kracht privat kennenzulernen, und ich muß sagen, in seiner Villa beim Radebuscher Plänterwald gab er einen reizenden Ehemann – eine Spur unter dem Pantoffel – und den liebevollsten Vater ab. Doch im Büro war Herr Kracht einfach ein Albdruck mit seinen süffisanten, höhnischen Reden, er jagte mir wahre Angstschauer ein, wenn er mich mal ›erwischte‹. Wahrscheinlich meinte er es gar nicht so schlimm, zog bewußt dies Stachelkleid an, um seine Gutmütigkeit, die ein Chef nun einmal nicht haben darf, zu verbergen, und übertrieb es dabei, wie alle Gutmütigen. Ich habe mich als sein Angestellter nie von dem Gedanken freimachen können, daß die Gehaltszahlungen des Herrn K. H. Kracht genau 100 Prozent der Schreyvogelschen Einkünfte ausmachten – solch ein wichtiger Mann hat es leicht, Angst zu machen.

Ich verlor denn auch diesmal auf der Stelle den Kopf und stammelte irgendwelch zusammenhangloses, törichtes Zeug von einem geschäftlichen Besuch, dringender Abhaltung ...

Geschäftsbesuch –? Wir treiben wohl so kleine, unerlaubte Nebengeschäfte, Herr Schreyvogel –?

Ich protestierte kläglich: Nein, Herr Notar Steppe –

Und biß mich auf die Lippe.

Steppe – was haben Sie denn mit Herrn Notar Steppe zu tun? Er zieht wohl Erkundigungen bei Ihnen ein über –?

Es scheint eine fixe Idee vieler Chefs zu sein, daß ihre Angestellten leichtsinnig mit dem Geschäftsgeheimnis umgehen und daß alle Welt zu erfahren lechzt, nach welchen Prinzipien auf dem Büro der Vira die Korrespondenz abgelegt wird.

Herr Kracht war jetzt ganz blaß, keine Spur von Lächeln lag mehr auf seinem Vollmondgesicht. Fräulein Wendel und Fräulein Wenzel hatten aufgehört zu tippen und waren bestimmt ganz Ohr. – Nur Hagenkötter sah nicht auf; er setzte, als höre er gar nichts, den Kartothekkasten mit einem ›Bumm‹ in sein Fach.

Nein, bestimmt nicht, Herr Direktor, sagte ich ängstlich. Es war ein ganz privater Besuch von Herrn Steppe, das heißt, ich meine, ich darf noch nicht darüber reden ...

Es ist Ihnen also von Herrn Justizrat Steppe Schweigegebot auferlegt worden? Sehr eigentümlich!

Nein, nicht vom Herrn Justizrat, sondern von meiner Frau –. Das heißt, wir wissen noch gar nicht ...

Ich gebe zu, ich benahm mich wie ein Idiot. Karla hatte nur verboten, dem Apostel Paulus etwas zu erzählen. Dem Paulus erzählte ich sofort alles, aber den Direktor jagte ich mit sturer Verschwiegenheit in die schwärzesten Verdächte ...

Herr Kracht betrachtete mich finster aus seinen schwarzen, runden Augen. Zwar ist heute schon der Erste, Herr Schreyvogel, sagte er abgerissen. Wenn mir recht ist, arbeiten Sie bereits seit sechs Jahren bei mir ... Aber wenn Sie sich zu verändern wünschen, jeder Termin ... Da hohe Justizpersonen Sie sogar in Ihrem Heim aufsuchen ... Ich habe nie in meinem Leben auf Dankbarkeit gerechnet, Herr Schreyvogel ... Aber immerhin, ich werde Sie nicht flehend in Ihrer Wohnung aufsuchen ... Ich werde mich nicht um Sie bemühen ...

Bestürzt hörte ich dies bittere, zusammenhanglose Gerede an. Aber ich war so verwirrt, daß ich trotz eines mahnenden Blickes von Freund Paulus wieder im Unsinn ertrunken wäre, wenn Hagenkötter nicht eingegriffen hätte.

Herr Schreyvogel-Gaugarten ist gestorben, sagte er halblaut. Es scheint, unser Schreyvogel hier gehört zu den Erben.

Das heißt, ich weiß noch nichts! rief ich beschwörend.

Herr Direktor Kracht wippte elastisch auf den Zehenspitzen. Selbst ich in meiner Verwirrung sah, wie erleichtert mein Brotgeber war, einem bösen Verdacht Valet sagen zu können.

Aber da muß man ja gratulieren! rief er in einem ganz anderen Ton. Das heißt – und er zog sein Gesicht in ernste Falten –, vor allem ist es meine Pflicht, Ihnen zu dem Ableben Ihres Herrn Onkels zu kondolieren. Mein herzlichstes Beileid, Herr Schreyvogel –!

Herr Direktor, ich danke Ihnen sehr –!

Zum erstenmal lag es mir ob, mit ernstem Nachdruck eine dargereichte Hand zu schütteln und meinem Gegenüber gehalten trauervoll ins gehalten trauervolle Auge zu blicken. Ein Akt, den ich in den nächsten Tagen noch oft wiederholen sollte; bei dem ich mich immer gefragt habe, ob meinem Gegenüber auch so töricht zumute war wie mir.

