Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Ermahnung zur Freigebigkeit

L. 49. Philippes, künec, die nâhe spehenden zîhent dich

   Herr Philipp, wer genauer   dich kennt, der zeihet dich,
Du tust nicht wohl aus Neigung!   Darum bedünket mich,
Du wirst nur desto mehr an Gut verlieren.
   Du solltest freudig lieber   hingeben tausend Pfund
Als lustlos dreißigtausend.   Doch ach, dir ist nicht kund,
Wie erst des Gebers Herz   kann eine Gabe zieren.
   Fällt dir denn Saladin nicht ein?
Der sprach: durchlöchert müßten   stets Königshände sein,
So würden sie gefürchtet und geminnt.
An Englands König Richard denke,
Wie schwer er ward gelöst,   weil gern er gab Geschenke!
Verlust ist gut, wenn doppelt man gewinnt.

Entstand vermutlich noch vor der zweiten, am 6. Januar 1205 stattgefundenen Krönung Philipps. Saladins Freigebigkeit war weltbekannt. Richard Löwenherz, der hier gemeint ist, wurde bei seiner Rückkehr aus dem Kreuzzuge (1192) von Leopold VI. von Österreich aus Privatrache in Gefangenschaft gehalten und gegen 60 000 Mark in Silber dem Kaiser Heinrich überlassen, von dem ihn England erst 1194 mit 150 000 Mark einlösen konnte.


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