Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Erhörung

L. 71. Mich hât ein wünneclîcher wân

Ritter

   Mich hat ein wunniglicher Wahn
Und einer lieben Hoffnung Trost
In sehnsuchtsvolle Not gebracht.
   Soll mir noch jemals Freude nahn,
Wird Rettung mir nicht zugelost,
Als wenn geschieht, was ich gedacht,
   Daß mein sie wird mit Seel und Leib,
Die mir verleiden ander Weib,
Das ich um sie doch ehren muß.
Denn ich begehre andern Lohn
Von keiner doch als holden Gruß.

Frau

    In Güte und ohn Falschheit lebt
Ein Mann, der mir gebieten mag;
Zu folgen ihm wird mir nicht schwer. –
   Daß er mir treu, mich froh erhebt,
Wenn ihm Ermuntrung auch gebrach:
Von großer Liebe schreibt sichs her.
   An ihm ist mir, muß ich gestehn,
Ein schönes Weibesheil geschehn.
Uns beiden winkt nun Seligkeit,
Weshalb mein Herz den schönsten Ort
Für seine Tugend ihm verleiht.

Ritter

    Ein Weib hat mich beständger Lust
Versichert und die Not gewandt,
Solange als ich Leben habe.
   Ich bin mir ihrer Huld bewußt;
Wird süßer Trost mir zuerkannt,
Das mag wohl heißen Freundesgabe.
   Ein Mannesheil hab ich erschaut,
Als sie in Treuen mir vertraut,
Ich müss in ihrem Herzen sein!
Drum darf es niemand wundernehmen,
Fühl ich mich ledig aller Pein.


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