Und was erben wir denn, mein Lieber? fragte Herr Kracht in ganz anderem, fast fröhlichem Ton. Wir werden doch nicht gar Rittergutsbesitzer? Gaugarten soll ja eine Musterwirtschaft sein. Ich glaube, meine Frau bezieht ihre Winterkartoffeln von dort.

Ein veränderter Kracht, ein menschlicher Kracht. Bis dato hatte er noch nie seine Familie auf dem Büro erwähnt. Wie von einem Zauberstabe angerührt.

Ich weiß noch nichts, sagte ich eilig. Herr Justizrat hat mir nichts gesagt.

Selbstverständlich! Natürlich!! lachte Herr Kracht. Ich habe ja auch nur einen Witz gemacht. Sie haben sich wohl schon als Rittergutsbesitzer gefühlt –? Hähähä –!

Er lachte, die Wendel und die Wenzel lachten natürlich pflichtschuldig mit, und auch ich verzog pflichtschuldig mein Gesicht. Nur Paulus Hagenkötter blieb sterbensernst.

Hier in Radebusch gibt es ja Schreyvögel, wohin man spuckt! fuhr der verwandelte Kracht eifrig fort. Ebenso in den umliegenden Dörfern. Das Erbe wird sich sehr zersplittern. Landbesitz läßt sich zur Zeit schlecht verkaufen, und ob Barvermögen da ist ...

Er stand plötzlich lauschend, als behorche er einen tief in seinem Innern wachwerdenden Gedanken.

Paulus Hagenkötter wußte schon wieder Bescheid. Jawohl, Herr Direktor, flüsterte er. Herr Eduard Schreyvogel hat eine Lebensversicherung bei uns laufen ...

Hunderttausend Mark! rief Herr Kracht klagend. Und ich freue mich noch für Sie, Herr Schreyvogel! Sicher sind Prämien noch nicht zur Hälfte der Versicherungssumme eingezahlt! Solche Leute sterben immer früh. Laufen Sie doch, Schreyvogel, holen Sie den Prämienberechnungsbogen! Wir wollen sehen ... Aber wenn die letzte Prämie nicht auf die Stunde pünktlich bezahlt ist – wir weigern uns! Wir prozessieren mit der Erbmasse! Und ich kondoliere Ihnen noch, Schreyvogel, mir selbst hätte ich kondolieren sollen! Das ist ein Schlag! Und ich habe gedacht, wir bekämen mal einen guten Jahresabschluß! Hunderttausend Mark Auszahlung, für Ihren Onkel, Herr Schreyvogel! – Wer hat die Versicherung gebracht? Unser Agent Bouterweck! Ich sage ja, Bouterweck ist ein Unglückshuhn; die Sterblichkeit unter den Fällen, die er bringt, ist katastrophal! Wieviel sind also eingezahlt?

Siebenundsechzigtausend mit Zins und Zinseszins.

Es ist ja etwas besser, als ich gedacht habe, aber immerhin, wir legen dreiunddreißigtausend Mark drauf! Dreiunddreißigtausend, Herr Schreyvogel – für Ihren Onkel! Warum sind wir nicht rückversichert? Ja, ich weiß, Fräulein Wendel, Sie brauchen mir nichts zu erzählen, ich kenne meine Policen! Ich habe mich damals erkundigt: Junggeselle, gönnt sich nichts, nie krank gewesen – hundert Jahre hätte der Mann alt werden müssen! Aber natürlich, kaum versichern wir den Mann, stirbt er schon nach zwölf Jahren! – Bouterweck, natürlich, da sind Sie endlich, Sie Unglückshuhn! Jetzt, wo es zu spät ist, kommen Sie! Haben Sie schon gehört, Schreyvogel-Gaugarten ist gestorben, und mein Kontorist hier ist lachender Erbe ...?

Jawohl, tief bedauerlich – das heißt, also mein herzlichstes Beileid, Herr Schreyvogel!

Wieder nahm ich eine Hand, wieder sah ich in ein gehalten trauervolles Auge.

Dann sagte Bouterweck: Es war ein unberechenbarer Unglücksfall, Herr Kracht. Ich kann wirklich nichts dafür ...

Das sagen Sie immer, Bouterweck!

Also, der Mann hat eine Nuß geknackt, mit den Zähnen, verstehen Sie, Herr Kracht! Mit den Zähnen! Der Zahn bricht ab, er verschluckt ihn, der Zahn setzt sich im Blinddarm fest, Entzündung, Nimsdorf will noch operieren, Patient weigert sich hartnäckig. Schließlich doch Operation, zu spät, völlige Vereiterung, exitus letalis!

Exitus letalis! wiederholt Herr K. H. Kracht. Ich sage es meinen Kindern auch immer! Merken Sie es sich für Ihr Leben, meine Damen und Herren: nie Nüsse mit den Zähnen knacken! Dreiunddreißigtausend Mark kostet uns diese mit den Zähnen geknackte Haselnuß!

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