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An dem Tage, da Julian zu Zabern diese Worte in sein Brief-Tagebuch schrieb, ging es gar laut, lärmend und lustig her in dem Lager, das die Alemannen nach Vollendung ihres Rheinübergangs, südwestlich von Straßburg, an der Mündung der nach Zabern führenden Legionenstraße aufgeschlagen hatten. Es bestand zum größten Teil aus Laubhütten, wie sie die Germanen aus Zweigen und dünnen Stämmen rasch und geschickt herzustellen verstanden; nur selten waren Zelte – römische Beutestücke – verwendet.
In der stattlichsten dieser Leinwandüberspannungen – der Purpursaum des oberen Überhangs bezeugte, daß das Gezelt ehedem dem Gegen-Imperator Magnentius gehört hatte – saßen um einen kostbaren runden Citrustisch, der aus der nächsten römischen Villa herangeschleppt war, die sieben verbündeten Könige der Alemannen und Merowech, der batavische Königssohn.
Jene Fürsten waren verschieden an Macht, je nachdem sie an der Spitze einer ganzen Völkerschaft oder nur mehrerer einzelner Gaue oder gar nur eines einzigen Gaues standen. Der mächtigste war der Riese Chnodomar, der den ganzen Elsaß von Mülhausen im Süden bis über den heiligen Bannwald von Hagenau im Norden hinaus beherrschte; um seines starken Heerbannes und seiner in vieljährigen Kämpfen gegen Rom erprobten Heldenschaft willen war er zum »Herzog«, das heißt zum Oberfeldherrn für diesen Feldzug gekoren worden.
Von den übrigen walteten Ur, Ursicin und Vestralp im mittleren Baden und in Württemberg bis über die junge Donau hinüber und bis zu den Linggauern am Nordufer des Bodensees, Suomar und Hortari in den Tälern des Schwarzwalds, Agenarich vom Schwarzwald bis gegen Konstanz.
Die gewaltigen Kriegergestalten machten den Eindruck bärenhafter Kraft, wie sie in der volkstümlichen Tracht die gewaltigen Arme und Beine unverhüllt zeigten: Nur hier und da hatte ein römisches Beutestück die heimische Gewandung und Rüstung vervollständigt oder geschmückt; aber der Mantel, vom Felle des Auerstiers oder des Wisent, das Bärenfell, die aneinandergenähten Wildschuren der Eber oder der Wölfe fehlten keinem; und nicht das über die Sturmhaube gezogene Haupt eines solchen Untiers, dem man die Hörner, den aufgerissenen Rachen, die weißen Hauer belassen hatte. Seltsam nahmen sich darunter auf der Ringbrünne die römischen runden Ehrenscheiben aus, die aus erbeuteten Rüstungen vornehmer Offiziere gebrochen waren.
Auf dem Tische dampfte in der Hohlfläche eines kostbaren römischen Silberschildes – Decentius, dem Bruder des Magnentius, hatte ihn Chnodomar selbst vom Arm gestreift, nachdem er ihm mit einem Schwerthieb Helm und Schädel gespalten – ein Eber, unzerteilt am Spieße gebraten. Mit ihren Dolchmessern schnitten die Schmausenden sich lange Streifen von dem saftigen Braten, anstatt der Teller sich breiter knuspriger Brotscheiben bedienend. Und unablässig kreisten die germanischen Trinkhörner neben den römischen Bechern, Schalen und Pokalen aus Silber, Gold und kunstvoll gearbeitetem Erz in der Runde.
Mit schweigendem Grollen sah Merowech zu, wie das Mahl, mehr noch das Trinkgelage, sich ins Endlose zu dehnen schien; er seufzte verhohlen in Ungeduld und versuchte mehrmals, den Strom laut lärmender Rede zu unterbrechen: vergeblich! Da kam wieder einmal der tiefste Becher – in Gestalt eines goldenen Turmes. Edelsteine bedeckten oben die Zinnen – an Angenarich, der dem Riesen Chnodomar an Länge wenig nachgab.
