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Julian, aus der Türe des Hauses tretend, verfolgte ihn mit den Schritten, dann mit den Augen, solange er vermochte, bis das Gewölk weißen Kalkstaubes auf der Legionenstraße alles verhüllte.
Nun versank er in schmerzlich trauerndes Sinnen; er ließ sich auf eine Steinbank neben einem der Grabmäler nieder, wie sie auf beiden Seiten der Straße zahlreich ragten; eine dunkle Zypresse neigte über ihm die Wipfel im Abendwind. Lange saß er so und brütete und grübelte, weshalb die Götter – so dachte und sprach der Schüler des Lysias nun! – die Verfolgung der Unschuld durch das Böse zulassen? Warum siegt das Schlechte, warum leidet das Gute? Er fand keine Antwort.
Da weckte ihn aus seinen Träumen der Hufschlag eilender Rosse, die von der Stadt her nahten.
Ein Häuflein von Reitern, ähnlich dem der Entführer des Bruders, hielt vor dem Palatium. Julian sah es durch das offene Tor. Der Führer sprang ab, verschwand in dem Hofraum und erschien alsbald wieder, geleitet von dem Präses. Die beiden schritten, aus dem Tor auf die Straße eilend, auf Julian zu, der sich von der Bank erhoben hatte und, Ernstes ahnend, ihnen entgegenging. »Dies ist der, den du suchest«, sprach der Präses. »Wie?« staunte unwillig der Centurio, der, ganz gerüstet, in seinen Waffen klirrte. »Du läßt den Gefangenen so weit auf der Straße sich entfernen?«
»Sorge nicht! Ein Späher war ihm gefolgt. Dort hinter dem Grabmal zur Rechten kauert er. Auch sperrt die Straße weiter unten ein scharf bewachtes Brückentor. Er konnte nicht entrinnen.« – »Weh mir, vermochte ich nicht, ihn zu bringen!« Nun trat er auf den Jüngling zu und legte gebieterisch die gepanzerte Rechte auf seine Schulter.
»Augenblicklich, o Julianus, hast du mir zu folgen. Nein, nicht erst in das Palatium zurück! Wie du gehst und stehst, so lautet der Befehl.« – »Wessen?« – »Des Imperators selbst.« – »Wohin?« – »Das wirst du bald erkennen! Aber komm, ich muß deine Ergreifung melden.« Und er zog ihn am Arme mit sich fort in die Stadt hinein, wo in der Mitte der Reiter ein Ungewaffneter auf prächtig gezäumtem Rosse saß, in goldstrotzenden, reichgestickten Gewanden.
Wie der Mann sich vorbeugte mit seltsamem Grinsen, erschrak Julian ob der abstoßenden Häßlichkeit des gelben, gedunsen feisten Gesichtes, dessen Wangen schlaff herabhingen wie Fettlappen; unheimlich blinzelten die kleinen hellen Augen.
»Hier ist mein Gefangener, o Illustris«, meldete der Centurio mit kriegerischem Gruße. »So?« raunte der Vornehme mit dünner Stimme. »Du also bist Julian, der Sohn des Verbrechers Julius?« – »Des Opfers von Verbrechern, willst du sagen. Und wer bist du?« So zornig lautete die Frage; der Illustris fuhr zusammen im Sattel. »Ich?« sprach er dann giftig. »Ich bin – merke dir den Namen! – Eusebius, der Vorsteher des geheiligten Cubiculums.« – »Ah, der Obereunuch! Der Vollstrecker! Verzeihung! Der Einbläser der Blutbefehle des Augustus! Man sagt, der Imperator sei nicht ganz ohne Einfluß bei dir, Eusebius.« – »Schweig doch!« warnte wohlwollend der Präses, hinzutretend. »Vergib ihm, o Illustris. Der Knabe kann einen Witz nicht verhalten, und müßte er daran sterben.«
Tod bedeutete der böse Blick, den Eusebius auf den Kecken warf. »Dazu«, zischte er aus den Zähnen, »war diese Bosheit gar nicht mehr nötig.«
»Wohin – wohin schickst du mich?« – »Ich schicke dich deinem Bruder nach!« – »Und was haben wir verbrochen?« – »Das frag im Jenseits den Imperator, sobald er dort eintrifft, was spät geschehen möge. Oder noch auf Erden. Die Eingeweide von – nun, gewisse Eingeweide, die haben vor euch beiden schlimmen Brüdern gewarnt.« – »Dann darf ich wohl nicht zu Pferd . . .? Richtig, da steht sie ja schon in der Mitte der Reiter, die Sänfte, ganz schwarz, über der Tür ein Silberkreuz, einem Sarge täuschend ähnlich. Genug! Gallus, ich folge dir!«