Mit fast schon lallender Zunge begann er, die großen, weit offnen blauen Augen im Kreise umhergehen lassend: »Schmausen ist gut, Trinken ist besser, Kämpfen das beste, Siegen das herrlichste. Wohlan, ich hab nun bald genug – meine ich – getrunken. Nun kommt das Kämpfen, das Siegen. Gib mir mal deinen Dolch, Vestralp. So!« Und er ritzte sich den linken Vorderarm, daß das Blut reichlich hervorschoß, ließ es in den goldenen Turmbecher vor ihm rinnen und fuhr fort: »Hört mein Gelübde beim Becher – Bragi trink ich ihn zu! Ich siege in der nächsten Schlacht – ich durchbreche der Römer eherne Schildreihe, wie ich hier diese Brotrinde zerbreche zwischen meinen Fingern. Oder ich falle, wo ich stehe. Im Rausch hab ich's gelobt, doch nüchtern werd ich's halten.« Damit trank er den Becher aus. Nun ließ er den dicken zottigen Kopf auf die beiden nackten Arme niedergleiten, die er über den Tisch verschränkt hatte, und gleich darauf entschlief er mit lautem Schnarchen.
Die andern lachten, Merowech wollte auffahren von seinem Sitz. Aber eben schob ihm König Vestralp, der ihm zunächst saß, den Pokal zu. »Willst nicht auch du einen Becherspruch tun, ein Bragi-Gelübde, junger Held?« fragte er.
Merowech rückte den Goldturm ruhig weiter auf dem Tisch: »Ich brauche keine Götter als Zeugen meiner Vorsätze: Ich führe sie aus. Auch die unausgesprochnen.« Zorngemut sah er vor sich hin. Die meergrauen Augen leuchteten seltsam.
»Nun, ich merke«, sprach Ur, sein Nachbar zur Rechten, »du hast bereits einen grimmen Vorsatz gefaßt. Ich für meinen Teil, ich eide hier über dem Becher: Wodan und Tius und Bragi hören mein Wort! Ich weiche nicht aus der Schlacht, solang ich diesen Arm heben kann.« Und er tat einen tiefen Zug. »Auch ich!« rief Ursicin, ihm den Pokal wegreißend und hastig trinkend. »Und ich!« »Und ich!« »Und ich!« fielen die andern ein, jenem Beispiel folgend. »Und du, Merowech?« fragte Chnodomar. »Du schweigst?«
»Ja, denn das versteht sich von selbst.«
»Ein wacker Wort. Aber du trägst doch, mein ich, einen Beschluß umher zwischen diesen zornig gefurchten Brauen«, meinte Chnodomar. »Was ist's? Wem gilt er?« – »Bainobaud«, stieß Merowech zwischen den Zähnen hervor. »Dem Weiberwürger, dem Kinderschlächter. Es gilt ja immer noch als erlaubt, daß Alemanne gegen Alemannen, Franke gegen Franken in römischem Dienst die Waffe führt. Aber jener Blutige hat nicht gekämpft – gewürgt. Wehrlose Stammgenossen geschlachtet hat er für Rom. Erreich ich ihn . . . Genug!« Er ballte die Faust um den Schwertgriff. Dann hob er an: »Vergönnt nun auch mir, dem obzwar so viel Jüngeren und Unerfahreneren, ein Wort des Rates.«
»Was ist da noch zu raten?« rief Agenarich, aus dem Halbschlaf emporfahrend. »Wir gehen hin und erwürgen sie zwischen unsern Armen.«
Aber Chnodomar winkte. »Laßt ihn reden! Er kennt sie gut, die Welschen.« – »Besser als wir alle«, bestätigte Suomar. – »Bah, aber allzuhoch schlägt er sie immer noch an! Denkt an die lästige Hasenjagd auf Barbatio«, lachte Hortari.
»Der Cäsar ist aber nicht Barbatio«, erwiderte Merowech.
»Waren nicht Barbatios Scharen – an ihren weggeworfenen Schilden haben wir's erkannt – sogar die besten Legionen, dieselben, die uns früher heiße Arbeit gemacht?« fragte Vestralp. »Der Siegesgott ist gewichen von den Römern«, rief Ursicin.
»Er hat ihnen aber, scheint's, als Vertreter, diesen Julian geschickt. Denn es ist ein neuer Geist in die römische Kriegführung gefahren, seit dieser Jüngling sie leitet, den sie den ›Philosophen‹ schelten. Ich meine, ihr müßtet's merken. Jene Überraschungen! Erst gegen euch – dann gegen Köln. Wiederholt scheitern unsre Angriffe – im Augenblick des Siegs – an seiner Entschlossenheit!«
»Ja, und mein Bruder Mederich, der tapfre«, rief Chnodomar, »so stark und groß beinah wie ich, fällt im ersten Gefecht im Zweikampf durch diesen Knirps! Blutrache schulde ich ihm: Ich bleibe aber nichts schuldig, am wenigsten Blut. Ihn vor allen, dieses Männlein, such ich in der nächsten Schlacht: Aus all seinen Schuppengepanzerten greif ich mir ihn heraus – mit der Hand! – wie der Geier das Küchlein – und trag ihn waagrecht auf den Armen an den nächsten Baum an der Straße und zerschlag ihm an dem Stamm das überkluge Gehirn, daß es weithin umherspritzt.« Die andern lachten.
»Erst haben«, warnte Merowech. »Nachdem er mich bei Köln empfindlich abgewehrt, wollt ich ihn mir fangen. Es lüstete mich, diesen offenbar ungewöhnlichen Menschen kennenzulernen. (Ich hätte ihn mancherlei zu fragen! An was der wohl glauben mag?) Deshalb mein Überfall von Autun. Ich bekam ihn nicht. Noch ein paar Tage, und die Feste fiel. Da ward ich verwundet. Bewußtlos trugen mich die Meinen fort. Jedenfalls: Vorsicht tut not. Es geht nicht, gegenüber diesem Feinspinner, mit dem bloßen Drauflosschlagen; durch manche Mauer kommt man, mit dem Kopf anrennend, trägt diesen Kopf ein Stiernacken wie Chnodomars. Ein Netz aus Seidenfäden, das immer nachgibt, rennst du nicht entzwei. Ich riet gleich nach seinem ersten Erfolg zu äußerster Vorsicht. Umsonst. Ihr ließt euch kläglich überfallen dort an der Saar. Nach Barbatios Vertreibung drang ich darauf, sofort den ahnungslosen Cäsar anzugreifen; das war der rechte Augenblick für rasche Tat. Aber nein! Ihr mußtet erst den Sieg in fünfunddreißigtausend Räuschen feiern. Wie altgebräuchlich, um euren Weindurst auszulöschen.«
»Der Neumond war erst abzuwarten«, entgegnete Chnodomar. »Die Götter gewähren keinen Sieg vor dem Neumond«, meinte der alte Ur, den langen weißen Bart streichend.
»Die Götter sind wohl nicht so abergläubisch wie wir, König. Auch wollen sie oft gezwungen sein: Kühnheit – zur rechten Zeit – zwingt ihnen die Gunst ab. Im Erfolg ist's fast geradeso«, lächelte er fein, »als ob es gar keiner Götter bedürfte. Griffen wir damals sofort an, so war der junge Herr verloren: Zabern lag noch in Trümmern. Er hatte nicht auf sechs Tage Mundvorrat. Aber die Götter, der Neumond und euer Durst beschlossen anders! Nun riet ich, wenigstens Straßburg, dessen Besatzung er schleunigst an sich gerissen, als er Barbatios Flucht erfuhr, zu besetzen, für den Fall unseres Rückzugs . . .« – »Den gibt es nicht«, rief König Agenarich mit schwerer Zunge. (»Du könntest recht haben – wider dein Verständnis!) . . . um uns Deckung, Aufnahme zu sichern. Aber nein! Das schien euch unnötige Vorsicht. Ich bat, wenigstens die Hälfte meiner Schar hineinlegen zu dürfen . . .«
»Behüte«, lärmte König Ursicin, gutmütig mit der Faust drohend, »du feiner Franke! Ihr seid immer so schlau! Und meint, wir grobhirnigen Alemannen sind so dumm, nichts zu merken. Schon lange trachtet ihr von euern Sümpfen unten im Niederland immer weiter, hübsch langsam immer weiter, den schönen Rheinstrom aufwärts. Das taugte euch wohl, bis nach Straßburg hinaufzugreifen, am Oberrhein euch einzunisten? Nichts da, Freund Franke.« – »Bleibt ihr nur hübsch da unten«, stimmte Suomar bei. »Ist der letzte Römer in Gallien erschlagen, dann kommen wir zusammen irgendwo, zum Beispiel in Köln, und würfeln sie aus, die römische Erbschaft, wieviel der Alemanne, wieviel der Franke kriegen soll davon.«
Merowech maß ihn mit langem Blick. »Mag sein. Vielleicht würfeln unsere Stämme wirklich einstmals um die Obmacht. Aber der Tisch, auf dem diese Würfel rollen, wird darüber blutig rot werden. Mit allem abgewiesen, riet ich dann auf das dringendste, ja ich beschwor euch, wenigstens so rasch wie möglich unsere ganze Macht auf das linke Ufer zu werfen und, unter vorsichtiger Besetzung der kleinen verlassenen Kastelle, so schnell wie tunlich den Cäsar anzugreifen, etwa gerade, wie er aus Zabern heraustreten will, ihn im Gefecht von diesem seinem einzigen Rückhalt abzuschneiden, jedenfalls aber die Schlacht zu schlagen, so weit vom Rhein entfernt wie möglich. Denn im Fall eines Unglücks . . .«
»Es wird kein Unglück geben!« lächelte Chnodomar ruhig vor sich hin.
»Ihr aber verlachtet den Rat des ›Vorsichtlings‹. In unglaublicher Saumsal verlort ihr die kostbaren Tage. Jede Stunde verstärkt Zabern, verstärkt durch herangezogne Besatzungen das Römerheer, vermehrt seine Vorräte. Und ihr verliegt euch! Ihr, sonst so ungestüm aufs blinde Losschlagen erpicht! Aber freilich! Nun mußten die fünfunddreißigtausend Räusche erst wieder ausgeschlafen werden.«
Gutmütig lachten die Gescholtenen.
»Endlich – endlich – setzt ihr euch in Bewegung. Aber ohne Überstürzung, wahrlich! Drei Tage und drei Nächte braucht ihr – unter unaufhörlichem Trinken, euern Göttern zutrinkend und allen fünfunddreißigtausend Menschen, unter Johlen, Schreien, Vordrängen der einen, Zögern und Zurückfluten der andern –, bis ihr endlich auf Kähnen und Flößen übergesetzt habt. Das beste taten die Reiter, das heißt die Rosse. Denn diese tranken nur Wasser und schwammen hinüber. Und nun, auf dem linken Ufer angelangt, anstatt pfeilschnell den Feind zu überfallen, schlagt ihr abermals ein Lager! Nicht zur Sicherung, das wäre weise: Nein! Nur um darin – ihr laßt es unbefestigt! – abermals ein Fest zu feiern; das große Fest des Rheinübergangs. Freunde, ihr vertrinkt all eure Siegesaussichten. Und auch jetzt noch kein Aufbruch! Bedenkt doch: Schlagen wir die Schlacht so nah dem Rhein und verlieren sie . . .« – »Unsinn!« lachte Agenarich und schlief wieder ein. »Laßt ihn nur reden«, beschwichtigte Chnodomar. »Ich sage dann ein Wort, das alles erledigt.« – »Auf dies Wort bin ich gespannt! Dann führt unsere Flucht mitten hinein in denselben breiten, tiefen, reißenden Strom, den ungehemmt zu überschreiten wir einhundertvierundzwanzig Stunden brauchten. Nun denkt euch die verfolgenden Römer auf dem Nacken; ihre parteiischen Pfeilschützen auf den raschen numidischen Rossen! Vernichtung heißt das Ende.«
»Höre, Bataver«, schrie Vestralp, »ich weiß, du bist nicht furchtsam. Aber deine Rede war es.« – »Warum müssen wir denn durchaus geschlagen werden?« fragte Hortari unwillig. »Wird dir bang«, lachte Ursicin, »kehr um zu Vater Nebisgast. Wir brauchen dich nicht und nicht deine tausend Speere.«
»Ruhig, Vetter!« mahnte Chnodomar. »Laß ihn«, sprach Merowech. »Rauschrede reizt nicht.« – »Sage nur, wo du hinaus willst mit deiner langen Rede?« forschte Ur. »Hast sonst nicht viele Worte«, meinte Suomar.
»Hier waren sie nötig. Denn sie trugen viele Gedanken.« – »Ja, was sollen wir denn tun?« fragte ungeduldig Vestralp. »Endlich, endlich aufbrechen! Muß man Alemannen, die Söhne des kampfwütigen Tius, immer wieder zur Schlacht mahnen? Nun habt ihr abermals vor dem Aufbruch ein großes Opferfest – soll heißen Trinkfest – verkündet um Sieg; Stunden gehen abermals verloren, ein halber Tag vielleicht. Und jede Stunde – ich sagte es – ist kostbar. Ich beschwöre euch: Gebt das Opfer auf! Brecht sofort auf!« – »Man weiß«, grollte der alte Ur, »du hältst nicht viel auf Opfer, Salier!« – »Opfert solang ihr wollt; aber nach dem Sieg! Dankopfer wären mir als einem Gott viel angenehmer als Bittopfer: Jene setzen eine sehr anständige Empfindung voraus, Bittopfer nur die Selbstsucht des Verlangens und die Hoffnung, den Gott zu bestechen.« – »Das versteh ich nicht«, brummte Vestralp. »Das will ich hoffen! – Also noch einmal –: Macht gut, was noch gutzumachen ist nach euern vielen, vielen Fehlern. Gebt jenes Opfermahl auf, brecht noch in der Nacht auf.« – »Unnötige Sorge!« schloß nun Chnodomar, mit der wuchtigen Rechten winkend. »Junger Freund, ich ließ dich ausreden. Denn du redest klug und sooft ich dir folgte . . .« – »Das war selten.« – »Kam Gutes davon. Aber diesmal! – Vernehmet es, Freunde.« Er stand auf, und feierlicher Ernst, gläubige Begeisterung verschönte, veredelte die sonst fast allzuderben Züge des Riesen. »Ich halte den Sieg in der Hand, so fest, so sicher wie dieses Horn, das ich auf Donar, meinen Ahn, erhebe.
Vor drei Nächten war's; lange fand ich keinen Schlaf. Merowechs kluge, scharf treibende Worte hatten mich erschüttert. Ich gestand mir: Ja, viel Zeit war vergeudet. Unruhig wälzte ich mich auf meinem Büffelfell. Endlich schlief ich ein. Und siehe: Alsbald erschien mir Donar, mein Ahn – so deutlich, nur viel schöner als sein Holzbild im heiligen Hag –, herrlich leuchtete, wie flüssiges Feuer, sein roter Bart, hoch hob er den Hammer in der mächtigen Faust, und er sprach:
Seliger Sohn! Getrost, getreuer!
Sicher ist dir der Sieg.
So gewiß wirst du siegen,
So gewiß wie ich walte in Walhall,
Siegvaters Sohn,
Und throne in Thrudhvang.
So gewiß und wahrhaftig
Ich schimmernd hier dir erscheine.
Suche du siegessicher ihn selbst in der Schlacht,
Den zappeligen Cäsar, das winzige Wichtlein.
Räche, du Recke, das Blut des Bruders!
Dein schweres Schwert schwinge: –
Nie springt dir's, noch splittert's, –
Zerschlag ihm den schimmernden Schild:
Durch den Harnisch hindurch mit ungeheurem Hiebe
Hau ihm ins Herz. Rückwärts rasselt er röchelnd vom Roß,
Dir zu reichem Ruhm und Donar, deinem asischen Ahn.«
Verzückt schwieg der König; wie verklärt sah sein hellblaues schönes Auge nach oben. Er hob in stummer Andacht des Dankes das Horn empor.
Da ergriff unschilderbare Begeisterung auch die andern Könige. Sie sprangen von den Sitzen, hoben die Hörner in die Höhe oder rissen die Schwerter aus den Gürteln oder drückten sich die Hände, drängten sich um Chnodomar und suchten nach seiner riesigen Rechten.
Auch Merowech erhob sich: »Nun bleibt es also bei dem Fest. Selbstverständlich! Ich bitte den Oberfeldherrn nur um eine Erlaubnis. Mit meiner Schar – allein – sofort aufbrechen zu dürfen.« – »Wohin?« – »Dem Feind entgegen.« – »Du meinst, er kommt gegen uns?« – »Ja. Wenn er nicht noch törichter ist als wir.« – »Warum?« – »Der junge Cäsar hat keine Wahl: Er muß uns aufsuchen. Und er wird es, wenn ich ihn richtig beurteile.« – »Weißt du, woher er kommt?« – »Ich glaube.« – »Woher?« – »Er kommt geradewegs die alte Römerstraße von Zabern her gegen uns. Ich werde sehen, was sich etwa noch tun läßt. Lebt wohl, ihr Könige. Trinkt nicht länger, als die Frömmigkeit unerläßlich fordert.« Er griff nach Mantel und Speer und ging.
»Die Götter! Die Götter!« grollte er, aus dem Zelte tretend. »Diese unnützen Herrschaften! Diese Vielgeschäftigen! Wenn sie sich doch um ihre Dinge kümmern und meine Schlachten mir allein überlassen möchten! Ob wohl auch der junge Philosoph in Zabern in dieser Stunde von seinen Heiligen Erleuchtung erhofft? Möchten sie ihm doch ähnliche Dummheiten anraten und offenbaren wie seine Götter unserem tapfern Herzog! Allein, das ist kaum zu hoffen. Denn jedes Gläubigen Götter gleichen auffallend stets dem Gläubigen selbst. – Jetzt aber aufs Pferd! Entgegen der Entscheidung!«